Senioren

So gibt es Hilfe bei der Pflege

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Silke Becker

Foto: ullstein - DIAGENTUR / ullstein - DIAGENTUR/HAARCHIV

Wer sich um einen Angehörigen kümmert, investiert nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Einige Ausgaben können steuerlich abgesetzt werden.

Manchmal geht es ganz schnell, manchmal ist es ein schleichender Prozess: Ein Mensch kann sich nicht mehr selbst versorgen und benötigt Hilfe. Nach Angaben des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) waren zuletzt 2,13 Millionen Menschen pflegebedürftig. Die meisten von ihnen werden zu Hause betreut, rund 677.000 leben in Heimen. Wenn ein Angehöriger pflegebedürftig wird, muss die Hilfe nicht nur organisiert, sondern auch bezahlt werden. "Je nach Pflegestufe und Region kann ein Pflegeheim alles in allem leicht zwischen 2500 und 3500 Euro oder mehr kosten", sagt Gerhard Timm, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW), in dem die freien gemeinnützigen Wohlfahrtsverbände, Träger vieler Pflegeheime in Deutschland, organisiert sind. Um diesen gewaltigen Kosten wenigstens ansatzweise Rechnung zu tragen, sind zum Jahresanfang die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erhöht worden. In der höchsten Pflegestufe III beispielsweise zahlt die Versicherung bei Heimunterbringung nunmehr 40 Euro mehr, also 1550 Euro, in Härtefällen sogar 93 Euro zusätzlich, insgesamt 1918 Euro.

Finanzielle Entlastung

Kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Auch die erhöhten Leistungen fangen die pflegebedingten Mehrkosten nicht komplett ab, sondern liefern lediglich eine Basisabsicherung. So stellt es sogar das Bundesgesundheitsministerium ausdrücklich fest. Für den Rest muss der Pflegebedürftige sein eigenes Einkommen und Vermögen verwenden. Reicht das nicht, werden die Angehörigen zur Kasse gebeten. Allerdings haben sie je nach Familienstand relativ hohe Freibeträge von mindestens 1500 Euro pro Monat. Ist bei den Angehörigen nichts zu holen, so springt das Sozialamt ein.

Eine zusätzliche finanzielle Entlastung für Betroffene, von der viele allerdings nicht wissen, bietet das Finanzamt. Sowohl der Pflegebedürftige selbst als auch dessen Angehörige können bestimmte Aufwendungen für die Pflege steuerlich geltend machen. "Grundsätzlich können natürlich nur vom Steuerzahler tatsächlich selbst getragene Kosten angesetzt werden", erklärt der Steuerberater und Jurist Markus Deutsch vom Deutschen Steuerberaterverband. "Entscheidend ist außerdem, dass die bezahlten Leistungen unvermeidbar und medizinisch notwendig sind", so Deutsch. Dies muss man nachweisen, beispielsweise durch ein Rezept vom Arzt. Ein Treppenlift, der lediglich für mehr Bequemlichkeit sorgt, hat dagegen in der Steuererklärung nichts verloren. Und die Hilfsbedürftigkeit muss man belegen, etwa durch eine Bescheinigung über die Pflegestufe.

Danach wird es allerdings kompliziert. "Leider sind die Regelungen sehr komplex und teilweise widersprüchlich", erklärt Deutsch. Um die steuerlichen Möglichkeiten individuell richtig zu nutzen, sollte man sich also zumindest bei der ersten Steuererklärung in dieser neuen Lebenssituation beraten lassen. Da man am Anfang eines Jahres meist noch nicht abschätzen kann, ob man mit einer Einzelabrechnung oder mit Pauschalen besser fährt, sollte man erst einmal alle Belege sammeln - wegwerfen kann man sie ja später immer noch. Diese Möglichkeiten gibt es im Einzelnen:

Pauschalen

Pflegebedürftige mit einem Schwerbeschädigtenausweis können, gestaffelt nach dem Grad der Behinderung, ohne weitere Nachweise bis zu 3700 Euro pro Jahr ansetzen. Pflegende Angehörige haben unabhängig davon Anspruch auf die Anrechnung einer Pauschale von 924 Euro pro Jahr. "Die Pauschale darf auch voll angesetzt werden, wenn man den Pflegebedürftigen nur zeitweise pflegt, beispielsweise an den Wochenenden", erklärt Deutsch. Mehrere pflegende Angehörige müssen sich den Pauschbetrag teilen. Allerdings muss der Gepflegte dafür unbedingt hilflos sein, was sich beispielsweise durch die Pflegestufe III oder das Merkzeichen H im Schwerbeschädigtenausweis belegen lässt.

