Leistungsschau Berliner Künstler

Campingplatz statt Kunsthalle als Austellungsort

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Gabriela Walde

Da es vorerst nicht genügend Geld für eine dauerhafte Kunsthalle geben wird, schlagen die raumlabor-Architekten für Klaus Wowereits Sommerausstellung eine flexible Stadt aus Bussen, Containern und Zelten vor.

Haben Sie vielleicht noch einen alten Campingwagen, den Sie zur Verfügung stellen möchten oder einen Container, der übrig geblieben ist von der letzten Sanierung Ihres Hauses? Wenn ja, dann können Sie diese Objekte sponsern – Adressat ist der Kultursenator und Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, der für den Sommer eine „Leistungsschau“ junger Berliner Künstler plant – und dafür noch eine Spielstätte braucht.

Der Hintergrund ist dieser: Da es derzeit kein Geld – und wohl auch keine sehr große Lobby mehr gibt für eine dauerhafte Kunsthalle, soll vorerst eine temporäre Lösung gefunden werden für die Sommerschau, die auf dem Areal am Humboldthafen stattfinden wird.

Ein unkonventionelles Konzept

29 Architektenbüros wurden deutschlandweit angeschrieben, 22 reichten ihre Entwürfe ein. Als Sieger ging das Berliner Architektenteam „raumlabor“, mit Sitz am Flutgraben, hervor. Ein Zusammenschluss von Architekten und Städteplanern, die immer schon interdisziplinär und genreübergreifend arbeiten und dementsprechend Landschaftsbau, öffentliche Räume und künstlerische Aktionen zusammengebracht haben. Da verwundet es kaum, dass ihr Konzept unkonventionell und meilenweit entfernt ist von einem sterilen „White Cube“ oder einer musealen Präsentation überhaupt. Ohne Frage, ein ironischer Kommentar auf eine Stadt, die immer noch im Werden ist.

Nun muss man bedenken: ein Budget von 300.000 Euro für eine Architektur ist nicht viel, das Konzept muss Werke von bis zu 100 Künstlern berücksichtigen, aber halt, natürlich sollen nicht nur Bildern an die Wand, nein, eine lebendige Berliner Szene zeigt sich vielfältig im Bereich Video, Performance, Skulptur, Fotografie und wahrscheinlich auch Musik. Herausgekommen ist eine ziemlich mobile „Stadt in der Stadt“, zusammengewürfelt aus eben Containern, LKWs, Zelten, Bussen, Schirmen, Fertighäusern und auch schwimmenden Pontons. „Wir spielen mit verschiedenen Formen, die unterschiedlich nutzbar sind. Sie werden gestapelt oder gereiht“, erklärt Matthias Rick von raumlabor. Auf den Entwürfen sieht das ziemlich abenteuerlich aus, eher wie ein Zirkuslager oder Campingplatz oder Flohmarkt, wo sich vieles zusammenfindet, was nicht unbedingt zusammengehört. Und irgendwie passt dieses Potpourri ja zum Areal, das von fragilen Gehäusen dominiert wird, dazu gehören die Strandbar oder das Salomé-Variete. Improvisation ist typisch für Berlin.

Anpassungsfähig und Flexibilität

Die raumlabor-Architekten streuen Zauberworte, die da heißen: anpassungsfähig und Flexibilität. Man will kein offizielles architektonisches „Statement zur Kunsthalle“ gegen, sondern „Möglichkeitsräume“ bieten. „Das Ganze ist ja als ,work in progess' zu verstehen, die einzelnen Ausstellungsräume werden zusammen mit den Künstlern verhandelt“, so Rick. Joseph Beuys wurde dieses Netzwerk wohl als „soziale Skulptur“ bezeichnen. Zweifel sind erlaubt: Kann man ein drei Meter hohes Bild auch in einen LKW hängen? Rick: „Auch für ein solches Projekt wird Platz gefunden. Wir arbeiten situationsbedingt“. Will sagen, der richtige Container kommt.

Bei den landeseigenen „Kulturprojekten“, die mit der Organisation der Leistungsschau beauftragt sind, ist man von dieser flexiblen Konstruktion jedenfalls begeistert nach dem Motto „Alles ist möglich“. Tatsächlich ist es bei diesem künstlerischen Flohmarkt relativ einfach, ihn schnell zu verändern, denn die Einzelteile sind schnell zu versetzen.

Es gibt noch einen gravierenden Grund, der die Macher überzeugt. Von den eingestellten 300000 Euro werden wahrscheinlich nur 200000 benötigt. Der Rest kann dann als Plus in die künstlerische Produktion fließen. Allerdings müssen geeignete Sponsoren gefunden werden. Doch bei raumlabor ist man optimistisch. „Wir kriegen das schon zusammen.“ Na ja, schließlich gibt es ja nirgendwo so viel Baucontainer wie in Berlin.

Wowereits Pläne für die Realisierung der „Leistungsschau“ nimmt also Konturen an. Am Wochenende soll die Jury tagen, und in 14 Tagen soll die Künstlerliste vorgestellt werden – zusammen mit dem Wettbewerbssieger raumlabor. Den offenen Protestbrief aus der Kunstszene gegen Wowereits Ausstellung hat man im Architektenteam durchaus wahrgenommen. Dort sieht man den Aufruf allerdings weniger als Boykott, sondern positiv als Aufruf zur weiterführenden Diskussion.