Schönefeld . In Berlin ist Bauland knapp und teuer, die Auflagen sind hoch. Investoren zieht es deshalb auch nach Schönefeld.

Die meisten Berliner kennen die direkt an den Südosten Berlins grenzende Gemeinde Schönefeld vor allem durch den Alt-Flughafen SXF – und den Großflughafen BER, der vor sechs Jahren eröffnet werden sollte und nach derzeitigem Kenntnisstand frühestens 2020 in Betrieb gehen wird. Doch neben der Problembaustelle geht es auf angrenzenden Baufeldern erstaunlich flott voran. So flott, dass statt der aktuell 15.000 Menschen schon bald 35.000 hier leben werden. Das Phänomen der boomenden Gemeinde hat nun auch das Analysehauses Bulwiengesa unter die Lupe genommen. „Wohnen im BER Umfeld“, heißt die von mehreren Unternehmen in Auftrag gegebene Studie, die am Dienstag vorgestellt wurde – und nur wenig Schmeichelhaftes für das Neubauklima in Berlin enthält.

„Willkommenskultur“ in den Umlandgemeinden

Anders als in Berlin, wo „lange Verfahren und Auflagen“ den Wohnungsbau dämpfen, herrsche in Schönefeld sowie in den anderen Umlandgemeinden im Süden eine regelrechte „Willkommenskultur“, heißt es in der Studie. In der Hauptstadt würde den Investoren im Rahmen des „Berliner Modells der kooperativen Baulandentwicklung“ auferlegt, dass 30 Prozent der Wohnfläche mit sozialer Mietpreisbindung vergeben werden müssen. Zudem würden ihm über städtebauliche Verträge die Kosten für soziale und technische Infrastruktur auferlegt, dazu kämen hohe Grundstückskosten.

„Für einige Investoren verliert der Berliner Wohnungsmarkt dadurch an Attraktivität“, heißt es weiter. Lange Bebauungsplanverfahren aufgrund von Personalmangel werden ebenfalls auf der Negativ-Liste geführt. Erschwerend hinzu kämen „die Bezirke, die sich zuletzt häufiger gegen großflächige Bebauungspläne ausgesprochen“ hätten. Und dass es „an vielen Standorten Brandenburgs ein besseres Betreuungsangebot für Kinder gibt“. Von diesen Faktoren und zugleich der hohen Bevölkerungsdynamik Berlins profitiere der Speckgürtel. Und besonders die Gemeinde Schönefeld. 3310 Menschen, und damit fast ein Drittel der Menschen, die im Jahr 2015 Berlin in Richtung Speckgürtel verließen, hätten sich im BER-Umfeld angesiedelt.

Rundgang durch den Flughafen BER

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    Unter den Bauträgern und Projektentwicklern in der Region Berlin-Brandenburg hat insbesondere Rathauschef Udo Haase viele Fans. „Er ist aufgeschlossen und tritt Bauvorhaben sehr positiv gegenüber“, lobt etwa Bonava-Regionsleiter Helmut Kunze den parteilosen Bürgermeister der Gemeinde Schönefeld. Das Unternehmen hat gerade knapp 100 Wohnungen am Schönefelder Bayangol-Park fertig gestellt, weitere 1000 seien im Umfeld in Planung. Der Mietpreis liege bei 10,40 Euro je Quadratmeter.

    „Auch hier wird über Neubauprojekte gestritten, aber es herrscht ein Grundkonsens, dass Wohnungsbau wichtig ist“, ergänzt Susanne Klabe, Geschäftsführerin des Landesverbands Berlin-Brandenburg Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW). Und der so hoch geschätzte Bürgermeister kann am heutigen Mittwoch wieder das tun, wofür ihn alle loben: den Ersten Spatenstich für ein weiteres Wohnungsbauprojekt im stark wachsenden Ortsteil Neu-Schönefeld setzen.

    Die sogenannten „Sonnenhöfe“ im Sternenviertel umfassen559 Mietwohnungen. Die 16 vier- und fünfgeschossige Gebäude verteilen sich auf einem 38.000 Quadratmeter großen Grundstück, vorgesehen sind zudem drei begrünte Innenhöfe mit Spielplätzen sowie zwei Tiefgaragen mit 700 Stellplätzen. Die Mietpreise liegen bei 11,50 Euro je Quadratmeter aufwärts. Im August 2021 soll alles fertig sein, teilt der Investor, die Sonnenhöfe GmbH & Co. KG, ein Joint Venture, der Eyemaxx Real Estate AG und Deutsche Immobilien Entwicklungs AG (DIE), mit. Die Gesamtinvestitionskosten liegen nach Auskunft des Unternehmens bei 170 Millionen Euro. In zwei weiteren Gebäuden entlang der Hans-Grade-Allee entstehen zudem viergeschossige Bürogebäude mit 11.400 Quadratmetern Nutzfläche.

    Investoren zeigen sich vom Pannen-BER unbeeindruckt

    Für Hans-Peter Werner, Leiter Projektentwicklung der DIE AG, ist Neu-Schönefeld der ideale Standort für Entwickler und Investoren: „Wo sollten wir investieren, wenn nicht hier. Alles läuft eine ideale zeitliche Abstimmung hinaus. Wir sind mit unserem Projekt Sonnenhöfe im Sternenviertel in einer hervorragenden Nähe zur Eröffnung des Hauptstadt-Flughafens BER 2020. Dadurch bieten wir der wachsenden Nachfrage nach Mietwohnungen mit einem intelligenten Wohnraumkonzept und zeitgemäßen Büroflächen in der grünen Boomregion Neu-Schönefeld ein hochattraktives Angebot.“ Die Sonnenhöfe seien, obschon in direkter Nähe zum Hauptstadtflughafen, aufgrund ihrer besonderen Lage außerhalb der Lärmkorridore der startenden und landenden Flugzeuge, so Werner weiter.

    Überhaupt geben sich die Investoren betont unbeeindruckt von der Frage, wann der BER in Betrieb gehe und wie hoch die Lärmbelastung werde. „Flugzeuge fliegen ja auch heute schon, und die Menschen, die hier herziehen, wissen, woran sie sind“, sagt Bonava-Regionalleiter Kunze. In Frankfurt am Main oder Düsseldorf werde auch fast alles überflogen. Ein Flughafen sei zudem immer auch ein Jobmotor. „Bis heute haben sich rund 2400 Firmen im BER-Umfeld niedergelassen“, heißt es in der Studie. Zudem sei auch der Standort Adlershof auf Berliner Seite gut zu erreichen und sorge für viele Arbeitsplätze. Außerdem habe Schönefeld eine ideale Verkehrsanbindung an das öffentliche Bus- und S-Bahnnetz von Berlin, die Autobahnen A117 und A113, die Bundesstraßen B96 und B96a und an den Fernverkehr mit der Bahn.

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