Nach einer Trennung beginnt oft der Kampf um den Nachwuchs. Väter machen jetzt auch mobil: Sie wollen sich nicht mehr an den Rand drängen lassen
Irgendetwas war anders als sonst. Das hatte er gleich gemerkt, als er von der Arbeit nach Hause kam und die Wohnungstür aufschloss. Pauls* Anorak hing nicht an der Garderobe. Auch seine winzigen Nikes waren verschwunden. Die Wohnung wirkte überhaupt merkwürdig leer ohne seinen Sohn. Tim Koletzki* sagt, es sei ein Gefühl gewesen, als hätte ihm jemand das Herz herausgerissen. Juana*, seine Lebensgefährtin, war gegangen, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Paul, den gemeinsamen Sohn, hatte sie mitgenommen.
Über drei Jahre ist das jetzt her, und wenn Koletzki das erzählt, klingt er, als könne er das immer noch nicht glauben. Er sitzt auf der Dachterrasse seines Appartements in Kreuzberg. Ein braungebrannter Endvierziger in Bermudas und weißem Hemd. Er sieht aus, als käme er gerade aus dem Urlaub. Dabei, sagt er, zerre der Streit um Paul an seinen Nerven.
Er und Juana waren nicht verheiratet. Sie kam als Aupair aus Südamerika. Sie kannten sich kaum. Acht Monate hat es gedauert, bis ihm das Gericht das gemeinsame Sorgerecht für den Sohn eingeräumt hat. Der Schriftverkehr mit Anwälten, Ämtern und Behörden füllt inzwischen sechs DIN-A4-Ordner. Sein Sohn lebt jetzt mit der Mutter in der Pfalz. Er holt ihn jeden zweiten Donnerstag für ein langes Wochenende nach Berlin, 620 Kilometer hin, 620 Kilometer zurück. Man kann sagen: Der Kampf um seine Rechte als Vater bestimmen sein Leben.
Tim Koletzki ist nicht allein. In Deutschland werden jedes Jahr allein 170.000 Ehen geschieden. Der Kampf um die Kinder wird schon lange nicht mehr nur von den Müttern geführt. Seit 1998 ist die gemeinsame Sorge im Kindschaftsrecht verankert. Seit 2013 können sie auch unverheiratete Väter erlangen, wenn es sein muss, auch gegen den Willen der Mütter.
Unglaubliche Dramen in deutschen Gerichtssälen
Das Sorgerecht betrifft aber nur wenige wesentliche Entscheidungen wie die Wahl der Schule oder des Wohnortes. Entscheidend für den Kontakt zu beiden Eltern ist das Umgangsrecht. Doch das wurde nicht neu geregelt. Dementsprechend hoch ist die Zahl der Prozesse um das Umgangsrecht. Sie hat sich seit der Reform des Kindschaftsrechts mehr als verdoppelt. Waren es 1997 noch 22.727 Prozesse, waren es 2013 schon 56.000. Jürgen Rudolph, Anwalt für Familienrecht, sagt, unter seinen Mandanten seien zwar inzwischen mehr Frauen als Männer. Es seien aber insgesamt eher die Väter, die von der Sorge um die Kinder herausgedrängt werden sollten (siehe Interview auf Seite 3).
Was das für die Betroffenen bedeutet, dringt kaum an die Öffentlichkeit. Dabei sind es manchmal unglaubliche Dramen, die in deutschen Gerichtssälen verhandelt werden. Es geht um Kinder, die als Druckmittel in Sorgerechts- und Unterhaltsprozessen benutzt werden. Es geht um Richter, die auf der Basis fragwürdiger psychologischer Gutachten Entscheidungen treffen, die Menschen zerbrechen und Existenzen zerstören können. Und es geht um Geld, viel Geld. Eine Scheidung kann mehrere tausend Euro kosten, abhängig vom Streitwert und von der Zahl der Arbeitsstunden. Der Verein Väteraufbruch für Kinder spricht von einer „Streitbewirtschaftungsindustrie“, die aus Prozessen um die Kinder Profit schlage. Von Anwälten, denen weniger an einer Schlichtung als an einer Eskalation gelegen sei, um ihre Honorare in die Höhe zu treiben. Die einen regelrechten Gerichtsmarathon lostreten, der den Beteiligten oft vorkommt wie ein nicht enden wollender Albtraum.
