Premiere im BKA: Die Musikkabarettisten Kaiser und Plain zeigen Wege aus der erloschenen Liebe

Wenn das Publikum nach einer Premiere drei Mal nach Zugabe klatscht, dann muss das was Besonderes sein. Oder die Künstler treffen einfach ins Herz. Und um Herzensangelegenheiten kümmert sich das Musikkabarettduo Kaiser & Plain am Freitag mit ihrem Programm „Denk’ ich, sag’ ich nicht“ im BKA-Theater.

Die beiden Newcomer David Kaiser (Klavier und Gesang) und Virginia Plain (Gesang) aus Berlin zeichnen den Kampf der Geschlechter nach: Es geht halt immer hin und her, gepackt von Liebe, Eifersucht, Enttäuschung – die ganzen Höhen und Tiefen des Zweiseins besingt das Duo Kaiser & Plain in neu betexteten Songs von altbekannten deutschsprachigen Musikkabarettgruppen wie etwa Weber-Beckmann, Queen Bee bis zu einigen selbstkomponierten Titeln.

Stimme mit Sirenenlautstärke

Das Scheinwerferlicht geht an auf der Bühne im BKA-Theater. Kaiser sitzt fast unauffällig ruhig am schwarzen Flügel: graue Hosen, die Haare trägt er brav nach hinten gekämmt. Plain dagegen betritt die Bühne, indem sie mit beiden Händen den hinteren Vorhang auseinanderreißt. Da steht sie im Lichtkegel: ein Vamp im schwarzen Spitzenkleid bis zu den Pumps. Üppiges Dekolleté, rote Lippen, glatt frisierte schwarze Haare im Rockabilly-Stil der 50er-Jahre.

Und eine Stimme, die in Sekundenschnelle von zart geflüsterten Liebesschwüren zu -flüchen in Sirenenlautstärke wechseln kann. Mal setzt sie sich neben Kaiser an den Flügel und besingt mit ihm die Schmetterlinge der Liebe. Mal mimt sie die eifersüchtige Verlassene, die mit gespreizten Fingernägeln Sektkorken durch die Luft fliegen lässt, „zum Wohoool“ flötet und im Frust ein Glas nach dem anderen herunterkippt. Was aber an diesem Abend ohnehin die einzige Lösung ist, das Gesicht des Partners lässt sich nur noch mit Schminke und Alkohol ertragen. „Wenn wir uns einen zwitschern, dann trinken wir uns beide schön“, singt sie.

Kaiser & Plain geben das ungleiche Paar, dessen blinde Liebe nach Jahren des Nebeneinanderlebens allmählich das Sehen wieder gelernt hat. Der Hochzeitstag ist bei ihm längst in Vergessenheit geraten. Ihre Kochkünste bringen nur noch „Saufraß“ zustande. Und selbst die Romantik eines Dates in Paris zerbricht an der Realität von Fußblasen und am „Brackwasser“ der Seine. „Verzeih, wenn ich gähne“, haucht Plain bedeutungsschwanger ins Mikrofon. „Aberrr misch macht französisch sääähr müdäää.“ In dieser Liebesmüdigkeit findet das Duo immer wieder im Einklang versöhnt zusammen. Er trällert von der „schokobraunen Granate aus Sachsen“, sie vom „Schönen Leben“ zu zweien, das nun mal kein Märchen ist, sondern selbst für das moderne Aschenbrödel voller Enttäuschungen und Unhappy Ends – also ganz ohne königliche Hochzeit – stecken kann: „Mit dieser Steckfrisur kriegst du ihn nie runter.“

Eine „Wuchtbrumme“ habe man sie nach ihren Auftritten schon genannt, sagt Plain. „So will ich nicht heißen.“ Und doch ist es ein Kompliment für die Schauspielerin, die mühelos zwischen frisch verliebtem Mädchen und Femme fatale changiert. Zwischendurch geht sie immer wieder auf Tuchfühlung mit dem Publikum. „Egon ich hab aus Liebe zu dir ein Glas zu viel!“ lallt sie ihr Lied, schleppt sich halb kniend halb laufend von der Bühne, hockt sich auf einen Schoß in der ersten Reihe, nippt beim benachbarten Tisch am Wein, legt einen Arm um dessen Schulter. Dreht eine halbe Pirouette und kriecht übers Parkett zum Ausgang. Plain dominiert die Vorstellung. Kaiser geht in ihren Plaudereien aus dem Frauennähkästchen ab und an fast unter, streut dann aber doch manchmal aus dem Off seine bissigen Kommentare ein: Mit weniger Sekt sei sie „eigentlich eine ganz Liebe“. Sie kontert prompt: und singt von der Affäre mit einem 80-Jährigen, der bei allen Hoffnungen aufs Erbe einfach nicht sterben will.

David Kaiser ist kein klassischer Musiker. In den vergangenen Jahren tourte er meistens alleine als Blondine im roten Fummel durch Deutschlands Varietés. Zuvor lernte er an der Ernst Busch Schule Berlin, gastierte an der Volksbühne und im Berliner Ensemble. Virginia Plain ist frei als Kabarettistin unterwegs, vor vier Jahren lernten sich die beiden Schauspieler zufällig über Facebook kennen. Ihr Debüt gaben sie vor Freunden in einem Café im Februar. Drei Tage später sangen sie zum ersten Mal vor Berliner Publikum im Theater O-Tonart. Die Songs entstehen zu Hause bei Kaiser am Klavier. „Er schreibt meistens, das Texten ist nicht so meins“, sagt sie. Seit Februar tauschten sie im Programm einige Lieder aus, manche Witze funktionierten noch nicht so richtig. „Für uns war deshalb erst an diesem Freitag die richtige Premiere“, sagt Kaiser.

Kaiser und Plain im BKA-Theater Mehringdamm 34 am 27.9., 11.11. und 24.12. um 20 Uhr