Sechs Herren in dunklen Anzügen stehen an einem milden Spätsommertag lachend vor einem Bauschild und lassen den Sand von ihren Spaten fliegen. Vor genau zehn Jahren wurde in Schönefeld mit einem symbolischen ersten Spatenstich der Baubeginn für den „modernsten Flughafen Europas“ gefeiert. Von der damaligen Aufbruchsstimmung ist nichts mehr zu spüren, ein Ende des milliardenschweren Desasters noch nicht in Sicht.
Im Gegenteil, es gibt erneut Irritationen: „Es gibt noch eine Chance, 2017 zu eröffnen“, sagt der aktuell amtierende Flughafenchef Karsten Mühlenfeld. Nach einer Garantie klingt das nicht. Im Oktober soll es Gewissheit geben – nach der Abgeordnetenhauswahl.
Die Grünen-Politikerin Ramona Pop hatte im Interview mit der Berliner Morgenpost dagegen den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) aufgefordert, noch vor der Wahl zu erklären, ob der Eröffnungstermin zu halten ist. Dafür hat der SPD-Abgeordnete Sven Kohlmeier offenbar gar kein Verständnis. Via Twitter überlegte er, ob Pop der Termin vor allem wegen der „Kleiderwahl für die Eröffnungsfeier“ wichtig sei. Die Grünen reagierten und bezeichneten die Äußerung postwendend als „peinlich und frauenverachtend“.

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Die seltsame Lethargie, die über der Baustelle hängt, scheint inzwischen auch die Lufthansa ergriffen zu haben: Die Airline hat sich für eine weitere Verschiebung des Eröffnungstermins des neuen Hauptstadtflughafens BER ausgesprochen. Er solle lieber im Sommer 2018 in Betrieb gehen.
Zur Begründung heißt es, man wolle „einen knapp genähten Winterflugplan“ vermeiden. Der Blick in die Zukunft verrät also vorerst nichts Neues. Doch was ist eigentlich aus den Verantwortlichen von damals geworden? Die Berliner Morgenpost gibt einen Überblick:
Rainer Schwarz Der Karriere des Ex-Flughafenchefs Rainer Schwarz hat das BER-Desaster kaum geschadet. Zwar wurde er nach der dritten Verschiebung des Eröffnungstermins im Januar 2013 zunächst beurlaubt und im Juni 2013 schließlich gekündigt. Doch der geschasste Manager konnte sich über eine Gehaltsfortzahlung in Höhe von 1,2 Millionen Euro bis zum Mai dieses Jahres freuen. Zudem bekam er auch schnell einen neuen Job. Ende 2014 wurde er Geschäftsführer des Flughafens Rostock-Laage. Voraussichtlich Anfang 2017 wird der 59-Jahrige als Geschäftsführer zum Flughafen Münster-Osnabrück wechseln.
Hartmut Mehdorn Auf unserem Foto posiert Mehdorn noch als Bahn-Chef. 2009 wechselte er jedoch in die Luftfahrtbranche – er zog in den Verwaltungsrat der Fluggesellschaft Air Berlin ein. 2011 wurde Mehdorn in den Aufsichtsrat von Air Berlin berufen und war ab September 2011 bis Anfang 2013 übergangsweise Chef der Airline. Nach dem Abgang von Schwarz wurde Mehdorn auf Wunsch des damaligen Brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH. Am 15. Dezember 2014 kündigte Mehdorn überraschend seinen Rücktritt vom Chefposten an. Sein Vertrag sollte eigentlich erst 2016 auslaufen. Am 31. März 2015 verabschiedete sich Mehdorn mit 72 Jahren in den Ruhestand.
Klaus Wowereit (SPD) Der damalige Regierende Bürgermeister von Berlin war einer von vier Vertretern des Landes Berlin im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft und ab 2006 Aufsichtsratsvorsitzender. Kritiker warfen ihm deshalb auch vor, die zahlreichen Probleme nicht rechtzeitig erkannt zu haben. Politisch hatte das für den einstmals so beliebten Landeschef bittere Konsequenzen: Am 7. Januar 2013 musste er zunächst als Aufsichtsratsvorsitzender zurücktreten. Einen von der Opposition eingebrachten Misstrauensantrag überstand er kurz darauf zwar noch. Seine Popularität war jedoch im Sinkflug. Am 26. August 2014 verkündete Wowereit, dass er sein Amt am 11. Dezember 2014 niederlegen und sich aus der aktiven Politik verabschieden werde. Daran hat er sich bis heute gehalten. Im „Spreeradio“ ist der 62-Jährige gelegentlich als Kommentator zu hören.
Matthias Platzeck (SPD) Der damalige Brandenburgische Ministerpräsident war einer von vier Vertretern des Landes Brandenburg im Aufsichtsrat der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH. Nachdem Wowereit das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden niederlegte, übernahm Platzeck den Job. Wenige Monate später, im Juni 2013, erlitt der beliebte Politiker einen Schlaganfall. Aus gesundheitlichen Gründen trat er am 28. August des Jahres von allen politischen Ämtern zurück. Anders als Wowereit ist der 62-Jährige weiter politisch aktiv: als Schlichter im Tarifstreit bei der Deutschen Bahn und bei der Lufthansa, als Mitglied der Expertenkommission zum Atomausstieg. Außerdem engagiert er sich im Deutsch-Russischen Forum.
Wolfgang Tiefensee (SPD) Der damalige Bundesverkehrsminister verkündete noch 2009, in seinem letzten Amtsjahr, der Flughafenbau in Schönefeld käme „mit Riesenschritten voran“. Politisch geschadet hat ihm sein verfrühter Optimismus in Sachen Flughafeneröffnung jedenfalls nicht. Der heute 61-Jährige ist seit 2014 Wirtschafts- und Wissenschaftsminister in Thüringen.
Thomas Weyer Weyer wechselte Anfang 2004 vom Baukonzern Hochtief als technischer Geschäftsführer in die Führungsspitze der Flughafengesellschaft. Der 56-jährige Technik-Chef war bis 2008 im Amt. Im Frühjahr 2008 reichte er überraschend seine Kündigung ein und wechselte zur Konkurrenz nach Bayern. Seit 2008 ist er Finanzchef des Münchener Flughafens.