Jedem Kind beide Eltern
Der Verein tritt dafür ein, dass Kindern nach einer Trennung beide Elternteil erhalten bleiben. Er berät betroffene Väter und auch Mütter. Er hat 4000 Mitglieder bundesweit und 290 in Berlin, rund zehn Prozent davon sind Frauen. Eine von ihnen ist Vera Gardhoff. Sie sitzt im Vorstand des Landesverbandes Berlin-Brandenburg. Eine temperamentvolle Endfünfzigerin, die schnell und eloquent redet.
Sie sagt, viele Väter seien erstmal irritiert, wenn eine Frau ans Telefon gehe. Sie seien aber schnell besänftigt, wenn sie ihnen dann erklärt, warum sie sich ehrenamtlich für den Väteraufbruch engagiere. Sie weiß ja, wie es Männern ergeht, die erleben, wie ihnen die eigenen Kinder nach einer Trennung fremd werden, weil die Mütter den Umgang verhindern. Sie hat das selber erlebt, bloß eben mit ihrem Ex-Mann.
Ihr Sohn war elf, als ihr das Gericht das Sorgerecht in einem Prozess entzog. Das war 2011. „Tschüss, Mama“, das war das letzte, was sie von ihrem Sohn gehört hatte, als er morgens zur Schule ging. Er kam nicht wieder zurück. Das Jugendamt teilte ihr mit, er werde ab sofort nur noch bei seinem Vater leben. Die Behörde hatte eine sofortige Inobhutnahme wegen angeblicher Kindeswohlgefährdung angeordnet. Warum sie das Sorgerecht verlor, hat sie bis heute nicht verstanden. Die Beziehung zu ihrem Ex-Mann sei zerrüttet gewesen. Sie sagt, er habe Lügen über sie verbreitet. Es ist ein brisantes Thema. Sie will nicht öffentlich darüber reden. Sie sagt, sie habe Angst, dass ihr Ex-Mann die Treffen mit ihrem Sohn verbietet.
Es dauerte lange, bis der Sohn auf Nachrichten reagierte
Ihr Sohn ist jetzt 19. Sie holt ein Smartphone aus der Tasche, um ein Foto von ihm zu zeigen. Es zeigt einen hübschen, dunkelhaarigen Jungen. Er beißt von einem Burger ab. Sie haben sich erst vor ein paar Tagen in einem Restaurant getroffen.
Sie sagt, es habe lange gedauert, bis er auf ihre Nachrichten reagierte. Aber sie sei hartnäckig geblieben. Sie habe ihm E-Mails und WhatsApp-Nachrichten geschickt. Ihre Stimme stockt. Sie kämpft mit den Tränen, als sie erzählt, wie es war, als sie jeden Tag auf eine Antwort von ihm wartete. Sie sagt, Nachbarn hätten schon gefragt, wo ihr Sohn sei. Wie aber habe sie denen erklären sollen, warum er nicht mehr bei ihr lebt, wenn sie es selber nicht verstanden hat?
Irgendwann meldete er sich dann doch. Seine Stimme war ihr fremd geworden. Er war jetzt auch einen Kopf größer als sie, 1,85 Meter. Sie sagt, ihr fehlten einige Kapitel in seiner Biografie. Die erste Freundin. Die erste Fahrstunde. Das wurde ihr bewusst, als sie ihn nach jahrelanger Funkstille zum ersten Mal wieder in die Arme schloss. Sie sagt, er sei erwachsener geworden, aber sie habe das Kind in ihm noch wiedererkannt. „Er ist immer noch ein Spaßvogel.“
Mit den Problemen nicht allein
Ihr Fall ist zwar nicht alltäglich. Dieser Alptraum, aus dem es kein Erwachen gibt. Doch wenn Vera Gardhoff alle paar Wochen zusammen mit ihrem Kollegen Markus Witt das Treffen der Selbsthilfegruppe in Moabit moderiert, dann merkt sie zumindest: Sie ist mit ihren Problemen nicht allein. Und genau das motiviert sie.
