Die Polizei nutzt ein Haus in der Innenstadt nur bei Großlagen, um Randalierer zu verwahren. Ein SPD-Abgeordneter fordert den Verkauf.

In Berlin wird es eng. Die Hauptstadt muss Jahr für Jahr rund 40.000 Neu-Berliner unterbringen, zudem strömen immer mehr Touristen in die Stadt. Sie alle brauchen ein Dach über dem Kopf. Viele Baulücken sind deshalb verschwunden und Gebäude, die einst leer standen, wurden einer neuen Nutzung zugeführt. An der Kruppstraße in Moabit, in bester Innenstadtlage und keine zwei Kilometer entfernt vom Hauptbahnhof, steht ein etwa 50 Meter langer roter Klinkerbau dagegen fast das ganze Jahr lang leer. Das Haus gehört keiner privaten Immobilienfirma, die auf steigende Grundstückspreise spekuliert – sondern dem Land Berlin.

Genutzt wird es nur etwa sieben Mal im Jahr. Dann richten sich hier Polizei und Justiz ein, um bei krawallträchtigen Großdemonstrationen Randalierer zu vernehmen und vorübergehend in Gewahrsam zu nehmen. Ändern soll sich an der geringen Auslastung nichts. Das bestätigte die Polizei auf Anfrage der Berliner Morgenpost.

Früher war das Haus eine Kaserne

Erbaut wurde das Haus von 1887 bis 1889 als Erweiterung einer Kaserne für das 1. Garde-Feldartillerie-Regiment des Deutschen Reiches. Später wurde es als Abschiebegefängnis genutzt. Nun herrscht in den Fluren nur wenige Male im Jahr reges Treiben – vor allem bei den Ausschreitungen am 1. Mai. In der „zentralen Bearbeitung“ (ZEB) prüfen rund 300 Mitarbeiter von Polizei und Justiz, wegen welcher Delikte Festgenommene zur Rechenschaft gezogen werden könnten und beaufsichtigen sie. Die Hoffnung, in Kreuzberg im Schutz vermummter Gestalten ein bisschen Revolution spielen zu können, endete für so manchen Steineschmeißer auf einer harten Holzpritsche in einer der unzähligen Gefängniszellen des Hauses.

Für die Beamten, die am 1. Mai eingesetzt werden, sei die ZEB „von großem Wert“, so die Auskunft der Polizei. Bevor die Stelle vor rund zehn Jahren eingerichtet wurde, mussten die Beamten Straftaten am Rande von Ausschreitungen selbst aufnehmen. Im Eifer des Gefechts vergaßen sie mitunter wichtige Details, sodass Protokolle unvollständig waren und vor Gericht wichtige Beweise fehlten. Die Festgenommenen wurden nach Vernehmungen oft wieder freigelassen – sodass sie erneut randalieren konnten. Unter krawallaffinen 1.-Mai-Gängern sprach sich das herum. Die Justiz blieb daher oft ein zahnloser Tiger.

Um die ZEB einsatzbereit zu halten, unternimmt die Polizei einige Anstrengungen. So stehen 150 Computer, 169 Monitore und 33 Drucker bereit. Sie werden zwar, wie das gesamte Gebäude, nur wenige Tage im Jahr genutzt. Die Wartungskosten für die Technik betragen jährlich dennoch 5500 Euro. Miete und Betriebskosten lagen im Jahr 2013 bei 567.000 Euro. Die Polizei überweist die Summen an die landeseigene Gesellschaft Berlin Immobilien Management (BIM). Das Geld bleibt also in den öffentlichen Haushalten. Bei einer Vermietung an einen oder mehrere private Nutzer könnte das Land aber erhebliche Einnahmen erzielen.

Forderung nach Verkauf

Der SPD-Abgeordnete Tom Schreiber fordert daher, das Gebäude zu verkaufen oder für andere Verwaltungen zu nutzen. Um Randalierer in Gewahrsam zu halten und sie der Justiz zuzuführen, könnten mobile Gefangenensammelstellen und Büros auf einer landeseigenen Fläche anlassbezogen in Containern aufgestellt werden.

Die Innenverwaltung verfolgt keine solchen Pläne. Das Gebäude in der Kruppstraße sei „unabdingbar für die zentrale Bearbeitung bei Großlagen und anderen Einsätzen“, heißt es in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage Schreibers. Auch die Polizei will das Gebäude nicht aufgeben. Es gebe allerdings „Überlegungen, Bereiche des Gefangenenwesens dauerhaft in dem Gebäude unterzubringen“. Auch durch eine Verlagerung anderer Dienststellen könnte das Haus besser genutzt werden. Einen konkreten Zeitplan nennt die Behörde allerdings nicht.