Er hat sich rar gemacht. Hat sich in seinem Wohn- und Studiokomplex Paisley Park verschanzt. Prince war zwar ungeheuer produktiv, doch mussten seine Fans in den vergangenen Jahren stets einige Hürden überwinden, um an seine Musik zu gelangen. Die veröffentlichte er nach dem Zerwürfnis mit seiner Plattenfirma Warner bei kleinen Labels, über das Internet, Supermarktketten oder als Zeitungs- und Magazinbeilagen. Und die letzten großen Hits wie „Kiss“, „Sign O'The Time“, „Cream“ oder „Sexy Mf“ liegen gute 20 Jahre zurück. So war die Waldbühne denn am Abend mit rund 15.000 Besuchern auch längst nicht ausverkauft, als der Funk-Tycoon aus Minneapolis erstmals seit 18 Jahren dort wieder Hof hielt. Dabei weiß der 52-Jährige durchaus, wie man die Massen dirigiert. „Let's Go Crazy“ lautete die Parole.
Prince, der unberechenbare musikalische Freigeist, hat sich für seine knapp bemessene Europa-Tournee zu einer Art Hitrevue entschlossen und pumpt mit seiner Band Klassiker wie „1999“, „Controversy“ und die Ballade „Nothing Compares To U“ ins Auditorium. Verpackt eigene Stücke wie „Sexy Dancer“ in Coverversionen von Chics „Le Freak“. Er ist ganz da für seine Fans, die ihm in Konzerten die Treue halten. Den Rest des Musikgeschäfts, die Rechte an seinen Songs und auch seiner Person versucht er mit oft geharnischten Methoden selbst unter Kontrolle zu behalten. Interviews, bei denen er verbietet, Tonbandgeräte zu nutzen, gibt er nur sporadisch – wie gerade dem US-Magazin Ebony. Und mit Konzertfotografen – professionellen wie Handy-Amateuren – hält er es wie Bob Dylan: Es herrscht absolutes Fotoverbot.
Es ist schon bewundernswert, wie er seit Jahrzehnten um seine Urheberrechte und die Marke Prince streitet, doch sind die Methoden bisweilen krude bis kurios. Und kosteten ihn einiges an Sympathie und Popularität. Anfang der 90er Jahre begann die Fehde mit seiner Plattenfirma Warner Brothers, mit der er gerade noch eine Vertragsverlängerung über sechs Alben bis 1999 ausgehandelt hatte. Er legte seinen Namen zu Gunsten eines unaussprechlichen Symbols ab, hieß fortan mal „The Symbol“ oder „The Artist Formerly Known As Prince“. Hintergrund: Warner besaß vertraglich die Rechte an den Liedern, die Prince in seiner Karriere für sie aufgenommen hatte. Er fühle sich als Sklave der Industrie: „Wenn einem die eigenen Masterbänder nicht gehören, gehört man dem Master“.
So nahm der Namenlose Platten bei anderen Firmen auf, ließ sich dort aber stets sämtliche Urheberrechte zusichern. Durch seinen NPG Music Club, mit dem er seine Musik per Internet direkt an Fans verkaufte, wurde Prince zu einem Pionier des Online-Geschäfts. Heute allerdings verkauft er seine Musik nur noch auf CD. „Es wird nirgendwo auf der Welt Online-Downloads von meiner Musik mehr geben“, sagte er gerade dem britischen Daily Mirror, der am Wochenende die neue Prince-CD „20ten“ seiner Ausgabe beilegen wird. „Das Internet ist komplett vorbei. Ich sehe nicht ein, warum ich meine neue Musik an iTunes oder wen auch immer abgeben sollte. Die zahlen mir schließlich nichts dafür.“
Schon legendär sind seine Streitigkeiten mit YouTube und iTunes. Prince beschäftigt eine eigene Anwaltskanzlei, die sich um die Wahrung seiner Urheberrechte kümmert. So hatte er auch die Sperrung eines YouTube-Videos eingefordert, auf dem im Hintergrund einer seiner Songs lief. Das Video zeigte ein Kleinkind, wie es 29 Sekunden lang auf den Prince-Song „Let's Go Crazy“ tanzt. Die Mutter, die das Video eingestellt hatte, legte Beschwerde ein. Prince hat diesen Prozess verloren. Auch gegen Fanseiten geht er immer wieder gerichtlich vor und lässt Handy-Konzertaufnahmen entfernen. Für das breite Publikum spielte Prince, obwohl er ständig neue Musik kreiert, irgendwann keine Rolle mehr.
Was seinen enormen Einfluss auf die Musik des vergangenen Jahrhunderts keineswegs schmälert. Er war sozusagen der Funk-Gegenpart von Michael Jackson. Er hat wie kaum ein Anderer schwarze amerikanische Musik mit weißem Rock und elektronischen Sounds mainstreamkompatibel verbunden. Und feierte mit dem Album „The Rainbow Children“ 2001 seine Rückkehr als Prince. Nur ist inzwischen ein junges Publikum nachgewachsen, das Prince neu für sich entdecken muss. Das Album „20ten“, das nur in Europa veröffentlicht wird (in Deutschland am 22. Juli als Beigabe zum Magazin „Rolling Stone“) will an die alten Erfolge anknüpfen.