SIMONE JACOBIUS
Sich von jetzt auf gleich nur noch vegan zu ernähren, machen die wenigsten. Es würde schon eine gewisse Herausforderung darstellen. Aber es gibt Menschen wie Stefanie Sluschny, die bei der Ernährungsumstellung kostenlos mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sie ist „Buddy“ beim Vegetarierbund Deutschland und hat mit uns darüber gesprochen, wie man am besten Veganer wird.
Berliner Morgenpost: Frau Sluschny, wie wird man am einfachsten vegan, ist das ein schleichender Prozess?
Stefanie Sluschny: Die meisten entscheiden sich zunächst für eine vegetarische Ernährung und gestalten ihren Speiseplan dann schrittweise mit immer mehr veganen Produkten. Bei mir war es auch so. Als Vegetarierin habe ich mich mehr mit den Bedingungen der Tiere in der Massentierhaltung auseinandergesetzt. Schließlich wurde mir klar, dass auch für Milch und Eier Tiere leiden müssen, ebenso wie für Pelz und Leder. Deshalb setzte ich immer mehr auf vegane Alternativen und merkte ziemlich schnell, dass ich eigentlich gar keine Tierprodukte brauche. Es gibt auf der anderen Seite natürlich auch Menschen, die über Nacht vegan werden. Die Hauptsache ist, dass man es entspannt angeht und sich selbst nicht zu sehr unter Druck setzt. So findet jeder seinen eigenen Weg zu einer Lebensweise ohne Tierleid.
Was muss ich als erstes tun, Kühlschrank und Speisekammer ausmisten?
Komplett ausmisten muss man nicht. Für mich war die einfachste Möglichkeit, nach und nach für alle aufgebrauchten Lebensmittel pflanzliche Alternativen einzukaufen. Wenn also zum Beispiel die Milch alle ist, wird beim nächsten Einkauf einfach Soja- oder Mandelmilch mitgenommen. Und statt Wurst und Käse als Brotbelag entscheidet man sich für die jeweilige Veggie-Variante oder einen leckeren veganen Aufstrich. Anschließend kann man dann neue Rezepte ausprobieren. Übrigens sind die meisten überrascht, wie viel von ihren Vorräten bereits vegan sind, zum Beispiel Reis, Nudeln, Brot und Marmelade.
Sollte ich mich auch gleich von all meinen Schuhen und Lederjacken trennen?
Bei Kleidung aus Leder und anderen tierischen Stoffen wie Wolle oder Seide rate ich dazu, wie auch bei den Lebensmitteln, nicht direkt alles wegzuwerfen. Es ist umweltfreundlicher, ein Kleidungsstück noch so lange wie möglich zu tragen, bevor man sich ein neues Teil kauft. Wer sich dabei unwohl fühlt, kann die Sachen auch online oder auf Flohmärkten verkaufen, sie Freunden schenken, oder natürlich an Bedürftige spenden.
Wie hoch darf die Toleranzgrenze zu nicht veganen Produkten in der Anfangsphase sein?
Man sollte nicht zu streng mit sich sein. Es gibt keine „Vegan-Polizei“, die vorschreibt, was man essen darf und was nicht. Anfangs kann es häufiger passieren, dass man vermeintlich vegane Produkte kauft und im Nachhinein doch noch tierische Bestandteile in der Zutatenliste entdeckt. Das ist kein Problem. Für den nächsten Einkauf weiß man dann Bescheid und kann sich bewusst für die pflanzliche Option entscheiden.
Was sind die häufigsten Probleme von Vegan-Anfängern?
Viele vermissen den Geschmack von Käse. Zum Glück gibt es Käsealternativen in fast jedem Supermarkt. Mir haben da auch die Rezepte von Online-Blogs geholfen, mit denen ich zum Beispiel Tofu-Feta und vegane Käsesoße für Nudeln einfach selbst zubereiten kann. Besonders von Jüngeren höre ich oft, dass vegane Ernährung schwierig ist, wenn man noch Zuhause wohnt. Mein Tipp: Kocht doch mal etwas für eure Eltern. Sie werden sehen, dass vegan sehr lecker und gesund sein kann. Und ihr zeigt außerdem, wie sehr euch das Thema am Herzen liegt.
Was erwartet mich auf dem Sommerfest beim „Ask a Vegan“-Stand?
Der „Ask a Vegan“-Stand ist dafür gedacht, dass Besucher des Sommerfests sich mit Menschen austauschen können, die selbst schon vegan leben. Wir erzählen dann von unseren Erfahrungen, von den Vorteilen, die uns eine vegane Ernährung bringt und von den eventuellen Schwierigkeiten, die bei der Umstellung zu einer pflanzenbasierten Lebensweise auftauchen könnten. In einer gemütlichen Atmosphäre kann man sich hier nett unterhalten, praktische Tipps holen und alle Fragen loswerden, die einem schon lange auf der Seele brennen. Der Stand steht das ganze Sommerfest lang zur Verfügung. Am Sonntag bin ich von 14 bis 16 Uhr dabei.
An wen kann man sich außerhalb des Sommerfestes wenden, wenn man einen Buddy benötigt?
Auch außerhalb des Sommerfestes gibt es viele Möglichkeiten, mit anderen vegan lebenden Menschen in Kontakt zu kommen. In Deutschland gibt es die VEBU-Regionalgruppen, die vor Ort verschiedene Aktivitäten wie gemeinsame Koch- und Grillabende, Mitbringbrunches oder Aktions- und Infostände planen. Diese Gruppen sind immer die richtige Anlaufstelle, für konkrete Tipps zur veganen Ernährung und Lebensweise. Alle vegan-Interessierten sind außerdem zum Stammtisch von Berlin-Vegan eingeladen, der zweimal im Monat, an jedem ersten Freitag und immer am 17. des Monats, stattfindet. Einen einfachen Start in eine pflanzliche Lebensweise ermöglicht die ‚Vegan Taste Week’ der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt.