"Old Joy"

Schweigsame Freunde

| Lesedauer: 2 Minuten
Jörg Taszman

Foto: Peripher

Es gibt ihn noch, den klassischen amerikanischen Independentfilm: Regisseurin Kelly Reichart erzählt in schönen, schlichten Bildern eine einfache Geschichte um zwei Freunde um die 30, die sich lange nicht mehr gesehen haben. "Old Joy" zelebriert Kino der Entschleunigung.

Mark, der bodenständigere der beiden, wird bald Vater werden. Er sitzt leicht gelangweilt in seinem Vorstadtgarten, als er einen Spontananruf von seinem alten Kumpel Kurt erhält. Der lädt ihn zu einem Wochenendtrip in die Wildnis Oregons ein, das Ziel ist eine heiße Quelle, um einmal auszuspannen. Marks Frau ist jedoch "not amused", denn nur zu bereitwillig lässt er sie für ein ganzes Wochenende allein.

Was beginnt wie ein klassisches Roadmovie, entwickelt sich immer mehr zu einer behutsamen, aber auch etwas zu vorhersehbaren Studie über zwei Freunde, die einander einmal sehr nahe standen. "Old Joy" hat dabei einen eher irreführenden Titel, weil sich die beiden Männer voneinander entfremdet haben und entweder aneinander vorbeireden oder aber schweigen. Am ehesten funktionieren noch die alten Rituale wie das Wegschießen von Getränkedosen am Lagerfeuer mit einer Pistole. Der bärtige, melancholische Kurt ist ohne Arbeit und ständig auf der Suche nach sich selbst und nach dem Sinn des Lebens. Er ist beeindruckt davon, dass Mark nun ein Kind in die Welt gesetzt hat und Verantwortung zeigen muss. Kurts Motto ist da schlichter: "Begib dich niemals in eine Lage, aus der du nicht alleine wieder herausfindest." Allerdings wirkt auch Mark enthusiastischer, wenn er davon erzählt, wie er mit Jugendlichen einmal in der Woche schreinert, als wenn er seine zukünftige Vaterrolle in den Fokus nimmt.

Kelly Reichart zelebriert ein Kino der Entschleunigung, feiert die Landschaft und die Ausbruchsfantasien zweier Langzeitfreunde "back to the roots". Es ist allerdings auch eine filmische Erzählung über die Unfähigkeit von Männern, einander die Wahrheit zu sagen. Das ist alles treffend beobachtet und wird filmisch durchaus souverän erzählt. Und doch bleibt es letztendlich Geschmackssache, ob man sich für den Naturfimmel und die Probleme dieser beiden Männer, die nicht einmal besonders charismatisch sind, auch wirklich interessiert.

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