Anreise. Ich stehe mit Frau, beiden Kindern und meiner Mutter im Wartebereich des Flughafens Schönefeld. Ich stehe, weil ich nirgends sitzen kann. Denn hier stellt man pro 1000 Passagiere nur eine halbe Sitzgelegenheit bereit. Stattdessen riesige Verkaufsflächen, wo man überflüssigen Mist kaufen kann, Süßigkeiten im Kilopack zum Beispiel. Kopfschüttelnd wundere ich mich, warum die Leute immer nur auf Tegel schimpfen.
„Schlechte Laune?“, fragt meine Frau.
„Alles gut“, sage ich.
Ich freue mich ja auch auf den Urlaub. Es geht für eine Woche nach Italien, in einen kleinen Kurort in der Nähe von Padua. Ein Hotel, ein Pool, ein Buch, wenig Leute, Ruhe. Wunderbar. Nur müssen wir erst einmal hinkommen. Ich beobachte meinen zehnjährigen Sohn. Er will sich auf seinen Rollkoffer setzen.
„Lass das besser.“
Er hört nicht auf mich und kippt um. Ihm passiert dabei nichts, aber dem Koffer. Beim Umfallen verbiegt sich die herausgezogene Teleskopstange, und zwar so, dass sie sich nicht mehr hereinschieben lässt. Aus dem handlichen, kleinen Kinderkoffer ist auf diese Weise plötzlich ein monströs sperriges Teil geworden, das im Flugzeug Probleme bereiten wird.
„Hervorragend“, sage ich.
Wir stehen jetzt in der Schlange am Gate. Kurz vor der Ausweiskontrolle sieht meine Frau noch einmal unsere Reisepässe durch. Sie starrt fassungslos auf ihren eigenen Pass.
„Oh mein Gott.“
„Was?“
„Falscher Pass. Der hier ist seit 2007 abgelaufen.“
„Und wo ist der richtige?“
„Zu Hause.“
„Ah. Ausgezeichnet.“
Meine Frau wird dann tatsächlich am Gate aussortiert, das Flugzeug in Sichtweite. Die Kontrolleurin sagt, es wäre ja okay gewesen, wenn der Pass erst drei oder vier Jahre abgelaufen gewesen wäre. Aber elf Jahre, das sei nun wirklich zu viel. Zuerst will ich eine Diskussion über diesen Schwachsinn anfangen, aber es muss jetzt schnell gehen. Wir entscheiden, dass meine Frau umbucht, nach Hause fährt, den richtigen Pass holt und mit dem nächsten Flug nachkommt. Im Flugzeug verstaue ich mit hoher Kunstfertigkeit den Koffer meines Sohnes und versichere beiden Kindern auf ihre besorgte Nachfrage, dass weder unser Flugzeug noch das von Mama abstürzen wird. Wir kommen gut ins Hotel, abends erscheint dann dort auch meine Frau. Endlich Urlaub.
Abreise. Eine herrliche Woche war das, alle sind maximal entspannt. Eine Freundin ist noch dazugekommen, sie hat zwei Jungs, sechs und zehn Jahre alt. Einmal hat der Zehnjährige dem Sechsjährigen im Pool versehentlich einen Fußtritt ins Gesicht verpasst. Das Nasenbluten wollte gar nicht mehr aufhören und versaute einige Handtücher. Sonst keine besonderen Vorkommnisse. Wir beschließen, dass ich mit der Freundin und den beiden Jungs im Mietauto zum Flughafen fahre, das andere Auto ist zu voll. Wir starten rechtzeitig und stellen nach einer halben Stunde fest, dass wir die ganze Zeit in die falsche Richtung gefahren sind. Macht nichts, wir drehen um. Auf der Autobahn gibt die Freundin etwas mehr Gas, damit wir das Flugzeug noch kriegen.
„Mir ist schlecht“, sagt der Sechsjährige im Fond.
„Nicht kotzen! Nicht kotzen!“, schreit die Freundin.
Aber zu spät. Alles voll. Kurz darauf stehen wir am Seitenstreifen der stark befahrenen Straße und putzen Kind und Polster. Mit viel Wasser und etwas Parfüm kriegen wir das Auto durch die Kontrolle beim Vermieter am Flughafen und hetzen zum Gate. Zwei Stunden später sind wir alle wieder in Berlin.
„Nächstes Jahr wieder?“, fragt meine Frau. Ich lache.
„Na logisch“, sage ich.
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