Rüdiger Kruse (CDU) nennt sich Berichterstatter für Kultur und Medien. Wenn es um Bundeszuschüsse für Berlins Kultur geht, ist Kruse (55) der gefragte Haushälter. Sein aktuelles Lieblingsprojekt ist das „House of Jazz“ in der Alten Münze in Mitte. Ein Gespräch darüber, wieviel Kiezkultur Berlin braucht – und was von den kulturellen Leuchttürmen geblieben ist.
Herr Kruse, seit die Bundesregierung in Berlin sitzt, ist zunehmend mehr Förderung in die Kultur geflossen. Was hat sich in der politischen Wahrnehmung des Berliner Kulturbetriebs verändert? Von kulturellen „Leuchttürmen“ beispielsweise spricht man seit einigen Jahren nicht mehr.
Rüdiger Kruse: Das „House of Jazz“, wenn wir es realisieren, ist so ein Leuchtturm mit internationaler Strahlkraft, auch wenn es kein Projekt der klassischen Hochkultur ist. Das wären die Oper und das Museum der Moderne, das wir finanzieren. Eine Stadt ist nur dann kulturell lebendig, wenn es ein Angebot für möglichst viele Menschen gibt, nicht nur für einen Kreis von Kulturtouristen, die aus der ganzen Welt anreisen. Die Kultur muss in der Stadt verwurzelt sein. Deswegen ist auch die Unterstützung der Berliner Kulturszene wichtig mit der Förderung der Clubszene. Wir brauchen einen kreativen Kiez.
Klaus Lederer, der neue Berliner Kultursenator, hat sich in einem Interview über das Streudosen-Prinzip der Bundesförderung mokiert.
Wenn mit der Streudose die richtigen Projekte getroffen werden, ist es doch richtig. Ich werde sicher Herrn Lederer bald treffen. Ich habe gehört, er sei ein pragmatischer Mann, dann werden wir sehen, ob wir für die gemeinsame Arbeit einen Nenner finden.
Wird es im Gespräch mit Lederer Berliner Themen geben, die Sie besonders interessieren?
Wir haben ein Projekt, das über das Parlament angeschoben wurde, das Museum der Moderne. Jetzt muss der Siegerentwurf angepasst werden, es wird also noch einen Veränderungsprozess geben. Das ist eine große Aufgabe für Berlin, mit dem Bau auch das Kulturforum zu gestalten. Doch die Stadtplanung in Berlin ist Sache des Landes, nicht des Bundes.
Es fehlte im Vorfeld der städtebauliche Wettbewerb.
Meine Meinung ist, dass die Potsdamer Straße nicht so groß und zerschneidend sein müsste, wie sie ist. Das müsste man städtebaulich angehen.
Kann sich Berlin das überhaupt leisten?
Wir haben damals signalisiert, dass wir auch dort bereit wären, einen Beitrag zu leisten. Das Museum der Moderne ist eine Bundeseinrichtung, wir haben also Interesse, dass es gut wahrnehmbar ist. Es soll nicht ein weiteres Gebäude in einem unglücklichen Umfeld sein.
Und was ist Ihr Vorschlag?
Es gibt verschiedene Ideen. Man könnte die Straße verschwenken, sie tieferlegen, also unterirdisch bauen. Das ist technisch machbar. Darüber kann man sicher auch jetzt noch diskutieren. Es ist nicht die erste Straße, die verändert wird.
2017 ist der neue Hauptstadtkulturvertrag fällig, in dem die Berliner Kultureinrichtungen genannt sind, die vom Bund getragen werden. Gibt es eine Neuausrichtung?
Der Vertrag war fast fertig, aber vor den Berliner Wahlen wurde er nicht mehr abgeschlossen. Man wird sehen, wie die neuen Akteure ihn neu verhandeln wollen. Aber das betrifft Berlin und das Bundeskanzleramt.
Gehören Stardirigent Daniel Barenboim und die frisch sanierte Staatsoper Unter den Linden in Bundeshoheit?
Wir erheben keinen Restitutionsanspruch (lacht). Jetzt kann man überlegen, steht die Staatsoper für Deutschland? Da käme man auch auf die Berliner Philharmoniker. Als Haushälter hätte ich den Berlinern immer geraten, das Haus an den Bund zu lagern. Die Staatsoper kann man ja nicht mal schnell nach München versetzen. Das Haus bliebe immer in Berlin, aber der Bund zahlt die Kosten dafür. Ist doch ein gutes Modell für die Stadt. Soweit ich weiß, stand im Entwurf vom Hauptstadtkulturvertrag nicht drin, dass die Zuständigkeiten wechseln.
Was halten Sie von dem Kommunikationsdebakel, das um Chris Dercon, den künftigen Volksbühnenchef, entstanden ist? Wie kommt die Kulturpolitik da wieder raus?
Das ist zum Glück nicht mein Problem. Vielleicht ist das Problem dadurch entstanden, dass man den Eindruck erweckt hat, da kommt jemand mit einem ganz anderen Konzept und bekommt dazu noch sehr viel Mittel dazu. Damit wird die Gesamtlandschaft der Berliner Bühnen verändert, wenn einer das bekommt, was er sich erträumt. Die anderen bleiben in einer prekären Situation. Das ist unvernünftig. Dann sollte man woanders etwas tun. Deswegen hat der Bund auch die Berliner Festspiele gestärkt.
Das „House of Jazz“ in der Alten Münze am Molkenmarkt in Mitte ist eines Ihrer Lieblingsprojekte. 12,5 Millionen Euro stellt der Bund dafür bereit. Plötzlich treten zwei Parteien – Jazztrompeter Till Brönner auf der einen, die Riverside Studios auf der anderen Seite – mit unterschiedlichen Konzepten an.
Wir stellen nur das Geld für die Hälfte der Sanierungskosten bereit. 50.000 Euro haben wir zusätzlich für 2017 zur Verfügung gestellt, um alle Akteure an einen Tisch zu bringen. Wir haben mit allen Beteiligten gesprochen, um eine gute Lösung zu finden.
Das heißt, alle Parteien sollen unter ein Dach?
Quadratmetermäßig ist da viel möglich. Es muss ein schlüssiges, reifes Konzept vorliegen, indem sich alle wiederfinden. Ich habe aber überhaupt kein Problem, im nächsten Haushalt zu sagen, die Planungen haben sich nicht realisiert, dann nehme ich die Zuwendung aus dem Haushalt. Dann wird das Baby nicht fliegen. Aber jetzt erst einmal haben alle Akteure die Chance, zu planen.