Berlin. „Das erste Haus baust du für deinen Feind, das zweite für deinen Freund und das dritte für dich selbst.“ Das Zitat kam mir in den Sinn, als vergangenen Montag im Hamburger Hauptbahnhof die neue Bahnhofsmission eröffnete. Gestrandete Menschen haben nun wieder einen Zufluchtsort in sehr guter Qualität.
Vor sechs Jahren eröffnete die Berliner Stadtmission das neue Hygienecenter neben der Bahnhofsmission Zoo. Alles war blank poliert, in allen Armaturen konnte man sich spiegeln. Michael Müller (SPD) war als damaliger Regierender Bürgermeister dabei, sein Sozialsenator Mario Czaja (CDU) auch, selbst Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) war gekommen.
Ein Hygienecenter für obdachlose Menschen, Duschen, saubere Toiletten, Hygieneartikel – endlich konnten sich Männer in Ruhe rasieren, Frauen hatten geschützte Hygiene-Räume, das war für Charlottenburg neu. Politiker wie Ülker Radziwill (SPD), Reinhard Naumann (SPD), damals Bezirksbürgermeister, viele Ehrenamtliche fallen mir ein, die mit unterstützen. Ein Toilettenprojekt wurde hoffähig.
Die Gäste konnten es damals nicht fassen
Wir freuten uns damals sehr über dieses breite Netzwerk an Menschen und über die Unterstützung des Berliner Senates. Einige Menschen der Deutschen Bahn aber waren mir besonders wichtig – die Umarmungen mit dem damaligen Bahnchef Rüdiger Grube und seinem Finanzvorstand Richard Lutz fielen sehr innig aus. Nun ist Richard Lutz lange Chef vom Ganzen, und die Hilfen nahmen sogar zu. Schöne Erinnerungen! Gute Gegenwart!
„Ist das Duschen umsonst, die Toilette wirklich kostenlos?“ Die Gäste konnten es damals nicht fassen; es herrschte ausgelassene Stimmung, eine Hilfe für jeden Tag.
Jetzt Hamburg. Glückwunsch! Der Umbau dauerte, die 400 Quadratmeter sind dafür sehr ansehnlich geraten. Übrigens wurde die Hamburger Bahnhofsmission 1895 als zweite dieser Einrichtungen in Deutschland überhaupt gegründet. Zunächst kümmerte man sich dort wie bereits in Berlin um Frauen, die in Zeiten von Industrialisierung und Landflucht ihre Zukunft in der Stadt suchten.
„Hoffnungsorte Hamburg“: Schon lange kümmert man sich dort um Bahnreisende
An den Bahnhöfen wurden sie aber von Schleppern und Luden willkommen geheißen. Das waren bittere Geschichten. Starke Frauen (sie waren überwiegend wohlhabend, wer sonst hätte ehrenamtlich gearbeitet?) hauten den Zuhältern auf die Finger, sorgten sich um die Zugezogenen, halfen bei Wohnplätzen und Arbeitsstellen.
„Hoffnungsorte Hamburg“: Schon lange kümmert man sich dort um Bahnreisende, eben aber auch um obdachlose Menschen. Wer diese Kolumne regelmäßig liest, weiß: Sehr oft sind diese Menschen in desolater körperlicher Verfassung. Die Hamburger kannten Berlin und heraus kam dort nun ein zusätzliches Notpflegezentrum mit Dusche und Sitzbadewanne, ein Pflegeraum für assistenzbedürftige Menschen. Und man kann es überlesen, aber in Hamburg gibt es sogar eine „Sitzbadewanne“ – mir geht das Herz auf. Weil ich erahne, welche Qualitäten für Menschen damit verbunden sind. Gebadet hatten viele Gäste unseres Hygienecenters 20 Jahre nicht mehr.
Es ist gut, wenn wir in den Städten voneinander lernen
Es ist gut, wenn wir in den Städten voneinander lernen und uns liebevoll darin überbieten, noch besser für die betroffenen Menschen zu werden. Wie aber geht es weiter Berlin und Hamburg sind nur zwei gute Beispiele. Wann kommen die anderen Kommunen, wann bekommen Kreuzberg, Spandau und die anderen Bezirke eigene Hygienecenter?
Lesen Sie hier mehr Morgenpost-Kolumnen von Dieter Puhl aus der Rubrik Nachtgestalten.
Danke, Deutsche Bahn, ohne Euch würde es Etliches nicht gehen. Mit Euch aber geht es leichter oder überhaupt erst.
Den Hamburgern gebe ich zum Abschluss gerne die heutige Tageslosung, Epheser 2,10, auf Plattdeutsch auf den Weg: Wat wi sünd, is sien Wark alleen. Wi hören to Christus Jesus un daarum hett he uns so maakt, dat wi Goods doon.