Wer mit 17 studieren möchte, benötigt die Erlaubnis der Eltern — hat aber gute Chancen auf den Wunschstudienplatz

Mit 17 Jahren ist Yeliz Cakiroglu schon fast ein alter Hase an der Technischen Universität (TU) Berlin. Sie studiert hier, seit sie elf Jahre alt war. Neben der Schule belegte sie jeweils ein Semester in Biologie, Chemie, Physik und Mathe. Das ermöglichte ihr das Programm „Studieren ab 16“. Mit 16 allerdings legte die technikbegeisterte Schülerin ihr Abitur ab und schrieb sich danach zum Wintersemester 2017/18 für ein reguläres Studium am Institut für Physik der TU Berlin ein.

Quote für junge Studenten

Nun ist sie die Jüngste im Hörsaal, Sprüche ihrer Kommilitoninnen und Kommilitonen wie: „Sag das doch nicht vor den Ohren eines Kindes!“, tut sie mit einem Lachen ab. Sie wird akzeptiert, der Altersunterschied fällt ihr nur manchmal auf. „Viele der Älteren haben schon ein Auslandssemester gemacht, die können viel mehr erzählen“, sagt sie. „Ich kann auch nicht so mitreden, wenn es ums Feiern geht.“

Denn für einiges, was für ihre Mitstudierenden selbstverständlich ist, braucht sie noch die Erlaubnis ihrer Eltern: für gefährlichere Experimente, für Exkursionen, für die Studi-Party, auf der sie ohne Begleitung eines Erwachsenen nur bis Mitternacht mitfeiern darf.

Wer so jung ist wie Yeliz Cakiroglu und reibungslos studieren möchte, sollte zum Studienbeginn am besten eine Generalvollmacht der Eltern mitbringen. Dann können die Minderjährigen an allen Aktivitäten teilnehmen, eigenständig einen Bibliotheksausweis beantragen und den freien Internetzugang nutzen. Zudem haben sie das aktive und passive Wahlrecht. Nur wenn sie sich exmatrikulieren oder den Studiengang wechseln möchten, brauchen sie wieder eine Unterschrift der Eltern.

„Dass ich eine Vollmacht brauche, nervt mich ein bisschen“, sagt Yeliz Cakiroglu. „Ich fühle mich erwachsen und mag es nicht, wenn man mir was vorschreibt.“ Dennoch ist sie froh, endlich an der Universität angekommen zu sein. Als Hochbegabte eckte sie in der Schule oft an, hier ist sie unter Gleichgesinnten. „In der Schule war für viele Mädchen in meinem Alter der Nagellack wichtiger“, sagt sie. Sie schätzt die Freiheit, die ihr das Studium bietet, und dass sie sich den Stundenplan selbst zusammenstellen kann.

Übergang teils schwierig

Junge Studierende brauchen ein hohes Maß an Selbstdisziplin, Plötzlich dürfen und müssen sie selbstbestimmt lernen. „Die Fähigkeit zur eigenständigen Organisation des Studiums ist sehr wichtig, denn das erforderliche Lernpensum liegt in der Regel über dem, was man in der Schule gewohnt war“, sagt Claudia Cifire, Studienberaterin der TU Berlin. Wer jedoch über gute Lerntechniken verfügt, vernünftiges Zeitmanagement betreibt und sich an der Hochschule von Anfang an auch mit anderen Studierenden vernetzt, brauche sich wenig Sorgen zu machen. „Wenn es im ersten Semester noch nicht so rund läuft, rate ich: Nerven bewahren, der Übergang Schule–Hochschule rüttelt alle ,Erstis‘ mehr oder weniger durch“, sagt Cifire.

Minderjährige Abiturienten, die direkt mit dem Studium weitermachen wollen, haben gute Chancen, einen Studienplatz an ihrer Wunschuni zu bekommen. Dafür sorgt die sogenannte Minderjährigenquote, die einige Hochschulen eingeführt haben. Das bedeutet, dass eine gewisse Anzahl der Studienplätze für minderjährige Studienbewerber vorgesehen ist. So vergeben die TU Berlin, die Freie Universität (FU) Berlin und die Humboldt-Universität zu Berlin (HU) mindestens fünf Prozent der Studienplätze für das erste Fachsemester an junge Abiturienten, die bis zum Bewerbungsschluss minderjährig sind. Voraussetzung ist, dass die Studienbewerber bis zu ihrer Volljährigkeit noch bei den Eltern wohnen und ihren Wohnsitz in Berlin oder Brandenburg haben. Die Minderjährigenquote gilt jedoch nicht für Medizin- und Zahnmedizin – wie zum Beispiel an der Charité Universitätsmedizin, wo unabhängig davon zurzeit 24 Minderjährige studieren.

Yeliz Cakiroglu ist eine von derzeit 133 minderjährigen Studierenden an der TU Berlin. Diese Zahl kann sich durch das Erreichen der Volljährigkeit einzelner Studierender monatlich ändern. „Für mein Leben brauche ich ein gutes Zeitmanagement“, sagt Yeliz Cakiroglu, die auch Leistungssportlerin ist. Gerade bereitet sie sich im Juniorenteam des Landesruderverbandes Berlin auf die U18-WM vor. Überfordert fühlt sie sich nicht. „Ich brauche die mentale und körperliche Auslastung“, sagt sie. Als Spitzensportlerin an der TU Berlin kann sie mit flexiblen Studienbedingungen rechnen, sodass sie, wenn alles so läuft, wie sie es sich vorstellt, bereits im dritten Semester ist, wenn sie volljährig wird.