Sie kennt sich mit den Fallstricken des Sorge- und Umgangsrechts aus. Der Prozess um das Sorgerecht für ihren Sohn hat 18 Monate gedauert. Sie ist in dieser Zeit zur Expertin geworden. Sie sagt: „Ich möchte nicht, dass anderen Kindern dasselbe passiert, was ihm passiert ist.“
Vera Gardhoff steht in der Küche eines Stadtteilladens in Moabit und kocht Tee. Alle paar Wochen trifft sich hier eine Selbsthilfegruppe. Heute sind sie zu acht. Sechs Väter, eine Frau, die mal ein Mann war, und eine Oma. Alle haben ihre eigene Geschichte. Es geht um Kindesentzug durch eine Mutter. Es geht um den Vorwurf von Gewalt in der Ehe. Es geht um die Frage, wie man sich verhalten soll, wenn die Ex-Frau beruflich ins Ausland versetzt wird und das Kind mitnehmen will. Und um den völligen Verlust des Sorgerechts geht es auch.
Familie verändert sich
Alex* erzählt davon, schlaksig, lange Haare, Ohrringe, eine dunkle Stimme. Alex ist eine Transgender-Frau. Sie hat sich zur Frau umoperieren lassen, nachdem sie vor vier Jahren ihre Tochter gezeugt hat. Jetzt, stammelt sie unter Tränen, habe sie das Sorgerecht verloren. Freunde ihrer Ex-Frau hätten vor Gericht bezeugt, dass sie sowohl ihre Frau als auch das Kind geschlagen habe. Diese Freunde hätten ihr auch am Bahnhof aufgelauert, um sie zu verprügeln.
Es ist ein ungewöhnlicher Fall, wird Markus Witt vom Verein Väteraufbruch für Kinder später sagen, als das Treffen vorbei ist. Aber er zeige, wie sich der Begriff der Familie verändert hat und wie hilflos Familienrichter diesem Wandel mitunter gegenüberstehen. In der Runde tastet er sich vorsichtig an das Thema heran. Er sagt: „Kann es sein, dass der Richter nicht mit deiner Transsexualität klargekommen ist?“
Witt ist geschieden und Vater einer neunjährigen Tochter. Ein Mann, der Paragrafen, Gerichtsurteile und Zahlen aus dem Ärmel schüttelt. Einer, der sich nicht so leicht abwimmeln lässt. Er weiß aus eigener Erfahrung, wie man Anwälten, Richtern, Gutachtern oder Mitarbeitern im Jugendamt begegnet. Er sagt, nach seiner Scheidung vor viereinhalb Jahren sei das alleinige Sorgerecht seiner Ex-Frau zugesprochen worden.
Kampf mit allen Mitteln
Er kennt inzwischen viele Väter, denen dasselbe passiert ist. Er sagt, vielen fehle die Kraft, sich zu wehren. Einige habe der Kampf um die Kinder kaputt gemacht. Jedes Jahr nähmen sich fünf bis sechs Väter deswegen das Leben. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Roland Rehmet war so einer. Er erschoss sich 2014 – nach jahrelangem Rechtsstreit um das Sorgerecht für seine zehnjährige Tochter. Seine Ex-Frau hatte Anzeige gegen ihn erstattet, unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs des Kindes. Nachweisen konnte sie das nicht. Rehmet wehrte sich gegen die Anschuldigungen. Witt lächelt gequält. Er kennt die Waffen, die in solchen Verfahren benutzt werden. Er sagt: „In solchen Fällen ist das kein Streit mehr, das ist Krieg.“ Der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs sei das Totschlagargument.
Markus Witt kämpft seit 2013, und das gleich an zwei Fronten. Die Beratung für Eltern ist die eine, sein politisches Engagement als Pressesprecher des Bundesvorstandes des Vereins Väteraufbruch für Kinder die andere. Er sagt: „Als Berater kann ich nur Taschentücher verteilen und an Symptomen herumdoktern. Als Lobbyist versuche ich, die Ursache der Grippe zu bekämpfen.“
Aber woran krankt die Rechtsprechung für geschiedene Eltern? An der Komplexität, heißt es beim Deutschen Familiengerichtstag, einem interdisziplinären Zusammenschluss von Richtern, Anwälten und Psychologen. Die Frage, wer künftig Sorge für die Kinder trage, berühre nicht nur das Kindschaftsrecht, sondern auch die Sozialgesetzgebung und das Steuerrecht. „Wir versuchen, ein psycho-soziales Problem juristisch zu lösen. Das kann eigentlich gar nicht funktionieren.“ Der Staat müsse die Gesetze transparenter für den Bürger machen. Und er müsse Geld bereitstellen, damit sich Richter fortbilden und Gutachter für ihre Aufgabe geschult werden.
