„Es wird kein einfacher Abend für Sie“, erklärt Jürgen Flimm. Der Intendant der Staatsoper tritt im Streifenschal vors Publikum. „Keiner der Schauspieler ist krank, wir spielen!“ Und dann geht sie los, die wilde Hommage an das Absurde und Seltsame in der Schiller-Theater Werkstatt. Wie sie schon aussehen, die befrackten, blassen Herren mit Zirkusleibchen und Schleife im Haar. Sie treten als bärtige Braut, Tanzaffe im leuchtenden Bananenröckchen oder kommunistischer Diener im quietschenden Tutu auf.
Jan Josef Liefers, Stefan Kurt und Klaus Schreiber waren alle als Jungschauspieler in den 90er-Jahren am Hamburger Thalia Theater engagiert und sind seitdem befreundet. Ihr Intendant hieß damals Jürgen Flimm. 2011 bat er zum Klassentreffen in besonderer Mission. Flimm inszenierte eine kleine, äußerst feine Produktion für den französischen Freigeist Erik Satie. „Wissen Sie wie man Töne reinigt? Satiesfactionen“ heißt der Abend, der genau zu Saties 150. Geburtstag wieder auf dem Spielplan erscheint.
Flimm hat Saties lyrische Komödie „Die Falle des Qualle“ mit anderen Werken angereichert. Da werden Töne mit großem Ernst nicht nur gereinigt, sondern auch vermessen und gewogen. So gibt es etwa ein Fis mit 93 kg von einem sehr dicken Tenor. Jan Josef Liefers, spätestens seit dem Münsteraner Tatort auf skurrile, überhebliche Herren abonniert, spielt mit Hingabe den Baron Qualle, der in seinem Salon mit distinguierter Aussprache Pointen ins Publikum schleudert. Danach fängt er wieder gesungene Töne in einer Zigarrenkiste ein. Der Pianist Adrian Heger ist Teil des Teams. Auch die drei Schauspieler spielen Saties Musik auf Stabspielen und – ein echter Höhepunkt – auf verschieden hoch gefüllten Wassergläsern.
Sie machen Satie alle Ehre, denn er war schon ein verschrobener Kerl. Jemand, der sich selbst Briefe schrieb, Reden über die Musikalität von Tieren hielt und seine Honorare lieber herunterhandelte statt herauf. Der französische Eigenbrötler gehörte im frühen 20. Jahrhundert zu den einflussreichsten Kunstrebellen. Satie komponierte Werke für Flugzeugmotoren und Schreibmaschinen, eine „bürokratische Sonatine“ und drei Stücke in Form einer Birne. Der Satieabend ist überreich an witzigen Einfällen. Da gibt es eine Pause nur für die Darsteller, nicht für das Publikum, und ein Rührei, das während des Schlussapplauses verzehrt wird. Die Zuschauer müssen damit rechnen, angebrabbelt, mit Papier beworfen und zum Tanzen aufgefordert zu werden.