Berlin. Tausende demonstrieren in Berlin gegen marode Schulen und Lehrermangel. Sie stellen vier Forderungen an die Bundesregierung.

Die Marathonläufer, die am Sonnabendvormittag am Brandenburger Tor in ein unerwartetes Gewimmel gerieten, wirkten irritiert. Athleten aus Hongkong, Argentinien oder Brasilien wollten sich auf den Berlin-Marathon am Sonntag vorbereiten, nun standen sie plötzlich zwischen Schulkindern mit Pappschildern, empörten Eltern, Lehrern in Gewerkschaftswesten und Jugendlichen mit Fahnen für Revolution und Sozialismus.

Für bessere Bildung und Schulen haben verschiedene Organisationen zu deutschlandweiten Protesten aufgerufen.
Für bessere Bildung und Schulen haben verschiedene Organisationen zu deutschlandweiten Protesten aufgerufen. © Uta Keseling

In Berlin und anderen Städten hatte die Bildungsgewerkschaft GEW im Bündnis mit 170 Organisationen zu bundesweiten Demonstrationen für bessere Bildung aufgerufen. Laut Veranstaltern waren es 7000 Menschen, laut Polizei 4500, die durch die Stadtmitte zum Roten Rathaus zogen.

Vier Forderungen hat das Bündnis „Bildung muss anders“ als Petition an die Bundesregierung gerichtet und damit, Stand Sonnabend, mehr als 90.000 Unterschriften gesammelt: Ein Sondervermögen für Bildung und ausreichende Finanzierung für Kitas und Schulen, eine Ausbildungsoffensive für Lehrer und Erzieher zukunftsfähige und inklusive Schulen sowie ein Bildungsgipfel „auf Augenhöhe“.

„Wenn wir die Bildung nicht voranbringen, mache ich mir Sorgen um die Zukunft“

Was die Bildungsmisere bedeutet, schilderten Teilnehmerinnen der Demo. Etwa Lehrerin Luise Duda, die vor einigen Wochen aus Mecklenburg-Vorpommern an eine Gemeinschaftsschule in Pankow gewechselt ist: „Mir fällt auf, dass das Schulsystem in Berlin noch einmal schlechter aufgestellt ist.“ Antje Piel aus Pankow war als Mutter von Schulkindern auf der Demonstration. Das marode Gymnasium am Europasportpark hatte zuletzt mit herausfallenden Fenstern und anderen Mängeln Schlagzeilen gemacht. Erst nach langem Protest war eine Sanierung durchgesetzt worden.

„Bei uns laufen seit Jahren Mäuse durch Klassenräume und sogar über die Tische“, berichtete eine Lehrerin aus Neukölln. Seit Jahren gebe es an ihrer Schule wegen andauernder Sanierungsarbeiten keine hygienische Grundreinigung mehr. Die Schule liege zudem an einem Drogenschwerpunkt, „jetzt wurde der Wachdienst eingespart, soziale Angebote und Jugendbetreuung fehlen oder werden gekürzt.“

Auch aus bessergestellten Stadtvierteln kamen Lehrer und Eltern. „Ich kann nicht verstehen, dass wir nicht in die Bildung investieren“, sagte Imke Decius vom Bezirkselternausschuss Steglitz-Zehlendorf. „Wenn wir die Bildung und Ausbildung der nächsten Generationen nicht jetzt voranbringen, mache ich mir Sorgen – um die Wirtschaft, um den sozialen Frieden und um die Demokratie.“