Das Glas Champagner zum Anstoßen auf dem Modeevent, das kühle Bier nach einem anstrengenden Tag oder der gut gereifte Rotwein zum Entspannen in der Badewanne: Gelegenheiten zum Trinken gibt es viele. Wer da nicht mitmacht, ist schnell außen vor. Doch wie ist es wirklich, dem Alkohol abzuschwören – nicht weil man muss, sondern weil man will? Susanne Kaloff hat darüber ein Buch geschrieben. In „Nüchtern betrachtet war’s betrunken nicht so berauschend“ beschreibt sie, wie sich ihr Leben und ihre Beziehungen änderten, nachdem sie den Alkohol verbannt hatte. Beim Blick auf die Volksdroge komme es ihr so vor, als würde sie einem Exfreund zufällig auf der Straße begegnen und bei seinem Anblick denken: „Verrückt, dass ich mal auf ihn stand.“ Drei Fragen an die Autorin.
Wie kam es zu der Entscheidung, nichts mehr zu trinken?
Susanne Kaloff: Ich war mit Freundinnen aus, wir aßen zusammen und tranken ein Glas Wein. Bei der Frage nach einem zweiten Glas merkte ich plötzlich, dass ich gar keins mehr möchte. Ich bestellte statt einem weiteren Merlot eine Flasche Wasser und fühlte mich gut, die Stimmung war bestens, die Gespräche anregend, die Freundschaften wertvoll. Warum trinke ich überhaupt Alkohol, fragte ich mich auf der Heimfahrt. Beim Einschlafen spürte ich, dass ich es ausprobieren möchte, nicht mal nur paar Wochen ohne Drinks, sondern länger, als Selbstversuch.
Wie schlage ich galant „ein Glas in Ehren“ aus?
Kein Fass aufmachen. Einfach fröhlich „Nein, danke“ sagen, eine Notlüge ist auch manchmal okay, so etwas wie „Ich nehme grad Antibiotika“. Heute, knapp zwei Jahre seit dem Start des Selbstversuchs, sage ich einfach: Ich trinke nicht. Wenn einer fragt warum, antworte ich lächelnd: Weil ich ohne Alkohol glücklicher bin. Punkt.
Macht Alkoholverzicht einsam?
Macht er, jedenfalls zu Beginn. Man sollte sich ein halbes Jahr geben, das kann anfangs zwar unangenehm und hart sein, aber dann wird es so viel besser. Der Mensch sehnt sich nun mal danach, dazuzugehören. Die Gesellschaft trinkt, immer und überall und beinahe alle. Wenn man das nicht mehr tut, fühlt sich das erst mal schräg und falsch an. Heute fühle ich mich nur noch sehr selten ausgeschlossen. Menschen, die man mag, mag man auch nüchtern. Und jene, die man nüchtern nicht im Kopf aushält, verschwinden nach und nach aus dem Leben. Das ist in Ordnung.