Den blauen Pazifik vor der Nase, die grüne Weite des Landes im Nacken. Ein bisschen so sieht es aus in Mullewapp. Helme Heine, der deutsche Autor und "Vater" der tierischen Helden aus den Bilderbüchern "Mullewapp" und "Freunde", lebt mit seiner Frau, der Autorin Gisela von Radowitz, an der Küste Neuseelands. Und dort, beim Segeln oder Angeln, entstehen die Geschichten, die Millionen Leser weltweit begeistern. Zum deutschen Kinostart des Animationsfilms "Mullewapp" am heutigen Donnerstag sind die beiden zu Besuch in der Heimat.
Wo liegt eigentlich Mullewapp? "Im Kopf und im Herzen der Leser! Also überall, wo die Bücher gelesen werden", antworten sie wie aus einem Munde. Von Brasilien bis Japan kennt man die Geschichten um Johnny Mauser, Franz von Hahn und den dicken Waldemar und ihre Abenteuer. "Mullewapp" heißt eigentlich Maulwurfshügel und ist die Heimat der drei Freunde. Das Besondere an den Figuren sind ihre kleinen Macken: "Nichts ist langweiliger als Perfektion, und zwar Perfektion im Guten wie im Bösen", sagt Heine. Johnny ist ein kleiner Aufschneider, Franz ein eitler Gockel und Waldemar ein wenig zu behäbig und gefräßig.
Der Alltag inspiriert Heine zu seinen Geschichten. Die Idee für die "Freunde" entstand vor 25 Jahren, so der 68-Jährige. Es war die heuchlerische Verwendung des Begriffs Freundschaft im amerikanischen Wahlkampf: "Ein Buch über wahre Freundschaft zu machen, das ist es." Um Kinder aus aller Welt zu erreichen, entschied er sich für Tiere als Protagonisten. Ein Sinnbild für Freundschaft, das man überall verstehen würde, musste auch her: die Freunde auf dem Fahrrad. "Franz von Hahn, der kann wie alle Hühner auf der Stange sitzen, auf der Lenkstange, und der dicke Waldemar, der macht alles über seinen Bizeps, der ist der Motor, der Kraftmensch, und Johnny Mauser hält das Gleichgewicht", erklärt Heine.
Zuletzt wurden die Produzenten von MotionWorks auf die Geschichte aufmerksam. Nachdem der WDR schon 2005 eine Serie für die Sendung mit der Maus produzierte, entstand in den vergangenen Monaten ein Animationsfilm. Während Heine an den Büchern allein arbeitet, machte er das Filmprojekt gemeinsam mit seiner Frau. Sie vertrauten darauf, dass Kinofiguren, die bereits als Bilder in Büchern existieren, die kindliche Vorstellungskraft nicht beeinträchtigen würden und erfanden eine neue Mullewapp-Episode für die Drehbuchschreiber.
Der Film brauchte jedoch einen Bösewicht, Maître Wolf, und sollte eine Entwicklung zeigen. "Wir sind mit den Figuren groß geworden, haben schon Jahre mit ihnen gelebt aber nie verraten, wie die drei zu Freunden wurden. Wir dachten es ist an der Zeit, auch das einmal zu erzählen", verrät Gisela v. Radowitz.
Zusätzlich fertigten sie für das Team die "Bibel" an, ein Buch voll mit Bildern und Hintergrundwissen über Mullewapp und seine Bewohner. Wie bewegt sich der dicke Waldemar, warum schläft Franz von Hahn gegenüber seines Hühnerharems und welche Bücher und Musik würde Johnny Mauser wohl konsumieren? "Beim dicken Waldemar haben wir oft an Helmut Kohl gedacht, auch der saß die Dinge gern aus.
Johnny Mauser war für uns mehr der Berlusconi-Typ. Und Franz von Hahn, das sind wir, wir wollen abheben, aber die Schwerkraft hält uns davon ab", sagt Heine. Wichtig war den Beiden die 2D-Animation. Schlichte Bilder und ein langsameres Erzähltempo als heute üblich sollte der Film bieten. Den Zuschauer bewegen, mit Kopf und Herz und weniger die Leinwand, so Radowitz. Das Wichtigste sei die Geschichte, die müsse ehrlich und elementar sein.
Für seine Bücher sei er anfangs angegriffen worden, sagt Heine: "Da hieß es, der Heine macht ja wunderschöne Bilderbücher, aber das seien im Grunde Bücher für Erwachsene." Beim Büchermachen denkt er nur darüber nach, welche Geschichten er selbst gern lesen würde: über Freundschaft, Vergänglichkeit von Ruhm oder die Schöpfungsgeschichte.
Dann versucht Heine neue und zeitgemäße Bilder dafür zu finden. Dabei vertraut er auf die Neugier und den wachen Verstand der Kinder: "So gehe ich Schritt für Schritt, ohne zu überlegen, ob die Kinder das verstehen oder ob ihnen das zu weit hergeholt ist. Das ist die Ernsthaftigkeit, mit der man da herangehen muss." Leider sei das Bilderbuch oft unterschätzt: "Schöne Bilder reichen nicht aus." Prägend für Heine war Wilhelm Busch. Seine Bilder und Sprache seien heute noch modern: "Auch ich wollte keine kindische, sondern eine kindliche, eine wahrhaftige Sprache, das spüren die Kinder."