Wer kann den Streit schlichten?
Es sind Forderungen, die auch der Väteraufbruch für Kinder erhebt. Witt sagt, die Familiengerichte seien nicht geeignet, Streit zwischen den Eltern zu schlichten. „Sie fördern Streit.“ Oberstes Ziel müsse aber sein, dass Kinder mit beiden Elternteilen aufwachsen – im Idealfall im regelmäßigen Wechsel und nicht weit voneinander entfernt. So erklärt es Witt auch Milan*. Er ist 36 und Vater zweier kleiner Kinder, ein Mann, nach dem sich Frauen auf der Straße umdrehen. Er ist nervös. Man hört, wie er mit den Fingern auf die Tischplatte trommelt.
Seine Noch-Ehefrau hat ihn vor einigen Wochen vor die Tür gesetzt. Milan sagt, irgendwann sei die Polizei gekommen und habe ihm beim Frühstück das Messer aus der Hand genommen. Es hieß, er sei eine Gefahr für sich und die Kinder. Milan lächelt gequält. Ja, sagt er, er habe früher mal Depressionen gehabt. Aber er würde den Kindern niemals etwas antun.
Er wohnt jetzt zur Untermiete, am anderen Ende der Stadt. Er sagt, dort würde er auch gern wohnen bleiben, ein neuer Kiez, ein neues Leben. Markus Witt redet ihm das aus. Er sagt: „Die Kinder sollten in ihrem vertrauten Umfeld bleiben. Willst du in deiner Papa-Woche jeden Morgen quer durch die Stadt fahren, um sie zur Kita zu fahren?“
Das Wechselmodell. Ungefähr jedes fünfte geschiedene Paar, schätzen Experten, hat es für sich gewählt. Für die Mitglieder des Väteraufbruchs ist es das Leitmodell der Zukunft. Witt sagt, natürlich gäbe es auch Männer, die lieber Unterhalt zahlten und der Mutter die Sorge überließen. Aber die Väter, die er kenne, seien gerne Väter. Sie würden lieber selber Verantwortung übernehmen, wollen eine tragende Rolle im Leben des Kindes spielen.
Ein Privatdetektiv spürte schließlich Mutter und Sohn auf
Der Gesetzgeber mache ihnen das aber schwer. Die Bedingungen für das Wechselmodell seien gesetzlich noch nicht geregelt. Väter, die es in Anspruch nehmen, müssen für die Kinder weiterhin Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle zahlen. Dazu kommen aber noch die Kosten, die entstehen, wenn das Kind bei ihnen wohnt oder mit ihnen in den Urlaub fährt. Ein zweites Kinderzimmer müssten sie auch bereitstellen. Diese Ausgaben können sie nicht abziehen. Sie müssen also doppelt zahlen. Die Einkommen der beiden Elternteile werden erst miteinander verrechnet, wenn sie sich die Betreuungszeit im Verhältnis 50 : 50 teilten. Und auf diese Regelung ließe sich kaum eine Mutter ein. Eine Ungerechtigkeit, sagt Witt. „Ein Vater, der sein Kind zu 45 Prozent der Zeit betreut, zahlt denselben Unterhalt wie ein Vater, der sich gar nicht kümmert.“
Tim Koletzki weiß, was das bedeutet. Er ist Architekt, er war beruflich viel im Ausland unterwegs, bevor Paul geboren wurde. Er sagt, seit dem Tag, an dem Juana mit Paul verschwand, arbeite er kaum noch in seinem Beruf. Die Sorge um Paul habe ihn fast krank gemacht. Acht Wochen lang waren die beiden von der Bildfläche verschwunden. Dann spürte ein Privatdetektiv die beiden auf. Er brachte ans Licht, was Koletzki schon geahnt hatte. Pauls Mutter hatte keine gültige Aufenthaltserlaubnis. Sie waren erst sechs Wochen zusammen, als sie schwanger wurde. Er sagt, sie sei eine liebevolle Mutter, das schon. „Aber sie hat mich und den Kleinen nur benutzt, damit sie nicht in ihre Heimat abgeschoben wurde.“
Angst vor der Zukunft
„Papa, komm raus, spielen.“ Paul zieht ihn an der Hand auf die Dachterrasse. Er ist jetzt vier, ein braungelockter Knirps, der am liebsten draußen tobt, der sich aber auch stundenlang allein mit Lego beschäftigen kann. Auf dem Parkett im Wohnzimmer steht eine Autogarage. „Hab ich selber gebaut“, sagt er stolz.
