Grünheide. Die Rodung für die Fabrik von US-Elektroautobauer Tesla ist nach einer Gerichtsentscheidung fortgesetzt worden – und schon gab es neue Proteste. Zwei Umweltschützerinnen kletterten am Freitag erneut auf Bäume im Wald in Grünheide nahe Berlin und versuchten so, die Arbeiten auf dem Gelände der geplanten Giga-Fabrik zu stören.
Wie die Gruppe „Baumpirat_innen“ auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte, hatten sie die Bäume in den frühen Morgenstunden besetzt. Erst gegen 16 Uhr konnte die Polizei mit Hilfe von Höhenrettern die beiden Frauen von den Bäumen holen. Sie mussten die Aktivistinnen vom Gelände tragen, Widerstand leisteten diese aber nicht.

Laut einer Sprecherin der Polizeidirektion Ost in Frankfurt (Oder) hatte die Polizei die beiden Frauen am Morgen in den Bäumen entdeckt. Seit Aktivisten derselben Gruppe am Montag bereits zwei Bäume besetzt hatten, habe die Polizei das Areal besonders in den Blick genommen. Die Gemeinde Grünheide und die Polizei entschieden am Morgen: „Wir holen jetzt Höhenretter der Polizei zu Hilfe." Eine für Freitag geplante Sprengung zweier Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg, die für 14 Uhr geplant war, musste um einige Stunden verschoben werden.
Höhenretter versuchten, an die Besetzerinnen heranzukommen
Immer wieder hatten die Polizisten der Höhenrettung versucht, die beiden Frauen aus den Bäumen zu holen, indem sie sich über benachbarte Bäume näherten. Die Aktivistinnen aber wechselten immer wieder ihre Positionen und waren so für die Beamten zunächst nicht zu erreichen. Da sich die Frauen offenbar trotz eines Zauns Zugang zum Gelände verschafft hatten, müssen sie nun mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruchs rechnen. Aus der Gemeinde Grünheide war am Freitag keine Information zu den Ereignissen zu bekommen.
Neue Proteste gegen Tesla geplant
Gegen Tesla ist bereits ein neuer Protest geplant. Die „Bürgerinitiative gegen Gigafactory Grünheide“ will am Samstag (11 Uhr) in Erkner gegen das Milliardenprojekt demonstrieren. Dazu werden nach Polizeiangaben 250 Teilnehmer erwartet. Die beteiligten Bürger haben unter anderem Bedenken gegen die Ver- und Entsorgung des Werks mit Wasser. Die „Interventionistische Linke Berlin“ hat zu einem Protest in Grünheide (11 Uhr), wo die Fabrik entstehen soll, aufgerufen. Sie ist nach eigenen Angaben ein Zusammenschluss linksradikaler Gruppen und Einzelpersonen aus der Linken und fordert grundsätzlich weniger Autos. Es gibt aber auch Befürworter von Tesla, die eine Kundgebung in Erkner (12 Uhr) planen.
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) hatte Eilanträge der Grünen Liga und des Vereins für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern (VLAB) am Donnerstag zurückgewiesen (OVG 11 S 8.20). Der Beschluss ist nicht anfechtbar. Damit ist die vorzeitige Rodung des Waldes auch durch die zweite Instanz bestätigt. Tesla kann noch vor dem Beginn der Vegetationsperiode weiter Bäume auf dem Gelände fällen. Die Umweltschützer halten die Rodung für rechtswidrig, weil die Fabrik noch nicht abschließend genehmigt ist. Tesla will vom kommenden Jahr an in Grünheide Elektrofahrzeuge bauen. Was seit der Verkündung passiert ist, lesen Sie hier.
Lesen Sie auch: 100 Tage Tesla-Fabrik: Was bisher geschah
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) begrüßte das grüne Licht zur weiteren Rodung für die geplante Tesla-Fabrik. „Das ist ein gutes Urteil für den Umweltschutz, Arbeitsplätze und Zukunftstechnologien“, erklärte Altmaier auf einer Reise in Litauens Hauptstadt Vilnius. Das Urteil sei ein wichtiges Signal für eine klimafreundliche und CO2-neutrale Autoindustrie in Deutschland.
Ministerpräsident Woidke (SPD) sieht „riesengroße Unterstützung“ für Tesla
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sieht Tesla im Zeitplan. „Ich bin froh, dass mit der Entscheidung des OVG die Rodungsarbeiten weiter vorangehen können und ich denke, dass sie in der nächsten Woche abgeschlossen werden können“, sagte Woidke in Potsdam. Proteste gegen die Ansiedlung könne er aber nicht nachvollziehen. Er sehe in der Masse der Bevölkerung eine riesengroße Unterstützung.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bezeichnete den Gerichtsbeschluss als „wichtiges Signal für den Investitionsstandort Deutschland“. Er stellte aber das Klagerecht von Umweltverbänden gegen Industrieprojekte infrage. „Die Klagebefugnisse von Umweltverbänden müssen auf den europäischen Prüfstand“, erklärte der stellvertretende BDI-Hauptgeschäftsführer Holger Lösch in Berlin. „Wenn jetzt nicht entschieden gegengearbeitet wird, droht der Investitionsstandort Deutschland nachhaltig Schaden zu nehmen.“ FDP-Bundestagsfraktionsvize Frank Sitta verlangte, die Liste der Verbände kritisch zu prüfen, die klagen dürfen.
BUND Deutschland: „Herkömmliche Autoindustrie weiter unter Druck“
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zeigte sich zurückhaltend. „Wir begrüßen, dass mit der Gigafactory eine Autofabrik des postfossilen Zeitalters entsteht und damit die herkömmliche Autoindustrie unter Druck gerät“, erklärte der Verband bei Twitter. „Wir werden weiterhin kritisch begleiten, ob Tesla zum Gelingen einer echten Verkehrswende beiträgt.“
Die Brandenburger Grünen-Landesvorsitzende Julia Schmidt zeigte sich auf Twitter „froh und erleichtert“, dass die Beschwerde zum Rodungsstopp vom Gericht zurückgewiesen wurde. „Tesla ist eine große Chance für die Region und die Arbeitsplätze“, schrieb sie. (mit dpa)
Lesen Sie auch: Höhere Prämien für E-Autos: Das müssen Käufer wissen