Tesla kann nur groß denken. Daran lässt der Automobilbauer auch bei der County Fair, dem Tag der offenen Tür, am Sonnabend im neuen Werk in Grünheide (Landkreis Oder-Spree) keinerlei Zweifel. Noch ist die Fabrik nicht eröffnet, aber Tesla hat die Nachbarschaft und interessierte Gäste an diesem Tag schon mal zu einer Art Jahrmarkt eingeladen. Das alles überragende Riesenrad, das Tesla zu diesem Anlass extra aufgestellt hat, sehen die Besucher bereits beim Weg hin zum Werk. Doch erst bei einem Rundgang durch die künftige E-Autoproduktion wird klar, wie gewaltig das ausgefallen ist, was Tesla hier in den vergangenen anderthalb Jahren seit Baustart geschaffen hat.
Godzilla und King Kong heißen die beiden größten und leistungsstärksten Maschinen, die in Grünheide die Fertigung mit unterstützen. Die Roboter, die in Anlehnung an die Riesen-Monster ihren Namen tragen, stehen an Anfang und Ende der Karosseriebau-Linie. Der gelbe Greifarm von Godzilla, der auch ein Konterfei des Monstrums auf seiner metallischen Fassade trägt, hebt schlussendlich die Karosserie eine Ebene höher. Von dort geht es dann in die Lackiererei. Eine ganze Roboter-Armee unterstützt das menschliche Tesla-Team beim Bau der Autohülle. Präzise und schnelle Bewegungen sorgen dafür, dass Tesla so alle 45 Sekunden eine Karosserie herstellen kann.
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Tesla: 9000 Besucher kommen auf das Werksgelände
Der US-Konzern gewährt an diesem Sonnabend erstaunlich nahe Einblicke in seine künftige Automobilproduktion in Grünheide. Noch fehlt die finale Genehmigung. Bis zum Ende dieses Jahres wird damit gerechnet. Das, was die rund 9000 Besucher im Laufe des Tages bei dem Rundgang zu sehen bekommen, legt aber die Vermutung nahe, dass Tesla prompt mit der Fertigung starten könnte, sollte es grünes Licht geben.
Einige Tausend Mitarbeiter habe Tesla wohl schon angestellt für die erste Gigafactory auf dem europäischen Kontinent. Perspektivisch sollen rund 12.000 Mitarbeiter in der Automobilproduktion und der benachbarten Batteriezellenfertigung tätig sein. Einzelne Tesla-Beschäftigte stehen an diesem Tag an jedem Fertigungsschritt in der Halle bereit, um Fragen der Gäste zu beantworten.
Besucher staunt über die Einblicke, die Tesla gewährt
Manch ein Besucher ist aber durchaus auch selbst Experte. Gerd Herrmann (59) aus Fürstenwalde ist erstaunt über die Einblicke, die das Unternehmen gewährt. Hermann arbeitet in der Produktion von Mercedes-Benz in Ludwigsfelde. Dort stellt das deutsche Automobilunternehmen den Transportwagen Sprinter her. Gerd Hermann hält an diesem Tag viele der Fertigungsschritte bei Tesla mit dem Smartphone fest: „Ich kann hier Details erkennen, die normalerweise im Verborgenen bleiben und die bei uns nicht zu sehen wären.“
Fotoverbote gibt es anders als in Fabriken von Volkswagen & Co. bei Tesla nicht. Das kann man auch als Zeichen an die Region interpretieren: Mehr Transparenz und Verständnis für das, was hinter den Toren der Fabrik passiert, sollen aus Nachbarn Freunde werden lassen. Denn Tesla war in den vergangenen Monaten auch der Wind der deutschen Bürokratie, Bürgerinitiativen und Naturschützern entgegengeweht.
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Tesla betont umweltfreundliche Art und Weise der Automobilproduktion
Und so ist es durchaus verständlich, dass Tesla an diesem Tag auch die – aus Sicht des Unternehmens – umweltfreundliche Art und Weise der Automobilproduktion betont. Das findet den Höhepunkt in der Lackiererei, wo in einer Halle ein übergroßer Wasserkanister steht, der jedoch nur zur Hälfte gefüllt ist. Eine Tesla-Mitarbeiterin erklärt dann die Vorzüge der, so der Autobauer, modernsten Lackierstraße der Welt. Um den Lack auf die Fahrzeuge zu bringen, sei 0,64 Kubikmeter Wasser nötig, bis zum fertigen Auto seien es insgesamt 2,2 Kubikmeter. Der Branchendurchschnitt bei der Autofertigung liege hingegen laut Tesla bei drei Kubikmeter pro Fahrzeug. Das sind etwa 3000 Liter.
Schritt für Schritt können die Besucher bei der Werksführung alle Abschnitte bis zum fertigen Automobil begleiten. Eine halbe Million Fahrzeuge des Typs Model Y sollen in den Hallen bald vom Band laufen. Vieles ist automatisiert. Immer wieder laufen die Gäste an wendigen Greifarmen und surrenden Robotern vorbei. Das ist Standard in der Automobilproduktion, dennoch sind an diesem Tag viele staunende Gesichter zu sehen.
Draußen vor der mausgrauen Fassader der Gigafactory ist am Nachmittag Volksfeststimmung zu spüren. Alle Besucher haben am Eingang Gutscheine für Trinken, Essen oder Fahrgeschäfte wie Autoscooter und Karussell bekommen. DJs beschallen die asphaltierte Fläche. Auf einer Testrecke können die Tesla-Besucher die Beschleunigung eines Model Y am eigenen Leib erfahren: Als Beifahrer geht es von Null auf 100 Kilometer pro Stunde in weniger als fünf Sekunden. Die Autos dafür stammen jedoch noch aus der Schwesterfabrik im chinesischen Shanghai.
Elon Musk: "Macht ein bisschen Ramba-Zamba für den Rest des Abends"
Um kurz vor 18 Uhr betritt Tesla-Chef Elon Musk die Bühne vor der Gigafactory. Musk wirkt zunächst ein bisschen verloren und hadert mit der Technik. Dann bringt ihm eine Mitarbeiterin ein Smartphone. Musk beginnt, ein paar Sätze auf Deutsch abzulesen. „Wir freuen uns, die Türen zu öffnen und zu zeigen, woran wir die letzten Monate gearbeitet haben“, sagt Musk. Und: „Diese Party ist für euch. Macht ein bisschen Ramba-Zamba für den Rest des Abends. Berlin-Brandenburg rockt.“
Später beantwortet der Tesla-Chef auch Fragen, die im Laufe des Tages über den Kurznachrichtendienst Twitter an Tesla gestellt wurden. Mit einem Produktionsstart in Grünheide rechnet Musk noch in diesem Jahr. Das Starten der Autofertigung sei weniger problematisch, das Hochfahren der Produktion hingegen schon. Musk erwartet zum Start, dass etwa 5000 Autos in der Woche die Fabrik in Grünheide verlassen. Perspektivisch sollen es 10.000 in jeder Woche sein. „Das Hochfahren der Produktion auf Volllast wird genauso lange dauern“, wie das Werk zu bauen, sagt Musk vor den Tausenden Gästen bei der County Fair. Fast 40 Minuten steht Musk auf der Bühne, dann geht er nach einem „Dankeschön“ unter dem Applaus der Besucher von dannen.