Schumachers Woche

Warum wir Fleisch respektvoll und dankbar essen sollten

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Hajo Schumacher
Haho Schumacher plädiert für einen bewussten, langsamen und dankbaren Konsum von Fleisch.

Haho Schumacher plädiert für einen bewussten, langsamen und dankbaren Konsum von Fleisch.

Foto: picture alliance/Jörg Krauthöferr/BM Montage

Unser Autor hat "Konfuzius" gegessen - ein Rind, mit Galloway-Mähne. Wie kann man heute essen, was man gestern mochte? Eine Überlegung.

Neulich habe ich Konfuzius gegessen, nur ein Stück, und er schmeckte köstlich. Ich kannte Konfuzius, wie er stämmig auf der Weide in Vorpommern graste, mit seiner wuscheligen Galloway-Mähne dem Winterwind trotzte, bisweilen unbeteiligt aufschaute und weiter graste, bis ihm ein Bolzenschussgerät zwei kronkorkengroße Löcher in den Schädel donnerte.

Er habe den Tod nicht kommen sehen, sagt seine ehemalige Besitzerin leise. Schlachtfest war vor vier Monaten, aber sie klingt immer noch ein wenig traurig. Konfuzius gehörte zur Familie, zugleich war klar, dass er aufgezogen würde zum Verspeistwerden.

Wie kann man heute essen, was man gestern mochte? Ganz einfach: Mit Achtung, Dank und im Bewusstsein des Widerspruchs, dass der Mensch ganz oben steht in der Nahrungskette, was meist zu jenem finalen Moment führt, dass der Schwächere sein Leben lässt, um den Stärkeren zu nähren. Veganer entscheiden anders, worüber es nichts zu lachen gibt.

Restaurants bieten das "Nose to Tail"-Konzept an

Es ist, auch für Kinder, eine spannende Übung, Fleisch von Tieren zu essen, die man kannte, tötete, zerlegte und portionsweise vakuumierte. Anders als die seelenlose Packung im Kühlregal trägt der Konfuzius-Braten ein Gesicht, eine Persönlichkeit, gemeinsame Vergangenheit. Automatisch schneidet das Messer besonnener, jeder Bissen gerät zum inneren Monolog über Verantwortung und Macht und die Brutalität des Menschseins. Wenn Fleisch, dann respektvoll.

Zum Respekt gehört auch, das Tier so weit wie möglich zu nutzen, nicht nur das Filet, sondern Hirn und Hufe, die Innereien, das Fett, die Sehnen. Immer mehr Restaurants bieten heute nach dem „Nose to Tail“-Konzept das ganze Tier vom Scheitel bis zum Huf an, so lange, bis es restlos verputzt ist, und schlachten erst dann das nächste. So sollte jede Schulküche verfahren, denn einfacher lassen sich Wertekonflikte kaum vermitteln, die wir sonst gern verdrängen.

In unserem Eisfach liegt übrigens noch ein feines Stück von Konfuzius. Ja, wir werden es essen. Aber langsam, bewusst und dankbar.