PR-Aktion

Die Deutsche Oper wirbt mit Barbara Schöneberger

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Volker Tarnow

Foto: ddp / DDP

Berlins Opernhäuser müssen sich einiges einfallen lassen, um ihre Sitzreihen zu füllen. Das Haus an der Bismarckstraße setzt dabei in der neuen Saison auf Moderatorin Barbara Schöneberger. Die Deutsche Oper holte sie dafür als Model vor die Kamera.

Im Spätsommer wird die Betonfassade der Deutschen Oper radikal aufgehübscht. Dann zeigt sich in der Bismarckstraße großformatig, wie es ihr gebührt, Barbara Schöneberger. Radfahrer werden sich, geblendet von so viel Blondheit, überschlagen, Autofahrer betäubt auf die Blitzampel Leibnizstraße zurasen: Wie denn, singt sie jetzt schon an Berlins größter Bühne?

Was soll man solchen Zeitgenossen sagen? "Ich würde antworten", sagt Opernintendantin Kirsten Harms, "dass sie sich schnell ein Ticket kaufen sollen." Schließlich handelt es sich hier um eine PR-Aktion, die mehr Aufmerksamkeit und möglichst auch mehr Einnahmen bezweckt. Und mit Vergnügen die Grenze zwischen seriöser Kunst und Showbiz überschreitet.

Berlins Opernhäuser müssen sich einiges einfallen lassen, um ihre Sitzreihen zu füllen. Die Lindenoper hatte, was Publicity betrifft, in letzter Zeit die Nase vorn; der Umbau des Stammhauses und der sich daraus ergebende Umzug ins Schiller-Theater wurden in den Medien ausführlich behandelt. Außerdem ist Generalmusikdirektor Daniel Barenboim gewitzt genug, um ad hoc öffentlichkeitswirksame Themen zu kreieren. Für die Deutsche Oper dagegen fällt der GMD als Werbeträger aus, denn der neue Pultmeister Donald Runnicles hält sich reichlich bedeckt. Stattdessen gibt es das ewige Gerangel um die Intendanz.

Vier Tage dauert das Shooting

Ein Blickfang wie die Schöneberger sorgt da immerhin für etwas Glamour. Das blonde Gift harmoniert vortrefflich mit den ebenfalls blonden Damen Auermann und Harms. Dahinter steckt, wer wollte es bezweifeln, System.

In der Saison 2008/09 hatte sich Nadja Auermann anwerben lassen, man sah sie als Venus (Tannhäuser), Turandot, Carmen und Helena, abgelichtet von André Rival. Alles cool, irgendwie unnahbar und hocherotisch. Das Berliner Fotomodell arbeitete kostenlos, um die Oper zu unterstützen, und Rival machte einen günstigen Preis. Jetzt steht also die Moderatorin und Mimin Barbara Schöneberger vor der Linse, vier Tage für acht Fotos. Ebenfalls gratis. Sie setzt mehr auf Humor, Ironie. Und kann, über das rein Optische hinaus, beste Referenzen ins Feld führen: Ihr Vater war jahrelang Klarinettist an der Bayerischen Staatsoper, sie selbst betreibt seit kurzem das Singen mit Leidenschaft und Erfolg. Und sie wohnt wieder in Berlin. "Gleich um die Ecke, deswegen wurde ich auch ausgewählt: das Taxi kostet nur 6,60."

Bekanntlich ist Frau Schöneberger unschlagbar schlagfertig. Sie inspiriert und dekoriert das Shooting im hinteren Bühnenbereich der Oper mit reichlich Esprit. Wenn sie nicht gerade tragisch in die Ferne blicken muss als Othellos unglückliches Weib. Dass ihr die Rolle der Desdemona liegt, könnte bezweifelt werden; es ist wahrscheinlich nicht ihr großer Traum, von Othello erwürgt zu werden, auch wenn der demnächst José Cura heißt. Das selbstbewusste Multitalent dementiert energisch, und sogar Kirsten Harms stellt sich freiwillig als Opfer zur Verfügung: "Von José Cura würde ich mich jederzeit erwürgen lassen!" Warum auch nicht, wenn es dem Hause nutzt - guten Marketingleuten ist jedes Mittel recht.

Zur Vermeidung unnötiger Illusionen muss indes eines betont werden: Weder Kirsten Harms noch Barbara Schöneberger singen in der kommenden Saison Desdemona! Die eine singt überhaupt nicht, sondern zieht Klavier und Flöte vor, die andere singt durchaus, aber nicht Verdi. Barbara Schöneberger hat stets davon geträumt, auf der Bühne zu stehen und zu singen. Den Traum erfüllte sie sich kürzlich mit zwei Shows, bei denen Männerkritisches in Jazz- und Popform präsentiert wurde. Ab November folgt die Fortsetzung, auch in Berlin.

Gesang studiert hat die Schöneberger nie. Genau wie Pavarotti. "Deswegen werden wir ja auch immer miteinander verglichen. Nicht nur hinsichtlich der Stimme." Aber jetzt mal im Ernst: War das nie ein Problem, ohne Ausbildung auf die Bühne und einfach loslegen? "Ich habe in sechs Wochen 30 Konzerte gegeben", sagt sie, "und war keine Minute heiser." Danke, das genügt. Ihr freilich nicht. "Ich traue mir auch zu, vor ungeübten Ohren eine Wahnsinnsarie hinzulegen, Verdi oder Puccini, so zwei oder drei Minuten ..."

Im Hintergrund läuft "Othello"

Die Intendantin bestätigt, man habe weitere gemeinsame Pläne, kleine versteckte Einsätze etwa, Moderation, Entertainment. Derweil rüstet sich die Wahlberlinerin schon wieder für das nächste Foto von André Rival. Vier Opern sollen blond vergiftet werden: "Frau ohne Schatten", "Barbier von Sevilla", "Rienzi" und "Othello". Der singt hinter der Bühne gerade seine letzte CD-Arie, damit authentische Stimmung entsteht - Begleitmusik zum Shooting ist unerlässlich. "Aber es muss die richtige sein", meint Barbara Schöneberger, "sonst sehe ich erschöpft und genervt aus." Ein Zustand, den man sich bei ihr schwer vorstellen kann.