Die Schriftstellerin Esther Kinsky hat den Preis der Leipziger Buchmesse gewonnen. Die Jury zeichnete am Donnerstag in der Kategorie Belletristik ihr Buch „Hain. Geländeroman“ aus. Weitere Preisträger sind der Historiker Karl Schlögel in der Sparte Sachbuch/Essayistik sowie Sabine Stöhr und Juri Durkot in der Sparte Übersetzung.
Der Preis der Leipziger Buchmesse zählt zu den wichtigsten Literaturauszeichnungen in Deutschland. Er ist mit insgesamt 60.000 Euro dotiert. Für den Sieg gibt es in jeder Kategorie 15.000 Euro, die fünf Nominierten in jeder Sparte erhalten jeweils 1000 Euro.
Esther Kinsky erzählt in „Hain. Geländeroman“ (Suhrkamp Verlag) von drei italienischen Reisen einer Icherzählerin abseits der touristischen Pfade. Landschaftsmeditation, Kindheitserinnerungen und Trauer kommen zusammen. „Was für ein stilles, kaum bewegtes, menschenarmes Buch“, hieß es in der Begründung der Jury. „Und zugleich: Was für eine Schule der Wahrnehmung. In der Reizreduktion zeigt sich jedes noch so unscheinbare Detail mit geradezu übersinnlicher Genauigkeit; die Tonlosigkeit steigert sich zum Gesang der Dinge.“ Man werde der unspektakulären Melodie des Buches und der rhythmischen Präzision seiner Sätze nur gerecht, wenn man es langsam lese, „mit einer Geduld, die nichts erwartet, und gerade deshalb mit einem Staunen über die Fülle seiner Einzelheiten belohnt wird ... Denn wenn es an ,Hain‘ etwas besonders zu rühmen gilt, dann ist es der Versuch, einen Weltzugang zu schaffen, der so keiner anderen Kunst und keiner Wissenschaft gelingt.“
Esther Kinsky (61) lebt und arbeitet in Berlin. Ihr mehrfach ausgezeichnetes Werk umfasst Übersetzungen aus dem Polnischen, Russischen und Englischen ebenso wie Lyrik, Essays und Erzählprosa. Sie übersetzte Werke von Olga Tokarczuk, Joanna Bator und Iain Sinclair. 2009 erschien ihr erster Roman „Sommerfrische“. Es folgten „Banatsko“, „Am Fluss“ und jetzt „Hain“. Kinsky sagte in einer ersten Reaktion, sie sei „sehr überrascht und bewegt“ und freue sich unglaublich über die Auszeichnung.
Kinsky setzte sich gegen die ebenfalls nominierten Romanautoren Isabel Fargo Cole („Die grüne Grenze“), Anja Kampmann („Wie hoch die Wasser steigen“), Georg Klein („Miakro“) und Matthias Senkel („Dunkle Zahlen“) durch. Im vergangenen Jahr hatte Natascha Wodin mit ihrem Roman „Sie kam aus Mariupol“ den Belletristik-Preis der Leipziger Buchmesse gewonnen.
In der Kategorie Sachbuch/Essayistik ging die Auszeichnung an den Historiker Karl Schlögel für das Werk „Das sowjetische Jahrhundert. Archäologie einer untergegangenen Welt“ (Verlag C. H. Beck). „Karl Schlögel legt hier eine fesselnde Physiognomik dieses untergegangenen Reichs vor, von dessen herrlich knisterndem Packpapier bis zur eisigen Hölle in den sibirischen Lagern“, hieß es von der Jury.
Den Preis für die beste Übersetzung erhielten Sabine Stöhr und Juri Durkot für die Übertragung des Romans „Internat“ von Serhij Zhadan aus dem Ukrainischen (Suhrkamp). Der Konflikt zwischen der ukrainischen Regierung und moskautreuen Separatisten im Donbass ist der Hintergrund für Zhadans Werk.