Ich gestehe: Früher habe ich „Bullen“ gesagt. Polizisten, das waren die, die Atomsprengköpfe schützten, im Namen des Hais besetzte Häuser räumten oder fast fahrtüchtige Autos stilllegten, wie meinen Käfer 1200.
Es ist wie mit dem Steuernzahlen: Eines Tages lichtet sich der jugendliche Emotionsnebel. Polizisten sind eigen, aber ziemlich normal. Vielen ist tatsächlich an öffentlicher Ordnung gelegen, manche finden Uniform und Blaulicht sexy. Es gibt Nette, Schlechtlaunige und einige Bösartige – Spiegel der Gesellschaft. Am Ende gilt: Wer im eisigen Niesel vor Botschaften patrouilliert, hat Anerkennung verdient.
Wenn der Großstadtgangster lacht
Eben daran mangelt es. Einst wurden Polizisten bepöbelt, heute werden sie angegriffen, von Clans oder Hooligans, von Besoffenen, Dealern oder Taschendieben. Dazu Überstunden satt und prähistorische Computer. Vom grinsenden Intensivtäter ohne Papiere auf der Wache veräppeln lassen, um ihn wieder freizugeben? Da lacht der Großstadtgangster.
Gericht? Strafen? Tritratrullala. Greifen Beamte durch, wird ihnen Brutalität, gar Rassismus vorgeworfen. Halten sie sich zurück, posaunt eine opportunistische Politik „nicht hinnehmbar“.
Wer hat die bizarren Zuständigkeiten von Bundespolizei (Kölner Bahnhof) und Landespolizei (um den Bahnhof herum) zu verantworten? Wer hat eine Anfrage nach mehr Personal zu Silvester abgelehnt? Wer hat einen überforderten Parteifreund zum Polizeichef gehievt und nun wieder abserviert? Wer steckt Streifenbeamte in Bonsai-Autos, die bei 2 Grad minus nicht anspringen? Und wer will jetzt alle Schuld bei denen abladen, die sich bespucken, beleidigen und verlachen lassen müssen? Die Politik.
Respekt, bessere Ausrüstung und guter Lohn
Demokratie braucht Menschen, die sie verteidigen. Nicht Schlauberger im TV-Talk sichern den Rechtsstaat, sondern Frauen und Männer da draußen im Ungemütlichen.
Respekt, bessere Ausrüstung und guter Lohn würden helfen. Vor allem aber brauchen Polizisten Sicherheit; die Sicherheit, dass der Staat, den sie verteidigen sollen, loyal hinter ihnen steht.
Kolumne "Schumachers Woche"
- Ganz normaler Wahnsinn - Wie Paranoia 2015 das Land regierte
Kaputt, Versagen, Katastrophe – das war der tagtägliche deutsche Sound 2015. So wie in jedem Jahr, meint Hajo Schumacher. - Weihnachtskarten: Schluss mit dem Christmas-Bullshit-Bingo!
Millionen Weihnachtskarten werden verschickt. Fast alle sind scheußlich. Man sollte sich lieber selbst schreiben, sagt Hajo Schumacher. - Der Verschwörungsquatsch erreicht die Mitte der Gesellschaft
Chemtrails, Reichsbürger, Merkels Geheim-Agenda - Statt Wissensgesellschaft erleben wir Flüsterpropaganda, beobachtet Hajo Schumacher.