Berlin. Eine Woche lag Kolumnist Dieter Puhl im Krankenhaus. Diesmal war es knapp – aber eine Sache möchte er nicht vergessen.

Eine Woche lag ich im Krankenhaus Westend. Legionellen, eine Lungenentzündung, mein Herz spielte verrückt, mein Puls lag bei 200 Schlägen pro Minute. Das war sehr viel und die Luft blieb mir aus. Es ging mir mies. Wie ich ins Krankenhaus kam, daran habe ich keine richtige Erinnerung mehr. Meine Freundin, der Notarzt und die Männer der Feuerwehr waren sehr schnell.

Es brachte es mit sich: Ich brauchte hier sehr viel Hilfe, war dünnhäutig, vermutlich empfindlich, konnte kaum einen Schritt laufen. Ob Ärzte, Menschen, die die Essensangelegenheiten regeln, der Mann, der täglich das Zimmer reinigt, natürlich Schwestern und Pfleger, andere – mir blieb ja gar nichts anderes übrig, ich habe mich in Eure Hände begeben und Ihr seid sehr sensibel und hilfsbereit mit mir umgegangen.

Hilfen annehmen – ich bin vielleicht nicht gut darin. Und Ihr seid ja tagtäglich für vielen andere auf dieser Station auch noch da. Ihr seid dabei flexibel. Übrigens ist Humor eine tolle Stärke von Euch, Zärtlichkeit aber auch.

Fast der gesamte Planet trifft sich auf dieser Station

Einige arbeiten hier übrigens seit Jahren, ein gewisser Überblick tut gut. Diese reichen Erfahrungen – das beruhigt. Und man kann den Job übrigens Jahre machen, ohne abzustumpfen. Man kann dennoch bei den Menschen bleiben. Aus Unterhaltungen weiß ich, es sind eher die jungen Mitarbeiter, die wechseln wollen, in die Fortbildung oder gleich ganz weg.

Wir benötigen in der Pflege Unterstützung durch Menschen aus anderen Ländern. Fast der gesamte Planet trifft sich hier auf dieser Station im Krankenhaus, um zu helfen. Und das ist auch gut so! Viele haben dabei aber nicht nur einen Job gesucht, sondern auch ein neues Zuhause. Schön: Kinder kommen nach, Familien. Bei diesem Job benötigt man doch Rückhalt. Herzlich willkommen! Ohne Euch würde gar nichts mehr laufen, hätte man mich in den Abstellraum schieben können.

Etwas Freundlichkeit verbindet

Wenn wir denn bei dem neuen Zuhause, beim Ankommen helfen können – wir sollten es einfach machen. Etwas Freundlichkeit verbindet. Immerhin rettet Ihr unsere Leben. Menschen treffen Menschen. Eine Hand wäscht die andere! Alle stehen ja immer so auf Wahlprognosen, und das ist jetzt platt, die AfD ist es ja aber auch: Ich würde auf solch einer Station und unter diesen Arbeitsbedingungen gerne mal wählen lassen. „Ausländer raus“, traut sich hier niemand anzukreuzen. Dann könnte der Magen knurren oder die Bettpfanne voll bleiben, viele würden sterben. Sind es nicht die Linken, die eine rigoros höhere Bezahlung einfordern? Ihr Ergebnis wäre vermutlich beachtlich. „Meine“ Stationsleitung zum Beispiel: Sie kam vor gefühlt hundert Jahren aus der Türkei und macht den Job schon sehr lange hier. Sie (andere auch) ist die gute Seele, hält zusammen.

Am Montag wurde ich nachmittags aus dem Krankenhaus entlassen. Eine Rekordzeit für die Genesung. Jetzt mache ich aber doch noch lieber meinen Mittagsschlaf, es reicht, wenn ich die Bäume erst wieder in ein paar Wochen ausreißen werde. Vergessen aber möchte ich bitte nicht: DANKE.

Ich bin froh, diesen Tag lebend zu erleben

Am kommenden Sonntag um elf Uhr wird der Regierende Bürgermeister, Kai Wegner, zehn anderen Menschen und mir im Roten Rathaus den Landesverdienstorden des Landes Berlin verleihen. Ich bin froh, diesen Tag lebend zu erleben. Ganz sicher war ich mir da jüngst nicht immer.

Ein Orden für die Arbeit mit obdachlosen Menschen – viele können sich mitfreuen und es ist sehr besonders für mich. Einige Freundinnen und Freunde werden dabei sein.

Die Berliner Stadtmission ist mehr als Dieter Puhl. Mir ist klar: Dieses Verdienst gebührt vielen. Und es gibt ja nicht nur die Stadtmission allein. Die Trägerschaft für gute Angebote ist in Berlin breit, bunt und tatkräftig. Prost, liebe Kolleginnen und Kollegen!