Die Berliner Schauspielerin bekommt eine Satiresendung im Fernsehen. Und will damit ganz bewusst anecken.
Eigentlich hat Maren Kroymann allen Grund zur Freude. Die Berliner Schauspielerin hat eine neue Satiresendung im Fernsehen, die ihr, darüber wird noch zu reden sein, fast zugefallen ist. Aber just an dem Morgen, an dem wir uns treffen, sieht sie sich in einer Fernsehbeilage mit ziemlicher Reichweite auf dem Titelbild abgedruckt. Mit einem Foto, das gar nicht nach ihr aussieht. Eher nach der jüngeren Schwester von Sabine Christiansen, falls die eine hat.
Deshalb ist sie jetzt ganz aufgebracht. Das Foto hat sie vor fünf Jahren machen lassen, widerwillig, weil sie schon ahnte, dass man sie in ein falsches Licht setzen wollte. Jetzt wurde das noch mal nachbearbeitet und „wie verrückt gephotoshoppt“. Das sei nicht abgesprochen gewesen, „ich weiß gar nicht, was man dagegen tun kann“.
Lauter Pointen und Spitzen über das Alter
Immerhin steht die 67-Jährige zu ihrem Alter. Benutzt es in all ihren Bühnenprogrammen (wie „In my Sixties“). Steht zu ihren Falten und geht offensiv damit um, dass sie sich nicht liften lässt. Gerade jetzt ist das verfremdete Foto „eine echte Katastrophe“: Denn auch in der neuen Satire-sendung, die schlicht ihren Nachnamen trägt, geht es genau darum. Ums Altern. Da muss sie sich zum Beispiel bei einem Bewerbungsgespräch gegen einen Rollstuhlfahrer durchsetzen und bringt erst ihr Geschlecht, dann ihr Alter und schließlich ihre Homosexualität ins Spiel.
Oder sie will als Veteranin des Feminismus bei der Femen-Bewegung mitmachen und wäre auch bereit, dafür ihre Brüste zu zeigen. Wobei die jungen Frauen sie erst mal sexistisch ausgrenzen, weil die Brüste zu schlaff sind. Sie erreicht dann bei einem Protest aber viel mehr damit, weil sie ihre Brüste eben nicht entblößt, sondern den Politikern den Anblick erspart.
Maren Kroymann ist „reif und bekloppt“ – und stolz darauf
Am Ende singt sie den jungen Leuten von heute ein böses Wahlkampflied vor: „Wir sind die Alten. Ihr seid die Geilsten, wir sind die Meisten.“ Brexit, Trump, AfD: Es sind nun mal die Älteren, die diesen Rechtsruck vollziehen, es ist die Generation, der sie angehört, auch wenn sie das politisch ablehnt. Das alles ist herrliche, bitterböse Satire und politisch garantiert unkorrekt. Das sitzt und tut weh. Und soll es auch.
Dabei hat Maren Kroymann ja 20 Jahre lang, seit ihrer legendären Sendung „Nachtschwester Kroymann“, die von 1993 bis 1997 lief, keine Satire mehr im Fernsehen gemacht. Und sie hat das auch gar nicht aktiv betrieben. Vielmehr sei ihr das, wie sie das in einem Café in ihrer Nachbarschaft verrät, „widerfahren.“
Das Ganze kam so: Seit Langem arbeitet Maren Kroymann daran, dass die alten „Nachtschwester“-Sendungen als DVD-Edition erscheinen. Sie brachte ins Spiel, ob das 20-Jährige nicht ein guter Anlass wäre. Und ob man die alten Sachen dafür noch mal wiederholen könnte. Der Sender Radio Bremen, der das damals produziert hat, fragte zurück: Warum nicht eine neue Sendung?
Maren Kroymann ist die Schwäbin vom Teufelsberg
Andere müssen lange darum kämpfen. Maren Kroymann war erst mal perplex. Und dann selig. Es hieß auch gleich, dass man damit in Serie gehe, was die Produktionsfirma und die TV-Redakteurin sofort machen würden. Aber, das betont Kroymann über ihrem Ingwer-Tee, das sei jetzt kein Pilotfilm. Sondern erst mal ein Halbstünder. Dann werde man sehen. Alles andere würde sie nur unter Druck setzen. Und den tut sie sich nicht an.
Oder doch, aber im übertragenen Sinn. Weil sie – zwischen den Sketchen – genau das zur Rahmenhandlung macht: Sie geht zum Psychiater, weil sie eine neue Sendung hat und unter Druck steht. Die eigene Situation wird also gleich mit verwurstet. Und weil die Psychiaterin von Annette Frier gespielt wird, ebenfalls eine begnadete Comedy-Frau, führt das zu herrlichen Schlagabtauschen. Auch wenn sie in dem Femen-Sketch keine Brüste zeigt, macht sich die Wahl-Berlinerin damit doch irgendwie nackig. Weil sie sich ja als „Kroymann“ auf die Couch legt. Macht man sich damit nicht angreifbar? Klar, gibt sie zu, natürlich könnte man das jetzt so sehen. Aber angreifbar zu sein, das kennt sie ja schon, seit sie sich 1993 als lesbisch geoutet hat.
Sie hat gelernt, dass man nicht jedem gefallen muss
Übrigens just zu der Zeit, als die ersten Folgen von „Nachtschwester Kroymann“ gedreht wurden. Was sie, medial völlig unerfahren, nicht mit dem Sender abgesprochen hatte. Das haben ihr viele im Fernsehen lange nicht verziehen. Aber sie hat damals gelernt, dass sie das aushalten kann. Und dass das ihre Karriere vielleicht beeinflusst, aber nicht behindert hat.
Das sei jetzt wieder so. Mit ihrer Satiresendung positioniere sie sich vielleicht deutlicher als mit den Rollen, die sie in den letzten Jahren gespielt habe. Auf der Bühne ist sie immer Kroymann pur. Im Fernsehen war sie aber auch in ein paar 20.15-Uhr-Filmen zu sehen, die doch arg gefällig ausfallen und sie selbst zu nett zeigen.
„Kroymann“ ist da vielleicht eine leichte Imagekur. „Was ich mache, ist Ausdruck dessen, was ich denke und wofür ich mich als Privatperson einsetze.“ Kabarett hat sie lange nicht mehr im Fernsehen gemacht. Aber in Talkshows hat sie immer ihre Meinung gesagt. Haltung sei ganz wichtig für sie. Und das unterscheidet vielleicht auch den Kabarettisten vom Comedian.
ARD. 9. März, 23.30 Uhr