Im Hebbel am Ufer versuchen Martin Clausen und Kollegen immer wieder, das Publikum aufs Glatteis zu führen

Ist das jetzt eine Blüte? Oder ein Kreuz? Jedenfalls eine geometrische Form, zu der sich die fünf Männer zusammenfinden: einer in der Mitte, die anderen an jeder Seite. Und dann wechseln sie die Positionen durch, immer schneller, bis man nur noch eine Gruppe von Menschen wahrnimmt, die wirbelnd in und um sich selbst kreist.

Das haben die Bewegungen mit den Gesprächen in „Come Together“ gemeinsam, die eher von der Unmöglichkeit der Kommunikation künden als von ihrem Gelingen. Schon in der Vorgängerproduktion „Gespräch haben/Ohne Worte“ haben Martin Clausen und Kollegen den Leuten aufs Maul geschaut und herrliche Perlen des unfreiwillig komischen Alltagsgeschwafels aneinandergereiht. Auch jetzt wieder entzerren sie dazu die Elemente des Theaters: Mal stehen sie in ihren gruselig grünschwarzen 80er-Jahre-Strickpullis frontal zum Publikum und erzählen oder singen, mal schleichen sie stumm durch den Raum wie Indianer in der Vorhut, mal erklingt Musik, während sonst nichts passiert.

Und manchmal ist da nur Ivan Bazaks Raum, ein heller, leerer Kasten mit Tür, der mit seinen Stützen deutlich „Kulisse“ schreit und herrlich in den Farben Orange, Rosa und Gelb leuchtet. Einmal schiebt sich in diese psychedelische Leuchtkraft die weiße Silhouette eines kahlen Baumes – ist das jetzt ein Hoffnungssymbol? Oder eher das Gegenteil? Ein anderes Mal stellt sich die hintere Wand quer, geht ein Riss durch die Kulisse, verschiebt sich die gesamte Perspektive.

Hier tigern, hüpfen und haschen die Performer Martin Clausen, Rahel Savoldelli und Peter Trabner (der hauptberuflich Berliner Filmhöhepunkte wie „Dicke Mädchen“ veredelt) herum, während Mario Schulte, Doc Schoko und Harald Wissler mit Keybord, E-Gitarre und Geige am Sehnsuchtssound weben und ihn immer wieder in Songs kulminieren lassen irgendwo zwischen gehobenem Deutschpop und flirrend lakonischer Verzweiflungslyrik. Jedenfalls dann, wenn sie sich nicht gerade selbst mit Ganzkörpereinsatz dem Diktat des real existierenden Worthülsen-Dada-Gesprächs (etwa eine Kneipenrunde mit dem Resultat: drei Wodka, zwei Gin Tonic, ein Pilsator) unterwerfen und dabei himmelschreiend komisch abschneiden.

Wie überhaupt der ganze Abend vibriert von einer Lust daran, im Alltäglichen das Schräge zu finden. Martin Clausen und Kollegen brauchen nur Betonungen, Pausen und Stimmfarben, um den vorgefundenen Gesprächen die herrlichsten Pointen abzuringen. Auch den Monologen – einmal ist Peter Trabner allein auf der Bühne und erzählt in mehreren Stimmen und Lagen norddeutsche Alltagsminiaturen. Bis hin zur Begegnung mit der Bundeskanzlerin. Die habe ihm, als er in einer Wagner-Oper aufgestanden sei, um sie nach der Pause durchzulassen, gesagt: „Nicht nötig.“

Wie er das erzählt, mit einem leicht beleidigten Beben in der Stimme und einer hühnerhaften Halswendung, ist ebenso großartig wie die Tatsache, dass Martin Clausen und Kollegen einen immer wieder aufs Glatteis führen: Geht’s gerade um sie oder um Rollen? Wer spricht hier eigentlich? Bei allem klugen Witz ist „Come Together“ zudem ein ungemein zärtlicher Abend über den Versuch, gemeinsam zu sein. Auch wenn das immer wieder scheitert.

HAU 3, Tempelhofer Ufer 10, Kreuzberg. Tel. 25900427. Bis 29.2., 19 Uhr