Berlin. Bürgerinitiative verlangt auch 200.000 Abstellplätze. Senat lehnt Pläne wegen hoher Kosten ab
Die Initiative „Volksentscheid Fahrrad“ will in Berlin mehr und sichere Radwege erzwingen. Dafür hat sie am Montag einen 21 Paragrafen umfassenden Gesetzentwurf für ein Volksbegehren als Vorstufe zum Volksentscheid beim rot-schwarzen Senat eingereicht, der nun geprüft wird. Die Bürgerinitiative fordert zehn Punkte, um den Ausbau der Infrastruktur zu beschleunigen und das Radfahren sicherer zu machen. Dazu gehören 350 Kilometer Straßen mit Vorrang für Radfahrer, zwei Meter breite Radwege an jeder Hauptstraße, 100 Kilometer Schnellwege für Fahrradpendler und 200.000 neue Abstellmöglichkeiten.
Neu aufgenommen wurde die Forderung nach Dienstfahrrädern für Führungskräfte in Politik und Verwaltung. Die Initiative erhofft sich so eine „Vorbildfunktion“ – auch beim Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), dessen Willen, den Radverkehr zu fördern, die Bürgerinitiative stark bezweifelt. Auch bei der Radinfrastruktur wird mehr gefordert. Mehr Einbahnstraßen sollen für Radfahrer gegen die Fahrtrichtung geöffnet, gefährliche Kreuzungen sicher gemacht, Radwege im Winter mit Priorität geräumt werden. Den Vorwurf, zu schnell zu viel zu wollen, versucht der „Volksentscheid Fahrrad“ zu entschärfen, indem im Gesetz mehr Zeit für die Umsetzung gelassen wird. Hintergrund dabei ist auch, dass die Initiative nach der Abgeordnetenhauswahl im Herbst auf einen neuen Senat hofft, mit dem sie ihr Radgesetz dann realisieren kann.
Die Kosten für die Umsetzung all ihrer Forderungen belaufen sich nach Angaben der Bürgerinitiative auf rund 320 Millionen Euro, verteilt auf sieben Jahre. Das ist pro Jahr rund das Dreifache dessen, was der Senat 2016 für den Radverkehr ausgeben will. Doch selbst mit diesem Etat liege Berlin noch deutlich hinter seinen Partnerstädten Paris, Madrid und London, sagte Initiator Heinrich Strößenreuther.
Der Senat hält ein Gesetz für den falschen Weg, um den Radverkehr in Berlin zu fördern. Die Forderungen seien zum Teil unrealistisch und nicht so leicht umsetzbar. „Kluge Verkehrspolitik ist immer ein Aushandlungsprozess zwischen den jeweils Beteiligten. Wir machen viel, und wir machen vieles richtig“, sagte Martin Pallgen, Sprecher der Verkehrsverwaltung. Pallgen räumte aber ein, dass mehr Tempo bei der Umsetzung nötig sei. Die Grünen hingegen sind überzeugt, dass der Senat mit gesetzlichen Mitteln zum Handeln gezwungen werden muss.
Ab Mai will der „Volksentscheid Fahrrad“ mit der Sammlung der ersten 20.000 Unterschriften für den Antrag auf das Volksbegehren starten. „Wir sind überzeugt, dass wir diese bis Juni zusammenhaben“, so Strößenreuther.