In der jüngsten Führungskrise am künftigen Hauptstadtflughafen BER will der Aufsichtsrat am heutigen Montag unter dem Vorsitz von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) über die Nachfolge von Flughafen-Geschäftsführer Karsten Mühlenfeld beraten. Die Suche gestaltet sich offenbar schwieriger als erwartet. Wie die Berliner Morgenpost aus dem Umfeld der Gesellschafter erfuhr, ist der zuletzt als Favorit gehandelte Finanzchef des Flughafens München, Thomas Weyer, seit Sonntag aus dem Rennen. Damit stehen derzeit offenbar keine externen Fachleute für den Posten zur Verfügung.
Nun könnte es doch darauf hinauslaufen, dass Engelbert Lütke Daldrup, Staatssekretär und Flughafenkoordinator in der Berliner Senatskanzlei, den Posten an der Spitze der Gesellschaft übernimmt. Im Gespräch waren in den vergangenen Tagen auch der Geschäftsführer des Flughafens Köln/Bonn, Michael Garvens, und Michael Clausecker, ehemaliger Bombardier-Chef. Beide sind offenbar ebenfalls keine Option mehr. Ambitionen werden dagegen Rainer Bomba, Verkehrsstaatssekretär beim Bund, nachgesagt.
Der Weg für Mühlenfelds Ablösung ist frei
Der Weg für die Ablösung von Noch-Geschäftsführer Karsten Mühlenfeld ist in jedem Fall frei. Brandenburg hat seine Blockadehaltung nach intensiven Gesprächen aufgegeben. Die beiden Mitgesellschafter Berlin und der Bund hatten sich bereits in der vergangenen Woche in der Aufsichtsratssitzung für die Ablösung des ehemaligen Rolls-Royce-Managers ausgesprochen. Sie werfen ihm vor, sich mit der Freistellung von Technikchef Jörg Marks über ihren erklärten Willen hinweggesetzt zu haben.
Dieser Fehler legte das Scheitern am BER schon 2006 an
Marks soll nun an den BER zurückkehren, wie die Berliner Morgenpost erfuhr. Mühlenfeld könnte dagegen die fristlose Entlassung drohen, weil der Rauswurf von Marks als Vertrauensbruch gewertet wurde. Brandenburg hält inzwischen auch nicht mehr an ihm fest. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte ihn als Nachfolger von Hartmut Mehdorn empfohlen. Der Bund trug die Personalie im Februar 2015 nicht mit.
Dass am heutigen Montag ein Nachfolger für Mühlenfeld vorgeschlagen wird, scheint gewiss. Brandenburg machte am Sonntag erneut deutlich: Einer Ablösung von Mühlenfeld könne Brandenburg nur zustimmen, „wenn es eine fachlich qualifizierte direkte Nachfolge gibt“, unterstrich Regierungssprecher Florian Engels. „Alle sind sich einig, dass eine zügige Inbetriebnahme des BER im Vordergrund stehen muss.“ Engels betonte, die Beteiligten hätten sich darauf verständigt, bis zur Sitzung Stillschweigen zu bewahren.
Müller könnte den Vorsitz im Aufsichtsrat abgeben
Womöglich steht mit der Neubesetzung der Geschäftsführung auch ein Umbau des Aufsichtsrates bevor. Berlins Regierungschef Müller könnte den Vorsitz an seinen bisherigen Stellvertreter, den Brandenburger Staatssekretär Rainer Bretschneider, abgeben. Dies hätte wohl zur Folge, dass auch die Berliner Vertreter, Kultursenator Klaus Lederer (Linke) und Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne), den Aufsichtsrat verlassen, weil sie dem Gremium als Senatoren nicht unter der Führung eines Staatssekretärs angehören wollen. Der brandenburgische Landesrechnungshof fordert schon lange, dass Politiker nicht mehr Mitglied in dem Kontrollgremium sein sollen. Auch aus Sicht der Vereinigung der Aufsichtsräte in Deutschland ist es Zeit für einen Rückzug von Politikern aus dem Aufsichtsrat. Sie gehörten bei einem öffentlichen Unternehmen in die Gesellschafterversammlung, betonte der Vorstandsvorsitzende des Vereins, Peter Dehnen. „Dort haben sie Kontrolle über das Kapital, das reicht.“
Berlin, Brandenburg, Bund: Wer will was am BER?
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) würde einen Rückzug des Regierenden Bürgermeisters aus dem Flughafen-Aufsichtsrat begrüßen. „Ein Ausscheiden Müllers aus dem politisch dominierten Aufsichtsrat wäre ein geeigneter Anlass, in dem Gremium kompetente Wirtschafts- und Bauexperten zu installieren“, sagte der Brandenburger BdSt-Landeschef Ludwig Zimmermann.