Schönefeld. Eine Ausweitung der Ruhezeiten brächte laut einer internen Berechnung neue Probleme für den Flughafen. Kritik kommt von Anwohnern.
Eine Ausweitung des Nachtflugverbotes am BER in Schönefeld hätte für das Passagiervolumen und die Wirtschaftlichkeit des Airports beträchtliche Folgen. Das geht aus einer internen Berechnung der Flughafengesellschaft FBB hervor, die der Berliner Morgenpost in Teilen vorliegt. Sie war vor einem Jahr in Auftrag gegeben worden, die Ergebnisse liegen jetzt vor.
Ab wann morgens und wie lange abends am BER geflogen werden darf, ist seit Jahren zwischen den Flughafen-Eigentümern Berlin, Brandenburg und Bund umstritten. Bislang ist ein striktes Flugverbot für die Zeit von 0 bis 5 Uhr vereinbart. Eine Stunde vor und nach dieser Nachtpause sollen Starts und Landungen nur eingeschränkt möglich sein. Aufgefordert durch ein erfolgreiches Volksbegehren hatte jedoch die brandenburgische Landesregierung wiederholt gefordert, das Flugverbot auszuweiten.
Geprüft wurde nun, welche Auswirkungen eine zusätzliche Stunde mehr Nachtruhe am Morgen für den Betrieb hätte. Der internen Berechnung der FBB zufolge droht dem BER bei einem absoluten Verbot aller Flüge zwischen 0 Uhr und 6 Uhr ein deutlicher Passagierrückgang. Mindestens 57 Millionen Fluggäste weniger könnten am BER zwischen den Jahren 2020 und 2035 abfliegen, heißt es. In ihrem Modell gehen die Betriebswirte der FBB von einem Szenario aus, in dem sich das Zeitfenster für Ausnahmeabfertigungen in der sogenannten Tagesrandzeit am Morgen um eine Stunde nach hinten verschiebt. In diesem Fall dürften verfrühte Maschinen am BER nur noch zwischen 6 Uhr und 6.30 Uhr landen statt wie bisher geplant zwischen 5 Uhr und 5.30 Uhr. Ein ausgedünnter Flugverkehr mit auch startenden Maschinen wäre dann nur zwischen 6.30 Uhr und 7 Uhr möglich, die aktuelle Regelung sieht ein Zeitfenster von 5.30 Uhr bis 6 Uhr vor.
„Je nach Marktreaktion“ sei so mit einem Verkehrsrückgang von acht bis 18 Prozent zu rechnen. In der Summe ergibt sich daraus für die Jahre 2020 bis 2035 ein möglicher Passagierrückgang von 57 bis 128 Millionen Fluggästen. Die Zahl der Flugbewegungen droht um 500.000 bis eine Million zu sinken – was auch zu erheblichen finanziellen Einbußen für die FBB führen würde. Die Gesamterlöse würden in dem Zeitraum um mindestens 650 Millionen Euro sinken. Im schlimmsten Fall sogar um 1,4 Milliarden Euro.
Vor allem Billigflieger starten am frühen Morgen
Größtes Manko sei aber der zu erwartende Rückgang bei den abgefertigten Passagieren. Eine offizielle Prognose der Londoner Beratungsfirma Steer Davies Gleave für die FBB geht davon aus, dass zur avisierten BER-Eröffnung 2020 rund 37 Millionen Menschen im Jahr von und nach Berlin fliegen werden. Träte ein verschärftes Nachtflugverbot in Kraft, könnten es bis zu sechs Millionen weniger sein. „Zwischen Angebot und Nachfrage ergäbe sich also eine Lücke“, sagt Carsten Schaeffer von der Luftverkehrsberatung Unex. „Millionen Fluggäste, die potenziell nach Berlin wollen, blieben auf der Strecke – auch weil gerade Billigflieger häufig am frühen Morgen starten.“ Er rechnet damit, dass in der Folge die Preise fürs Fliegen steigen. „Zudem könnte es in der übrigen Zeit am BER voller werden.“ Dabei sagen Kritiker schon jetzt, dass der BER bei Eröffnung wahrscheinlich zu klein sein wird.
Ob es zu einer Ausweitung des Nachtflugverbotes kommt, ist derzeit offen. Weitere Aussprachen zwischen Brandenburg und Berlin gab es zu dem Thema zuletzt nicht. Ursprünglich hatte sich Berlin auch für Flüge in den Tagesrandzeiten ausgesprochen.
Fluglärmgegner halten die neuen Zahlen der FBB für unrealistisch. „Dass die Auswirkungen so dramatisch wären, glauben wir nicht“, sagt Matthias Schubert vom Verein Kleinmachnow gegen Fluglärm. „Sobald der BER auf ist, werden wir wieder für die Einhaltung des Volksbegehrens mobilisieren.“ Am Mittwoch demonstrierten 200 Fluglärmgegner vor dem Reichstag.
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Anwohner scheitern mit Beschwerden zu Nachtflügen am BER