Al ist als einziger Hahn Chef des Zoo-Harems, doch Marcy ist diejenige, welche sich als Herr im Hause aufführe, sagt Reviertierleiter Christian Möller. Er ist der Namensgeber: Der Mann, der in den 90-er Jahren kaum eine Folge von Al Bundy verpasste und heute die dominante Marcy in die Schranken weist. Kommen ihr Tierpfleger, Besucher oder tierische Mitbewohner wie Springböcke und Große Kudus zu nahe, faucht Marcy und spannt drohend ihre Flügel auf. Die sind kurz im Verhältnis zur Körpergröße – Strauße sind Laufvögel wie die australischen Emus und südamerikanischen Nandus, sie können nicht fliegen. Trotzdem sind die Federn hübsch, und sie wirken noch schöner, weil Marcy hinter Gittern steht. Sie hakt nämlich mit ihrem zahnlosen Schnabel nach menschlichem Schmuck – und nach dem Haremsnachwuchs.
Derzeit laufen vier hüfthohe Jungtiere im braun getupften Tarnkleid übers Gelände. Die Kinder könnten von Marcy stammen, aber auch von Kelly und Al Bundys Haupthenne Peggy, denn alle drei hatten im Sommer Eier gelegt. Dass Al der Vater ist, ist offensichtlich: Anders als bei allen anderen Vögeln sieht man bei männlichen Straußen zuweilen ihr ausgestülptes Geschlechtsteil. Strauße scheiden zweitens – wieder im Unterschied zu den übrigen gefiederten und mit Kloaken ausgestatteten Kollegen – Kot und Urin getrennt aus.
Peggy nun ist die einzige Henne, die den Hahn Al bei der Aufzucht unterstützen darf. Die Nebenhennen Marcy und Kelly sind nur dekoratives, Eier legendes Beiwerk. Als zweite Besonderheit unter den Laufvögeln hütet bei den Straußen nämlich nicht nur der Mann die Küken – und auch die Eier. Tagsüber saß Peggy auf ihnen, nachts brütete Al. „Das passt zum Federkleid“, sagt Möller, „zwecks Tarnung ist Al schwarz und Peggy grau“.
Richtig blau ist kein Hals der Berliner Blauhalsstrauße. Woher also der Name dieser Unterart kommt, ist Möller unklar. Schnabel und Beine von Al hingegen färben sich kräftig rot, wenn er in Balzstimmung ist. Wild wird er dann auch – Möller hält Abstand. Schließlich überragt Al ihn um einiges. Blauhalsstrauße werden bis zu 2,50 Meter hoch und gelten als die größten Vögel der Welt. Mit ihren langen, muskulösen Beinen erreichen sie kurzfristig Geschwindigkeiten über 70 Stundenkilometer. Beschleunigend wirkt, dass sie nur noch mit zwei Zehen auftreten – andere Laufvögel stehen auf dreien.
Blauhalsstrauße leben in der südafrikanischen Savanne und Wüste. Dort liegt viel Sand herum, aber ihren Kopf stecken die Tiere nicht hinein. „Das wäre schön blöd, dann würden sie ersticken“, kommentiert Möller den Ausspruch, „es sieht nur genau so aus, weil die Tiere den ganzen Tag mit dem Schnabel auf dem Boden rumpicken und Körner, Gras, Kräuter und Früchte fressen“. Zähne hat der Vogel keine, und da seine Magensäure nicht zu den aggressivsten gehört, schluckt das Tier Steine, die die pflanzlichen Fasern im Muskelmagen zermahlen.
Kommt den Straußen doch Mal ein Löwe zu nahe, treten sie gezielt zu. Der Tritt soll tödlich sein. Das kann man vom Schuhverkäufer Al Bundy nun nicht sagen.
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