Außergewöhnliche Belastungen

Übersteigen die tatsächlichen Kosten die Pauschbeträge, kann man die Ausgaben alternativ genau abrechnen. In der Steuererklärung gehören sie dann in die Rubrik "außergewöhnliche Belastungen". Davon zieht das Finanzamt aber noch einen sogenannten "zumutbaren Eigenanteil" ab. Er wird individuell berechnet und beträgt - je nach Einkommen des Steuerzahlers - zwischen einem und sieben Prozent. Wichtig ist, dass man auch die Kosten für Haushaltshilfen, Pflegeleistungen oder Handwerker zunächst bei den außergewöhnlichen Belastungen deklariert. "Es ist ausdrücklich geregelt, dass Kosten für Haushaltshilfen, Pflegeleistungen oder Handwerker in den entsprechenden Rubriken der Steuererklärung erneut angesetzt werden dürfen, wenn sie bei den außergewöhnlichen Belastungen wegen des Eigenanteils nicht anerkannt werden können", so der Steuerexperte Markus Deutsch.

Natürlich sind auch die Ausgaben für das Pflegeheim eine außergewöhnliche Belastung. Bei kurzfristigen Aufenthalten werden die vollen Kosten anerkannt. Zieht der Pflegebedürftige aber auf Dauer in die Einrichtung, wird der Betrag um eine sogenannte "Haushaltsersparnis" von 667 Euro pro Monat gekürzt, da dann ja die Kosten für seine eigene Wohnung wegfallen.

Tägliche Helfer

Bis zu 20.000 Euro pro Jahr kann man für "Haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse", beispielsweise mit Pflegekräften oder Haushaltshilfen, geltend machen. Von diesen Kosten werden 20 Prozent, also maximal 4000 Euro, direkt von der Steuer abgezogen. Bezahlen Angehörige eine Hilfe im Haushalt, können sie die Zahlungen auch dann in der eigenen Steuererklärung ansetzen, wenn die Kraft im Haushalt des Angehörigen tätig wird. "Inzwischen ist dies auch in dem Fall möglich, wenn man den Pflegepauschbetrag von 924 Euro geltend macht. Auch gezahltes Pflegegeld wird nicht mehr mit diesem Steuervorteil verrechnet", erklärt Steuerfachmann Markus Deutsch.

Handwerker

Leistungen von Handwerkern lassen sich grundsätzlich mit 20 Prozent der reinen Lohnkosten, maximal 1200 Euro pro Jahr, geltend machen. Rechnungen sind dabei grundsätzlich per Überweisung zu begleichen. Dies ist im Pflegefall beispielsweise dann interessant, wenn die Wohnung rollstuhlgerecht umgebaut werden muss.

Unterhalt

Auch Angehörige können bestimmte Kosten für die Pflege von Familienmitgliedern bei den außergewöhnlichen Belastungen steuerlich geltend machen. Oft ist es aber sehr aufwendig, die vielen Quittungen akribisch abzurechnen, um später dann korrekte Belege zu haben.

"Sofern der Pflegebedürftige nur ein geringes Einkommen hat, ist es möglich, ihm Unterhalt zu zahlen", so der Tipp von Markus Deutsch. Den Unterhalt kann man bis zur Höhe von 8004 Euro jährlich ansetzen. Übersteigt das Einkommen des Hilfsbedürftigen 624 Euro pro Jahr, so wird es angerechnet. Hat der pflegebedürftige Angehörige beispielsweise Einnahmen von 5000 Euro pro Jahr, dann kann man ihm also ohne weitere Formalitäten maximal 3004 Euro überweisen und erforderliche Dinge dann von seinem Konto bezahlen.