Sprache

Deutsch im Grundgesetz verankern? Bitte nicht!

Andrea Seibel

Geht es nach der "Gesellschaft für deutsche Sprache", heißt es im Grundgesetz bald „Die Sprache der Bundesrepublik ist Deutsch." Die Mehrheit der Bürger fürchtet eine Verarmung der Sprache - auch durch unnötige Anglizismen. Selbstheilungskräfte sind aber wichtiger als Verfassungsänderungen.


Die größten Liebhaber deutscher Sprache findet man im Ausland. Vielleicht ist es auch die Überraschung, die man empfindet, wenn man jenseits des Englischen, das man als Lingua franca zur Verständigung sucht und das sich doch oft wie Mehltau über jedes Gespräch legt, auf sprachliche Gegenliebe stößt.


Jüngst trug eine russische Wissenschaftlerin auf einer Konferenz mit großer Inbrunst ein Schiller-Gedicht vor. Für den amerikanischen Autor Jonathan Franzen liegt der „Reiz der deutschen Kultur in der Sprache“, die „unübertroffen schön im Munde“ klänge.


Es mag auch genug inländische Schwärmer und Kenner der deutschen Sprache geben. Im Alltag zeigt sie manchmal ihr hässliches Gesicht. Es ist nicht nur das Kauderwelsch der Migranten-Kinder, das Schaudern lehrt. Viele Menschen reden in Floskeln, sind der Rechtschreibung nicht mehr mächtig, lesen ungern – eine Entwicklung, die sicherlich auch dem digitalen Zeitalter geschuldet ist.


Zudem wird die Sprache durchsetzt von peinlichen Anglizismen. Aus dem WC wird schnell einmal ein „washing point“. Darüber regen sich viele gebildete Menschen auf und gründen Vereine zur Rettung der deutschen Sprache. Doch alle Versuche, Anglizismen einzudeutschen, sind bisher kläglich gescheitert. Zwei Vereine wollen nun gar die deutsche Sprache im Grundgesetz Artikel 22 verankern. Was eine Selbstverständlichkeit ist, dass man nämlich in Deutschland Deutsch spricht, soll ausdrücklich betont werden.

Doch was als Ausweis von Selbstbewusstsein daherkommen soll, ist es nicht eher Zeichen von mangelndem Vertrauen, ja der Verzweiflung? Auch Länder mit entsprechendem Passus haben weiterhin die erwähnten Probleme. Per Gesetz wird die lebensweltliche Praxis nicht besser. Belassen wir unser Grundgesetz doch bitte so grundsätzlich, wie es ist.