Theater-Premiere

Publikum feiert Plathe als Professor Unrat

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In einem Kino am Berliner Kurfürstendamm feierte 1930 jener Film seine Uraufführung, der Marlene Dietrichs Weltruhm begründete: "Der blaue Engel". Jetzt ist die Geschichte um die fesche Lola und den strengen Professor fast an gleicher Stelle auf der Bühne zu sehen.

In einer Zeit, in der alle nur noch über Doktortitel reden, ist Walter Plathe sogar Professor geworden. In nur einem halben Jahr verwandelte sich der Schauspieler in einen wilhelminischen Gymnasiallehrer: "Seit September im Kopf und seit Januar aktiv mit Proben", so Plathe. Am Sonntagabend gab der 60-Jährige sein Debüt als Professor Unrat.

Der ehemalige „Landarzt“-Darsteller Walter Plathe erlebt am Kurfürstendamm sein spätes Glück als heillos in ein Tingel-Tangel-Mädchen verliebter Professor Unrat. Er steht seit Sonntag im Theater am Kurfürstendamm in „Der blaue Engel“ nach dem Film von Josef von Sternberg und der literarischen Vorlage von Heinrich Mann auf der Bühne. In jenem Berliner Westen, wo 1930 nur wenige hundert Meter vom jetzigen Premierentheater entfernt der legendäre Uraufführungserfolg des Films „Der blaue Engel“ in einem Kino an der Gedächtniskirche gefeiert wurde. Der Film begründete Marlene Dietrichs Weltruhm.

Ihre heutige Bühnennachfolgerin Eva-Maria Grein von Friedl weiß um diese schwere Bürde und schlägt sich achtbar, auch wenn die notwendige Verruchtheit der Rolle bei ihr nicht überzeugend wirkt. Das berühmte Lied „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ bleibt bei dieser feschen Lola dann doch ohne erotische Funken.

Im Stück trifft der gestrenge Germanistik-Professor schließlich auf die leichte Lola. "Es erwischt ihn, weil ihn das Leben nicht auf die Liebe vorbereitet hat", so Plathe über seine tragische Rolle. Für den 60-Jährigen, der in der Rolle des alternden und aus der Bahn geworfenen Gymnasialprofessors vom Premierenpublikum stürmisch gefeiert wurde, ist der „Blaue Engel“ vor allem „die Geschichte des kleinen Mannes, der alles über Bord wirft, um einmal im Leben die Liebe zu erfahren“. So ist denn auch eine der anrührendsten Szenen in dem Theaterstück das erste zärtliche Champagner-Kussmündchen zwischen der „feschen Lola“ und dem außer sich geratenen Gymnasialprofessor in der Garderobe des verruchten Nachtlokals.

Ein bisschen Professor kommt übrigens auch im wahren Leben bei Plathe durch: Ordnung muss bei ihm sein. "Unangemeldete Besuche mag ich gar nicht", erklärt der Schauspieler. "Wenn der Besuch Pech hat, mache ich die Tür wieder vor der Nase zu. Es gehört sich nicht, es gibt heute Telefone. Es werden die unnützesten Dinge am Telefon besprochen. Dann kann man ja wohl auch anrufen, bevor man sich auf den Weg macht."

Regisseur Klaus Gendries, der mit Plathe bereits beim „Landarzt“ auf dem Bildschirm und zuletzt beim „Zille“-Bühnenerfolg am Kudamm zusammenarbeitete, macht aus dem „Blauen Engel“ ein Drehbühnen-Panoptikum in etwas kargem Bühnenbild. Am Ende Jubel für Plathe, auch wenn er manchmal etwas zu festgefahren einspurig in der Rolle wirkt.

( BMO/dpa )