Berlin. An der Westendallee in Charlottenburg soll ein Studentenwohnheim auf Mietergärten gebaut werden. Die Anwohner wehren sich.
Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag möchte gemeinsam mit einem privaten Investor ein Studentenwohnheim hinter den Reihenhäusern an der Westendallee 77 bis 91 bauen. Das Gebäude soll auf einer Fläche entstehen, auf dem Bewohner dieser Häuser ihre Gärten haben. Sie wollen sich gegen den Bau zur Wehr setzen. Nicht nur ihre Gärten müssten verschwinden – da in zweiter Reihe gebaut wird, fürchten die Bewohner auch um ihre Privatsphäre. Nun schlagen sie der Gewobag zwei alternative Grundstücke vor, auf dem das Wohnheim errichtet werden könnte.
Bereits seit 2018 beabsichtigt die Gewobag, das Wohnheim hinter der denkmalgeschützten Wohnanlage zu errichten. Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf verweigerte zunächst die Baugenehmigung. Gegen diese Entscheidung legte die Gewobag Widerspruch bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Widerspruch ein – mit Erfolg.
Wohnheim mit Platz für 350 Studenten geplant
Die Gewobag möchte Ende 2021 gemeinsam mit dem Investor auf dem Grundstück, das kaum mehr als 22 Meter breit und 380 Meter lang ist, einen Dreigeschosser bauen. Auf 10.000 Quadratmetern sollen rund 350 Studentenwohnungen entstehen. Die Hälfte von ihnen soll zu einem Preis von 6,50 Euro pro Quadratmeter vermietet werden, die andere Hälfte für 10 Euro pro Quadratmeter.
Die betroffenen Anwohner haben die Bürgerinitiative „Grüne Westendallee e. V.“ gegründet - mit dem Ziel, den Neubau auf ihren Gärten doch noch zu verhindern. „Wir befürchten, dass das Studentenwohnheim nur zehn Meter entfernt von manchen Wohnungen gebaut wird. Das gefährdet unsere Privatsphäre“, sagt Erik Esche, Mitglied der Initiative. Zudem würden die Wohnungen durch den Bau beschattet. Esche und seine Nachbarn machen sich auch Sorgen über die Zugangswege zum benachbarten Spielplatz und den Wegfall von Parkplätzen, sollte das Wohnheim tatsächlich gebaut werden. Ihre Wohnungen samt dahinter liegender Gärten seien denkmalgeschützt, betont Esche.
Gewobag steht Alternativvorschlägen „offen gegenüber“
Schließlich müssten auch die Mietergärten verschwinden und damit eine „hochwertige Grünfläche“, wie Mitglieder der Initiative betonen. Sie hatten sich deswegen auf die Suche nach alternativen Grundstücken gemacht, auf denen die Gewobag das Studentenwohnheim errichten könnte. Die Gewobag steht den Vorschlägen der Mieter „offen gegenüber“, wie sie auf Anfrage mitteilte.
Nun hat die Initiative zwei Grundstücke gefunden, die ihrer Ansicht nach geeignete Bauflächen wären: eine Grünfläche am Spandauerdamm östlich des Ruhwaldwegs und eine Wiese nicht weit davon entfernt, zwischen Reichsstraße und Machandelweg neben den S-Bahngleisen. „Falls das Bezirksamt sich doch noch dazu entschließt, auf einer dieser Flächen zu bauen, bieten wir an, Teile unserer Gärten zu einer öffentlichen Kleingartenanlage zu machen“, sagt Esche.
SPD fordert Bezirksamt zu Gesprächen mit Gewobag auf
Unterstützt werden Esche und seine Nachbarn von der SPD im Bezirk. In einem BVV-Antrag fordert diese das Bezirksamt auf, „umgehend in Gespräche mit der Gewobag einzutreten“, damit „die Bebauung hinter den Häusern Westendallee 77 bis 91 aufgegeben und ein Ausgleichsgebiet quasi zum Tausch angeboten wird.“ Dabei verweist auch die SPD auf das Gebiet zwischen Reichsstraße und Machandelweg. Es sei „besser für den Bau geeignet als Westendallee“, sagt der SPD-Fraktionschef Alexander Sempf, der Tausch der Fläche sei „im Interesse aller.“
Die bezirkliche FDP hingegen begrüßt das Bauvorhaben auf den Mietergärten. „Gerade in Zeiten von Wohnungsnot und steigenden Mieten“ müssten Flächen für „dringend benötigten Wohnraum genutzt werden.“, sagt Johannes Heyne, baupolitischer Sprecher der FDP.
Baustadtrat hegt „Sympathie“ für Bürgerinitiative
Über das weitere Vorgehen müssen nun die Bauherren und das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf entscheiden. Auf Anfrage der Berliner Morgenpost teilte Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) mit, dass er zwar „Sympathie“ für die Bürgerinitiative hege, die sich auf die Suche nach Alternativgrundstücken gemacht hat.
Es sei jedoch problematisch, jetzt ausschließlich mit der Gewobag über einen Alternativplan zu verhandeln. Die Gewobag nutze zwar das Gebäude, Bauträger sei aber der private Investor. „Wenn er einen Bauantrag stellt, müssen wir jetzt genehmigen“, sagt Schruoffeneger. Daher sei es sinnvoll, nun Gespräche mit dem Investor zu führen. Nur dieser könne „auf eine entsprechende Antragstellung verzichten.“
Lea Verstl