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Neuer CDU-Chef Friedrich Merz mit Traumergebnis ins Ziel

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Christine Richter kommentiert die Neuausrichtung der CDU.

Christine Richter kommentiert die Neuausrichtung der CDU.

Foto: dpa/Reto Klar

Fast 95 Prozent stimmen für Friedrich Merz als neuen CDU-Chef – und die Berliner Union hat Grund zur Freude, meint Christine Richter.

Berlin. Im dritten Anlauf hat er es geschafft – und das mit einem Traumergebnis: 94,62 Prozent der Delegierten des digitalen Parteitags haben am Sonnabendmittag für Friedrich Merz als neuen CDU-Parteivorsitzenden gestimmt. Eine selbst nach dem gewonnenen Mitgliederentscheid doch unerwartet hohe Zustimmung; selbst Merz hatte noch kurz vor dem Parteitag erklärt, er hoffe auf ein Wahlergebnis von 80 Prozent. Dann waren es fast 95 Prozent. Er sei „tief bewegt und tief beeindruckt“, sagte Merz nach Bekanntgabe des Ergebnisses; man sah es ihm an, dem 66-Jährigen kamen gar die Tränen ob dieser Unterstützung.

Für die politischen Gegner der CDU mag dieses Wahlergebnis ein Ausdruck der Verzweiflung sein, dass Merz, der schon zwei Mal gescheiterte Parteichef-Kandidat, nun auf diese Weise, nach der verheerenden Niederlage bei der Bundestagswahl, ins Amt gehoben wird. Doch zur Wahrheit gehört auch: Annegret Kramp-Karrenbauer hatte Ende 2018 unter für die Union besseren Bedingungen die Chance, die CDU in die Zukunft zu führen und sogar Kanzlerkandidatin zu werden.

Mit Laschet hätte es nie und nimmer gut gehen können

Sie ist gescheitert, ebenso wie Armin Laschet, der wahrlich durch eigene Fehler nicht nur die Bundestagswahl, sondern damit auch gleich wieder, nach nur einem Jahr, den Parteivorsitz verlor. Wer Laschet am Sonnabend beim digitalen Parteitag essen und kauen sah, während Merz seine halbstündige Bewerbungsrede hielt, der wusste, warum es mit Laschet nie und nimmer hätte gut gehen können. Weder an der Parteispitze noch im Kanzleramt.

Die CDU hat – erwartungsgemäß – am Sonnabend Geschlossenheit demonstriert, aber Merz hat deutlich gemacht, dass er die neue Rolle angenommen hat. Die Union ist nicht mehr die verhinderte Regierungspartei, sondern die Oppositionspartei. Vor dieser liegt viel Arbeit, denn der Partei fehlt ein klares Programm. Kaum jemand weiß, wofür die Union im Jahr 2022 eigentlich steht, wie sie die großen Zukunftsfragen von Klimawandel bis zur Wohnungs- und Mobilitätspolitik, aber auch in der Sozialpolitik bewältigen will. Wie will sie die soziale Marktwirtschaft der Zukunft gestalten?

Auf die Transformation braucht es neue Ideen

Auf die Transformation in so vielen unserer Lebensbereiche braucht es Antworten, neue Ideen, die sich für eine christlich-demokratische Partei unterscheiden von denen der SPD, Grünen oder FDP. Denn auch die Union will die bürgerlich-liberale Mitte für sich zurückgewinnen. Doch dort tummeln sich schon die Ampel-Parteien, die den Platz der CDU nicht so einfach überlassen werden.

Für den Blick nach vorn warb auch der neue Generalsekretär der CDU, der ehemalige Berliner Sozial- und Gesundheitssenator Mario Czaja. Auch er erhielt mit fast 93 Prozent ein sehr gutes Ergebnis. Unterstützung, die ihm bei seiner schwierigen Aufgabe nutzen kann. Der 46-jährige Czaja hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er Kampagne kann, dass er kreativ ist und auch mit digitalen Medien umzugehen weiß.

Mario Czaja steht für den städtischen Blick

Czaja steht darüber hinaus für andere Themen als Merz – für Sozialpolitik, für den Osten, für den städtischen Blick. Wenn Merz ihm den Raum lässt, wenn Czaja als Generalsekretär manche Schläge, die Merz treffen sollen, ein- und wegstecken kann, dann könnte die Partei von dieser ungewöhnlichen Konstellation profitieren.

Für die Berliner CDU beschert dieser Parteitag erheblich mehr Einfluss: durch den Generalsekretär Mario Czaja, der bei all dem früheren Zwist mit dem Landesverband weiß, was wichtig ist. Mit Joe Chialo, der in Spandau vergeblich für den Bundestag kandidierte, und mit der Gewerkschafterin Elke Hannack ziehen zwei weitere Berliner als Beisitzer in den Bundesvorstand ein – Chialo mit dem besten Ergebnis aller Beisitzer-Kandidaten. Noch ein Aufbruch an diesem für die Union so wichtigen Tag.

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