Fimfestival

Achtung Berlin: Hier sitzt man nie im falschen Film

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Peter Zander
Alles auf neu: Laura Tonke und Marc Hosemann im Eröffnungsfilm „Zwei im falschen Film“

Alles auf neu: Laura Tonke und Marc Hosemann im Eröffnungsfilm „Zwei im falschen Film“

Foto: Achtung Berlin

80 Filme in acht Tagen: Zum 14. Mal präsentiert das Achtung Berlin Festival die ganze Bandbreite aus der Filmregion Berlin-Brandenburg.

Ein Pärchen sitzt im Kino und schaut sich einen Film an. Es ist ein Liebesfilm, es scheint ein ziemlich schnulziger zu sein. Das Paar ist jedenfalls nicht begeistert. Und gibt das auch offen kund.

Der Clou nur: Im Kinosaal sitzen Laura Tonke und Marc Hosemann, dieselben Schauspieler, die auch auf der Leinwand zu sehen sind. Sie spielen aber andere Figuren. Und die werden durch den vermeintlich schlechten Film doch aus der Routine gerissen: Ist ihre Beziehung eingerostet? Und wie kann man den alten Kick reaktivieren? Klar, dass sie am Ende selbst in den Romantik-Kitsch verfallen, den sie im Kino bekrittelt haben. So wird der Film doch der ihre.

Das Festival wächst sich ins Umland aus

Das Kino imitiert das Leben imitiert das Kino: „Zwei im falschen Film“, der neue Film von „Mängelexemplar“-Regisseurin Laura Lachmann, ist eine hochironische, augenzwinkernde Beziehungskomödie, die das Kino auf einer zweiten Ebene gleich mitverwurstet. Einen schöneren Eröffnungsfilm hätte sich das Achtung Berlin Festival, das am heutigen Mittwoch startet, kaum aussuchen können.

Zum 14. Mal zeigt das Festival, das sind die einzigen Kriterien, Filme aus oder über Berlin oder auch beides. Dabei kommt dem Filmfest der Heim­Bonus zugute. Nirgendwo sonst leben so viele Filmschaffende wie in der Hauptstadt, nirgendwo sonst werden so viele Filme gedreht. 5000 Drehstunden hat man allein im vergangenen Jahr in der Region gezählt. Da kommt einiges zusammen. Und immer mehr weitet sich das Festival und gemeindet Brandenburg großzügig mit ein. Das muss man vielleicht auch, wenn das Medienboard Berlin-Brandenburg ein Mitsponsor ist. Es vollzieht aber zumindest in der Filmkunst die Länderfusion, die politisch 1996 noch gescheitert ist.

80 Filme werden vom 11. bis 18. April gezeigt, lange und kurze, Spielfilme und Dokumentationen. Filme, die in Berlin spielen. Wie „Lomo“ mit dem Shooting Star Jonas Dassler, in dem ein Jugendlicher sich sein Leben mehr und mehr von den Followern seines Blogs bestimmen lässt. Oder „Night Out“, in der hetero- und homosexuelle Singles das Berliner Nachtleben und damit auch ihr eigenes Seelenheil erkunden. Aber auch Filme, die sich auf die Reise machen. Wie „Maybe, Baby!“, wo ein Berliner Pärchen den Babytalk ihrer Freunde nicht mehr aushält und auf eine ferne Berghütte zieht. Oder „Wer hat eigentlich die Liebe erfunden?“, wo eine ältere Dame mit ihrem Enkelkind aus ihrem Alltagstrott ans Meer flieht und der Rest der Familie panisch hinterherreist.

Die Stadt wird auch im Dokumentarischen unter die Lupe genommen. Etwa in „Berlin Excelsior“, das Menschen zeigt, die für eine Zeit in dem gleichnamigen Stahlbetonbau wohnen und ihre Träume realisieren wollen. Oder „Zentralflughafen THF“, in dem ein syrischer und ein irakischer Flüchtling Einblick in ihren Alltag in der Notunterkunft auf dem Flugfeld Tempelhof geben.

„Wir tragen unser Festival hin zu den Berlinern und hinein in die Berliner Kieze“, sagen Hajo Schäfer und Sebastian Brose, die Festivalleiter. Neben den großen Kinos wie dem Filmtheater am Friedrichshain und dem International und den kleineren wie das Wolf in Neukölln oder das City Kino im Wedding ist jetzt erst mal auch das Delphi Lux dabei. Und neben den Kammerspielen Kleinmachnow noch eine neue Außenstelle im Umland: das Kino Schukurama in Beeskow.

Neben den Filmen gibt es jede Menge Diskussionen, Workshops, Werkstattgespräche – und jede Menge Partys. Denn das Publikumsfest betont auch seinen Fest-Charakter. Im falschen Film, das beweist nicht nur der Eröffnungsfilm, ist man hier eigentlich nie.

Achtung Berlin 11.-18. April. Infos und Programm unter www.achtungberlin.de