Österreich und Deutschland sind zwei Staaten, getrennt durch die gemeinsame Sprache.“ Dieser Satz, der teils Alfred Polgar, teils Karl Kraus zugeschrieben wird, gilt andererseits als Übersetzung des englischen Satzes “England and the United States are two countries, divided by one language“, von dem es wiederum heißt, er sei entweder von Mark Twain oder von Oscar Wilde, vielleicht aber auch von George Bernard Shaw - dieser Satz gilt jetzt wieder in voller Schärfe, wo die Fußballer Österreichs mit denen Deutschlands im “Schicksalsspiel“ aufeinanderprallen.
In dem geht es um "To be or not to be", um Sein oder Nichtsein: Wird das Deutschland sein Sieg oder den Ösis ihrer?
Denn auch im Fußball sprechen die beiden zwei Sprachen. Zwar haben nur in Wien Frauen schöne Füße oder Haxen, wo sie in Deutschland lange Beine haben, aber es gibt die Geschichte von dem Wiener, der verstört aus New York zurückkehrt und seinem Freund erzählt: "Komische Sprach ham die Amis! Statt I sagens Ei, statt Ei sagens Egg! Statt Eck sagens Corner und statt Koaner sagens Nobody."
In der Tat heißt der Eckstoß dort noch Corner, und während Österreich früher sagen durfte: Kriege mögen andre führen, du, glückliches Österreich, heirate, sind sie am Montag, nach unserer "Kroatastrophe" ("Bild") im Fußball-Endkampf mit Deutschland. Schon gibt es auf der Wiener Speisekarte "Schnitzel à la Córdoba", die Stadt, in der die Deutschen bei der WM 1978 in Argentinien 3:2 von Österreich plattgeklopft wurden wie ein paniertes Schnitzel; der Stürmer Krankl ist heute noch Nationalheld dafür. Und auch die "Schande von Gijón" 1982 bei der EM ist unvergessen, wo sich beide Länder friedlich korrupt den Ball zuschummelten und zuschoben, bis das erwartete 1:0 herauskam, das beide weiterbrachte. Damals konnten beide sich's richten, wie man in Österreich sagt, das aber leider dieses Mal siegen muss. Uns genügt unter Umständen ein Unentschieden. Da lob ich mir die Zeiten, als Otto von Habsburg im Europaparlament, als alle Bänke und Büros leer waren, aufgeklärt wurde, es gäbe Fußball im Fernsehen, Österreich-Ungarn. Und er fragte: "Gegen wen?"
Bei den strahlenden weltmeisterlichen Siegen der Holländer letzte Woche ist mir schmerzlich Schillers "Abfall der Niederlande" eingefallen, nicht als Müll, zu dem die Italiener im Spiel verarbeitet wurden, sondern als historische Trennung. Die wollten ebenso wenig mit Österreich verheiratet bleiben wie die kleindeutschen Preußen. Das hat Jogi Löw nun davon!
Hellmuth Karasek schreibt jeden Sonntag in der Berliner Morgenpost