Georg Strecker hat die Geschichte des Varietés Wintergarten maßgeblich gestaltet. Ein Blick in sein privates Fotoalbum.
Für viele ist der Wintergarten das schönste Varieté Europas. Eine Bühne mit über 130 Jahren bewegter Geschichte. Ursprünglich eröffnet 1880 als Veranstaltungssaal im Central-Hotel an der Friedrichstraße. 1944 bei Bombenangriffen zerstört, blieb nur die Legende eines großen Namens zurück. Bis Roncalli-Gründer Bernhard Paul und André Heller den Wintergarten 1992 wiederbelebten.
Heute ist die Varietébühne längst weltberühmt, ein Anziehungspunkt für Berliner und Touristen gleichermaßen. Das Motto des Hauses lautet „Dem Staunen gewidmet“. Georg Strecker hat die Geschichte des Wintergartens in den letzten 23 Jahren maßgeblich mitgeschrieben. Längst ist das Varieté-Theater für ihn neben seiner Familie zum Lebensinhalt geworden. Mit starken Shows und anspruchsvoller Gastronomie hat er das Haus zu einer Top-Adresse gemacht. Ein Unterhaltungsmanager im besten Sinne.
Unter seiner Ägide liefen Bühnenhits wie „Der helle Wahnsinn“, „Zauber Zauber“ und mit „Sayonara Tokyo“ 2017 die bislang aufwendigste Produktion des Hauses. Ein typischer Direktor ist Georg Strecker allerdings nicht. Man trifft ihn nur selten am Schreibtisch, dafür aber stets irgendwo im Wintergarten an.
Die elfköpfige Familie Strecker mit dem Selbstauslöser auf ein Foto zu bannen, war 1967 für Georg Strecker eine Tortur: „Es hat Stunden gedauert.“ Geboren 1957 im hessischen Bad Homburg, wuchs er dort mit acht älteren Geschwistern in einer Beamtensiedlung im Grünen zwischen einem Wald und dem städtischen Kurpark auf. Eine glückliche Zeit für ihn. Nach dem Abitur studierte er für das Lehramt Englisch und Sport. Unterrichtet hat er aber nie. Wegen der Lehrerschwemme in den Achtzigern wurde er nicht angestellt.
Das Foto entstand 2019 im Wintergarten, nachdem sich Udo Lindenberg die „Woodstock Variety Show“ angeschaut hatte. Georg Strecker und der Rockmusiker kennen sich seit 1982. Da es mit den Studienrat-Ambitionen nichts wurde, ging der Wintergarten-Chef nämlich in die Rock’n’roll-Branche. Begann als Stagehand, also Mädchen für alles, und arbeitete sich zum Tourneeleiter hoch. „Meine erste Tour mit Al Jarreau und David Sanborn war gleich eine der schönsten.“
Swatch-Sonnenbrillen wie Georg Strecker sie auf dem Bild trägt, waren glücklicherweise nur kurz heftig in Mode. 1990 übernahm er für knapp sechs Jahre die Produktionsleitung bei „André Heller’s Chinesischem Nationalcircus“ – eine erste Verbindung zum Zirkus und zu Artisten. „Auf dem Tisch sieht es aus wie nach einem Rosenkrieg“, findet Strecker. Dabei war die Stimmung friedlich. Mit der stoisch blickenden Produktionsleiterin Bettina Altring war er damals liiert.
In Berlin wurde Georg Strecker 1998 als Geschäftsführer des Wintergartens sesshaft. Anfangs wohnte er in einer Pension, bis er zehn Fahrminuten entfernt eine Wohnung in Schöneberg fand, in der er heute noch wohnt. Das Foto zeigt ihn 2001 bei einem Medientermin auf der Bundesgartenschau in Potsdam. Die Wintergarten-Uniform war eigentlich für eine Mitarbeiterin gedacht. Strecker hat sich die Klamotte für den gelungenen Schnappschuss vorab kurz übergeworfen.
Zur Premiere der „2020 – Die 20er Varieté Revue“ im Wintergarten, der letzten vor der Pandemie, begrüßte Georg Strecker viel Berliner Prominenz wie Brit Kanja und Günther Krabbenhöft. Die zeigten sich stylisch in der Mode der Goldenen Zwanziger. Als ihm Regisseur Markus Pabst von der Idee zur Show erzählte, war Strecker sofort Feuer und Flamme. Der spektakuläre Nostalgie-Rausch mit atemberaubender Artistik steht jetzt wieder auf dem Programm des Theaters.
Nach vielen Tourneejahren hat sich Georg Strecker Mitte der Neunziger ein Sabbatical bei Freunden auf einem ehemaligen Bauernhof zwischen Osnabrück und Bielefeld gegönnt. „Ich war mental und körperlich fertig“, gesteht er. Immer unterwegs, war er zwar bei seiner Schwester gemeldet, hatte aber längst keine eigene Wohnung mehr. Daher blieb die Kammer auf dem Bauernhof auch später noch sein Rückzugsort, wenn er mal nicht on Tour war oder Großveranstaltungen betreut hat.
Sein privates Glück hat Georg Strecker mit Ehefrau Rosemary gefunden. Die beiden sind sich in Wedding an einer Burger-King-Theke begegnet, liefen sich danach zufällig mehrmals über den Weg. Dann bat Rosemary ihren Georg um Hilfe wegen eines ausländerrechtlichen Problems. Darüber verliebten sie sich. Zwei Jahre später folgte die Hochzeit in Rosemarys Geburtsland Nigeria. Ein Jahr später wurde der erste Hochzeitstag mit einer Sause gefeiert. Natürlich im Wintergarten.