Schönefeld. Zwei Monate nach der Eröffnung läuft es am BER weitgehend reibungslos. Doch die schwachen Fluggastzahlen zerstören die Finanzplanung.

Am neuen Hauptstadtflughafen BER ist voraussichtlich auch im ersten vollständigen Betriebsjahr wenig los. „Wir werden mindestens noch ein weiteres Jahr mit erheblichen Einbußen bei geringen Passagierzahlen verkraften müssen“, teilten der Betreiber, die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB), der Deutschen Presse-Agentur mit. Zehn bis elf Millionen Passagiere werden 2021 erwartet, weniger als ein Drittel verglichen mit der Zeit vor Ausbruch der Corona-Krise.

„Allein um die Kosten für den laufenden Betrieb zu decken, bräuchten wir aber etwa 20 Millionen Passagiere“, sagte Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup. Er rechnet nicht damit, dass der vor gut zwei Monaten eröffnete Flughafen die finanziellen Erwartungen schnell erfüllt. „Wir werden wohl erst 2024 oder 2025 wieder das Vorkrisenniveau erreichen.“

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Durch den Start der Impfungen könnte die Nachfrage nach Sommerurlaub 2021 zwar steigen. Jedoch: „Der Weg zur Normalität im Flugbetrieb ist sehr viel weiter, als wir alle gewünscht und gehofft haben“, sagte Lütke Daldrup. Weil in Berlin der Touristenanteil im Flugverkehr höher sei, könne sich der BER vielleicht aber schneller erholen als große Drehkreuze wie Frankfurt und München. Im Rekordjahr 2019 hatte es an den Flughäfen Tegel und Schönefeld noch knapp 36 Millionen Passagiere gegeben. 2020 wurden an den beiden Berliner Standorten lediglich 9,1 Millionen Fluggäste gezählt, etwa ein Viertel des Vorjahresniveaus. „Das Jahr 2020 war ein Jahr der Extreme, es war ein Erfolgs- und ein Horrorjahr zugleich“, sagte Lütke Daldrup.

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Nach jahrelangen Verzögerungen war am 31. Oktober 2020 der Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt (BER) eröffnet worden. Zugleich wurde eine Woche später der Flughafen Tegel aus dem Betrieb genommen. „Die ersten beiden Monate haben gezeigt: Die technischen Systeme funktionieren“, sagte Lütke Daldrup zum neuen Hauptstadtflughafen im Südosten Berlins. Es gebe kaum Verspätungen, die Rückmeldungen der Kunden und Besucher seien positiv. Klar ist jedoch, dass sich der aktuelle Flugverkehr kaum mit einem Flugbetrieb unter Volllast vergleichen lässt. Wie gut der Flughafen funktioniert, und ob das immer wieder kritisierte begrenzte Platzangebot vor den Sicherheitsschleusen auch in solchen Situationen funktioniert, wird sich voraussichtlich erst in mehreren Jahren zeigen.

Finanzlage der FBB wegen Corona weiter angespannt

Die niedrigen Fluggastzahlen schlagen zugleich auch voll auf die finanzielle Situation der Flughafengesellschaft durch. Bereits 2020 mussten die Gesellschafter Bund, Berlin und Brandenburg 300 Millionen Euro Corona-Hilfen an die Flughafengesellschaft zahlen, um den Weiterbetrieb angesichts der dramatischen Finanzlage zu sichern. 201,2 Millionen Euro davon sind als Darlehen geflossen, 98,8 Millionen Euro gingen als direkter Zuschuss an die FBB.

Auch für das neue Jahr wird von nötigen Zahlungen der öffentlichen Hand im dreistelligen Millionenbereich ausgegangen. "Unser Ziel war es, bis 2025 schwarze Zahlen zu schreiben“, ergänzte der Flughafenchef. „Corona hat uns einen Strich durch diese Rechnung gemacht.“ Angesichts der Baukosten des BER von insgesamt 6,7 Milliarden Euro gehen mehrere Experten jedoch davon aus, dass der Flughafen und somit auch die Flughafengesellschaft niemals wird profitabel arbeiten können. Auch eine mögliche Insolvenz stehe demnach im Raum, sollten Bund und Länder nicht weiteres Geld zuschießen.

Um der schlechten Finanzlage entgegenzuwirken, hat die FBB bereits in den vergangenen Monaten ein weitreichendes Sparprogramm initiiert. So wurde der geplante Ausbau des Flughafens verschoben. Auch das fertige Terminal 2 am neuen BER ist aus diesen Gründen zunächst nicht in Betrieb gegangen. Seit vier Wochen ist zudem eine der beiden Start- und Landebahnen des BER geschlossen. Geplant ist auch, das Altbauterminal 5, den früheren Flughafen Schönefeld, vorübergehend zu schließen. Lütke Daldrup hatte zudem angekündigt, in den kommenden Jahren insgesamt 400 Stellen bei der Flughafengesellschaft abzubauen. (mit dpa)