Koletzki hebt ihn in die Hängematte. Das Wechselmodell zwängt ihn in ein enges Korsett. Aufträge im Ausland kann er nicht mehr annehmen. Er sagt, er lebe jetzt von den Einnahmen aus den Immobilien, die er vermietet hat. Finanziell geht es ihm damit zwar besser als den meisten anderen Vätern, das ist ihm bewusst. Aber er mag lieber nicht an seine Zukunft denken. Er sagt, der Streit um das Sorgerecht für Paul habe ihn schon 8000 Euro gekostet. Er habe dafür eine Lebensversicherung auflösen müssen. „Das war eigentlich meine Altersvorsorge.“
Am Tag davor hat er Paul von seiner Mutter abgeholt, sechs Stunden Autofahrt hin, sechs Stunden Autofahrt zurück. Er fährt die Strecke nicht allein. Er sagt, die Zeit mit Paul sei kostbar. Einer müsse sich auf der Fahrt um ihn kümmern. Mit ihm malen, ihm vorlesen oder eine Geschichte erzählen. Oft macht er das selber, und ein Freund fährt. Gestern war seine Mutter dabei. Pauls Oma.
Heute sind Mutter und Vater gute Freunde - das war nicht immer so
„Papa, gibst du mir Anschwung?“ Paul schaukelt in der Hängematte. Koletzki kann ihm keinen Wunsch abschlagen. „Tim ist ein guter Vater“, sagt Anja Gerber*. Vielleicht schon zu gut, schiebt sie hinterher. Sie ist die Mutter von Leon, seinem 15-jährigen Sohn.
Leon war ein Wunschkind, das sagen beide. Sie waren drei Jahre lang ein Paar, als er zur Welt kam. Schon vor der Geburt hat sie sich von Tim getrennt. Sie sagt, sie hätten beide ihre Unabhängigkeit geliebt. Aber durch die Schwangerschaft hätten sich ihre Prioritäten verschoben. „Er ist weiter in der Welt herumgereist und hat mich allein gelassen.“
Bis heute besitzt Koletzki nicht das Sorgerecht für seinen ältesten Sohn. Anja Gerber sagt, als er die Vaterschaft beim Jugendamt anerkennen wollte, habe sie ihn abblitzen lassen. Eiskalt. Er hatte sich schnell mit einer anderen Frau getröstet. Sie sagt: „Das hat mich verletzt.“ Sie habe verhindern wollen, dass er ihr bei der Erziehung reinredet.
Heute sind sie gute Freunde. Er zahlt Unterhalt für Leon. Aber die Papa-Wochenenden werden weniger. Sie sagt, Leon spiele Fußball. Er treffe sich mit Freunden. Und er habe keine Lust, mit einem Vierjährigen auf dem Spielplatz abzuhängen. Anja Gerber sagt: „Für Leon ist Tim ein Kumpel, kein Papa.“
Vielleicht erklärt das, warum Koletzki schon bei der Geburt von Paul dabei war und warum er auch jetzt alles daran setzt, dass der Kleine bei ihm aufwachsen kann. Koletzki holt sein Handy hervor. Es zeigt ihn im Kreißsaal zusammen mit Juana. Er hält den neugeborenen Sohn auf dem Arm. Er strahlt vor Glück. Er sagt: „Ich habe schon einen Sohn verloren. Ein zweites Mal passiert mir das nicht.“
*Namen von der Redaktion geändert