Es gibt Wörter, in denen stehen fünf Vokale hintereinander. Doch die Häufung von Konsonanten schlägt diesen Rekord.
Einen Laut kann man sprechen und zur Silbe, zum Wort, zum ganzen Satz oder gar zur Rede formen. Wir hören, was der andere sagt. Es sei dahingestellt, ob sich ein Hinhören in jedem Fall lohnt. Es gibt Redner, die langweilen, und es gibt Redner, die hören erst wieder auf, wenn sie erschöpft aus dem Saal getragen werden.
Wird eine Rede aufgeschrieben, benötigen wir Buchstaben. Allerdings gibt es weniger Buchstaben als Laute. Im Englischen wie im Deutschen benutzen wir das lateinische Alphabet mit seinen 26 Buchstaben. Das ist knapp bemessen. Im Russischen beträgt die Buchstabenanzahl immerhin 33, im Japanischen sogar 50. Es gibt Buchstaben, die klingen melodisch aus dem Orchester des Alphabets heraus. Sie lauten selbst aus eigener Kraft und werden dementsprechend Selbstlaute oder fachsprachlich Vokale genannt. Andere Buchstaben lauten nur mit. Sie spielen nicht die Melodie des Wortes. Das sind die Mitlaute oder Konsonanten.
Man zählt 30 oder 40 gesprochene Vokale im Deutschen, so genau weiß das niemand. Bereits zu meiner Studienzeit vor 60 Jahren konnte sich kein Germanistik-Dozent habilitieren, der nicht einen weiteren Vokal identifiziert zu haben glaubte. Das „i“ in „bitte“ beziehungsweise in „Bibel“ wird verschieden ausgesprochen. Im lateinischen Alphabet stehen uns für die Vokale aber nur fünf Buchstaben zur Verfügung: a, e, i, o und u.
Und dann ist da noch die Besonderheit der Umlaute ä, ö und ü, die man im Deutschen, aber auch in den skandinavischen Sprachen findet. Für jeden Begriff haben die Sprachwissenschaftler eine Bezeichnung aus dem Griechischen oder Lateinischen gebildet – ich erinnere nur an das so schön akademisch klingende „Interrogativpronomen“ (Fragefürwort) –, nur für den Umlaut nicht. Es bleibt die Frage, ob es sich hier um einen Mangel an Kreativität handelt oder um den Abscheu vor der geringen humanistischen Substanz der Umlaute.
Entsteht ein Substantiv, sollte ein Bindestrich gesetzt werden
Im Allgemeinen helfen wir uns in einem solchen Fall, indem wir einen Anglizismus bilden. Doch das klappt bedauerlicherweise nicht. Im Englischen heißt „Umlaut“ als Fremdwort aus dem Deutschen ebenfalls „umlaut“. Nicht vergessen dürfen wir auch die Diphthonge, die Doppellaute au, ai, äu, ei, eu und ui. Manchmal reichen ein Vokal und acht aufeinanderfolgende Konsonanten wie in Borschtsch, um die Rote-Bete-Suppe zu bezeichnen. Allerdings handelt es sich hierbei um eine Transkription aus dem Russischen, bei dem die Zeichenfolge „schtsch“ mit einem einzigen kyrillischen Buchstaben auskommt. Das Gleiche galt für den verblichenen Nikita Chruschtschow – Sie wissen schon, den Glatzkopf aus dem Kreml, der seinerzeit in der Uno mit seinem Schuh aufs Pult trommelte. Man kann seinen Namen nur zwischen den Silben trennen, also als Chru-schtschow.
Wir kennen jedoch auch deutsche Wörter mit acht Konsonanten hintereinander, etwa angstschlotternd, Geschichtsschreibung, Unterrichtsschritt oder Weihnachtsschmuck. Andere Wörter sind wiederum stark vokalbetont. Fünf aufeinanderfolgende Selbstlaute finden wir in Bioeier, Donauauen, Treueeid oder zweieiig. Es kann vorkommen, dass drei gleiche Vokale aufeinandertreffen, zum Beispiel der Tee und die Ernte in „Teeernte“. Entsteht ein Substantiv, sollte ein Bindestrich gesetzt werden: Tee-Ernte, Kaffee-Ersatz oder Hawaii-Inseln. Dies gilt nicht für zusammengesetzte Adjektive und Partizipien, die ohne einen Bindestrich stehen: seeerfahren, schneeerhellt. Treffen drei gleiche Konsonanten aufeinander, so fällt keiner von ihnen weg: Schifffahrt, Schlossstadt, Balletttruppe, Auspuffflamme, Sauerstoffflasche, fetttriefend oder helllila.
Bevor Sie nun auf diese Errungenschaft der Rechtschreibreform schimpfen wollen, sei gewarnt: Vier dieser sieben Beispiele schrieb man bereits vor der Reform so – amtlich, korrekt und dreifach.
Kontakt: deutschstunde@t-online.de
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