Die Humboldt-Universität stellt die Ideen für ihr „Labor“ im künftigen Humboldt Forum vor.
Jeder Tag, an dem es keine Alarmmeldung aus dem Humboldt Forum gibt, ist ein guter Tag. Es geht endlich voran, so hofft man. Mit einem griffigen Konzept, das das riesige Schloss im Inneren zu einem Weltmuseum neuen Typs machen soll. Kurz: zu einer Wundermaschine, die viele Ansprüche decken soll. Aus „einem Guss“ soll das Humboldt Forum werden, mahnt Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) immer und immer wieder. Doch so weit ist es längst nicht. So weit, so enttäuschend.
Die Universität bekommt 1000 Quadratmeter im ersten Stock
Am Mittwochmorgen stellte nun die Humboldt Universität (HU) im Senatssaal ihre Planungen vor. Die HU ist der kleinste Partner neben der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) mit den beiden Museumssammlungen und dem Berlin-Teil des Landes Berlin. Berlin hat 4000 Quadratmeter, die HU wird 1000 Quadratmeter im ersten Obergeschoss bespielen. Diese Fläche gliedert sich in Hauptsaal, Foyer und kleineres Raumensemble für die Wissenschaftler auf. Man sei der „weit weniger wichtige Partner“, erklärt Sabine Kunst, die HU-Präsidentin. Warum dieses Understatement als eine der renommiertesten Universitäten des Landes? Nach Harmonie unter den Partnern klingt das nicht.
Zumal die HU neben dem Labor eine wichtige Rolle im allgemeinen Veranstaltungs- und Bildungsprogramm und auch bei den Sonderausstellungen im gesamten Haus einnehmen soll. Als Institution kann sie aktuelle Debatten und Fragen der Zeit anstoßen. „Inhalte vertiefen“, so heißt es in der aufwendigen HU-Broschüre. Migration und Integration werden Themen sein, steht dort auch. Neu klingt das alles nicht. Und noch fehlt auch der leitende Kurator. Anfang des Jahres soll der Name feststehen.
Die Broschüre mit dem Klappdeckel bietet indes eine praktische Faltbox: Hier darf sich jeder das Humboldt Forum in seinen Einzelteilen basteln. Das wirkt wie ein unfreiwilliger Scherz. Besteht doch ein Problem des Humboldt Forums darin, dass die einzelnen Akteure und Partner unterschiedliche Interessen haben, deren Teile nicht zusammenkommen. Sabine Kunst weiß, dass die Zeit drängt, doch was sie vorstellt, sind lediglich „konkrete Vorbereitungen der Realisierung“ des Humboldt Labors.
Kurator Friedrich von Bose nennt es simpel einen „Werkstattbericht“, schließlich sei auch eine „Ausstellung nie richtig fertig“. Wer zuhört, gewinnt den Eindruck, die Ausführungen bewegen sich hier im Stadium des ewigen Workshops. Löblich freilich ist Kunsts Ziel, die Wissenschaft im Schloss aus dem Elfenbeinturm zu holen. „Es kommt uns darauf an, Belehrung zu vermeiden und in Beziehung mit denen zu treten, die uns besuchen.“
Neil MacGregor, der zu ihrer Rechten sitzt, begleitet die Ausführungen sanft mit wohlwollendem Kopfnicken und sagt, dass es ohnehin keine „festen Wahrheiten“ gäbe. Bei aller Sympathie für die Wissenschaft, so würde man doch gerne wissen, was wo und wie ausgestellt wird.
Der Besucher muss sich für das Lautarchiv anmelden
Zumindest erfahren wir, dass das Lautarchiv der Uni mit seinen umfangreichen Sprach- und Tonaufnahmen dort einziehen wird. Es versammelt Stimmen von Menschen aus aller Welt, die vor allem in Gefangenenlagern während des Ersten Weltkrieges aufgenommen wurden. Eine sensible Kollektion, so nennt man es, weil die Umstände ihrer Entstehung nicht genau feststehen und die Provenienzen auch nicht. Deshalb wird das Projekt nicht öffentlich einsehbar sein. Einige schmale Hörräume, ja, die wird es im ersten Obergeschoss geben. Sollte sich also jemand dafür interessieren, muss er sich per Termin anmelden. Doch was ist dann genau die Idee des Projektes auf dieser Fläche im Schloss? Im Foyer des Labors immerhin soll es „richtig flimmern“, erzählt Friedrich von Bose. Dort soll der Besucher – wenn wir es richtig verstehen – bei seinem Rundgang durch das Lab digital „vermessen“ werden. Diese Aufnahmen darf er sich beim Verlassen des Labors anschauen.
Letztlich bleiben an diesem Mittwochmorgen nur Ratlosigkeit und Schlagworte im Raum stehen: Prozess, Entwicklung, Bewegung. Wenn man einer Universität eines zutrauen darf, ist es doch die Fertigstellung eines schlüssigen Konzeptes, das Perspektive entwickelt. Das Neugier schafft, Lust auf Wissen. Kein guter Tag für das Humboldt Forum.