Abriss und Neubau?

Lufthansa sorgt mit BER-Äußerung für Wirbel

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Joachim Fahrun
Terminalgebäude des Flughafen BER bei Nacht

Terminalgebäude des Flughafen BER bei Nacht

Foto: imago stock / imago/Olaf Selchow

Der Vorstand sagt den Abriss und Neubau des BER voraus. Berlins Politik reagiert verschnupft.

Berlin/Schönefeld. Im Oktober 2017 schien es so, als sei zwischen der Lufthansa und der deutschen Hauptstadt alles wieder gut. Airline-Chef Carsten Spohr sprach vor Wirtschaftsvertretern im Capital Club am Gendarmenmarkt. Er erneuerte die Zusage, den Direktflug nach New York, den Air Berlin bis zum Zusammenbruch angeboten hatte, wieder aufzunehmen. Er versicherte auch, die mit weitem Abstand größte deutsche Fluggesellschaft werde sich weiter für Berlin engagieren. Man sollte den Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup dabei unterstützen, den BER ans Netz zu bringen, sagte Spohr. Als künftiger „Heimatcarrier“ am BER werde sich die Lufthansa gern in die weitere Flughafenplanung einbringen.

Kein halbes Jahr später ist alles anders. Denn der New-York-Flug wird eingestellt. Und Lufthansa-Vorstand Thorsten Dirks prognostizierte bei einer Tagung in Bayern, der BER werde „abgerissen und neu gebaut“. Die Meldungen, die auf dieser Aussage des Managers basierten, machten daraus eine offizielle Prognose der Lufthansa.

Berlins Politik reagierte verschnupft. „Die drei Gesellschafter sind sich einig: Der Flughafen wird fertiggebaut“, sagte Senatssprecherin Claudia Sünder. Anstatt darüber nachzudenken, wie das Lufthansa-Logo von Gelb in Blau ausgetauscht wird, „wäre es gut, wenn sich der Konzern um ein angemessenes und verbindliches Engagement in der Hauptstadt“ bemühte. Der Flughafenchef nannte Dirks Aussage gar „Unsinn“. Die Lufthansa wäre „gut beraten, sich um Langstrecken für die Hauptstadt zu kümmern“, sagte Lütke Daldrup.

Verbindung von Tegel in die USA war nicht wirtschaftlich

So war es jahrelang. Das Verhältnis zwischen Lufthansa und Berlin war eisig. Die Kranich-Airline schaute zu, wie sich der Luftverkehr in seiner Gründungsstadt rasant entwickelte, setzte jedoch weiter auf Frankfurt/ Main und München, Zürich und Brüssel als Umsteigeknoten.

Das Aus für die groß angekündigte Übernahme der New-York-Verbindung aus der Air-Berlin-Konkursmasse erklärt die Lufthansa mit dem unpassenden Zeit-Slot und schlechter Auslastung. Es war immer geplant, ab dem Sommer die Strecke nicht mehr von der Lufthansa selbst fliegen zu lassen, sondern von der Billigtochter Eurowings. Jedoch habe Eurowings nur sehr ungünstige Zeiten für Landung und Start auf dem New Yorker Flughafen JFK erhalten.

Weil die Verbindung schon zuvor nicht wirtschaftlich gewesen sei, habe die von Dirks geführte Tochterfirma nun entschieden, die Verbindung nicht zu bedienen. Es fehle in Berlin nach wie vor an zahlungskräftigen Gästen, die die gewinnbringenden Business- oder First-Class-Tickets buchten, sagte der Luftfahrtexperte Cord Schellenberg. Das Problem für Lufthansa sei auch, dass Eurowings an den ungünstigen Terminen keine Zubringer-Passagiere aufnehmen könne.

Rundgang durch den Flughafen BER
Rundgang durch den Flughafen BER

United fliegt täglich nonstop nach New York

Die Berliner müssen sich nun weiterhin auf die US-Airline United verlassen. Die fliegt täglich um 9.45 Uhr nonstop nach New York. Das könnten die Amerikaner machen, weil sie anders als die Lufthansa am JFK ein Drehkreuz betreiben und Berlin-Passagiere aus anderen Städten dorthin fliegen. Ab Mai bietet auch Delta eine Verbindung zwischen TXL und New York an.

Dass sich die Lufthansa nicht wie erhofft an Berlins Flughäfen engagiert, ist das eine. Dass sich die Frankfurter aber in die Berliner Flughafendebatte einmischen, sorgt für noch größeren Ärger in der Berliner Politik. Beim „Unternehmertag am Tegernsee“ hatte Eurowings-Chef und Lufthansa-Vorstandsmitglied Dirks laut der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ über den BER gesprochen: „Meine Prognose ist: Das Ding wird abgerissen und neu gebaut.“ Die Lufthansa stehe vor dem Problem, dass ihre Ausstattung im Hauptstadtflughafen zwar in­stalliert, nach jahrelanger Verzögerung der Eröffnung inzwischen aber bereits überholt sei.

Dirks habe seine Aussage zum BER zugespitzt

Dirks Chef Carsten Spohr war wenig erfreut über die laxen Sprüche seines Untergebenen, die im Widerspruch zu seinen eigenen Worten stehen. Seine PR-Leute reagierten. „Selbstverständlich“ plädiere die Lufthansa Group nicht für einen Neubau des BER. Dirks habe seine Aussage zum BER zugespitzt, hieß es. Denn die Serie von Terminverschiebungen seit dem ersten Spatenstich 2006 sei auch eine „außerordentliche Belastung für Airlines“, so Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber.

Flughafenchef Lütke Daldrup sagt zwar selbst, dass es 2013 oder 2014 womöglich die bessere Option gewesen wäre, das technisch überaus komplizierte Terminal-Gebäude zu entkernen und neu zu bauen. Aber seitdem ist viel Zeit vergangen. Inzwischen geht er davon aus, die Baumängel identifiziert und weitgehend behoben zu haben. Man arbeite wesentlich daran, die Abnahmen durch die Baubehörden zu ermöglichen. Eröffnet werde der BER im Herbst 2020, betonte Lütke Daldrup.

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