Potsdam/Berlin . Es ist schon zwei Jahre her, als unbekannte Täter damit begannen, den Paketzusteller DHL mit gefährlichen Sprengsätzen zu erpressen. Angesichts der Gefahr richtete die Brandenburger Polizei eine Sonderkommission ein. Die Beamten gingen seither mehr als 1000 Hinweisen und Spuren nach. Doch einen Täter konnten sie bislang nicht fassen.
„Bis heute konnte ein dringender Tatverdacht gegen eine oder mehrere Personen nicht erhärtet werden“, teilte Torsten Herbst, Sprecher des Polizeipräsidiums Brandenburg am Mittwoch mit. Zugleich dementierte er Berichte, wonach die Ermittlungen gegen den DHL-Erpresser eingestellt wurden. „Eine Verfahrenseinstellung ist aktuell auch nicht vorgesehen“, teilte der mit. Eine solche Entscheidung würde zudem auch nicht die Polizei, sondern die zuständige Staatsanwaltschaft treffen.
Rückblick: Am 1. Dezember 2017 war in einer Apotheke am Rande des Potsdamer Weihnachtsmarkts eine Paketbombe entdeckt worden, in der sich eine Sprengvorrichtung und Nägel befanden. Darin wurde auch ein als QR-Code verschlüsseltes Schreiben entdeckt, mit dem der zur Deutschen Post gehörende Paketdienstleister DHL um eine Millionensumme in Bitcoins erpresst wurde.
Der Umsicht des Apothekers, der das Päckchen erhielt, war es mit zu verdanken, dass damals niemand verletzt wurden. Er habe beim Öffnen ein Zischen gehört und bemerkt, „dass da so komische Drähte rausguckten“, berichtete der Apotheker später. Daraufhin alarmierte er die Polizei, die das Gelände damals weiträumig absperrte und die Briefbombe entschärfte.
Paketbomben gingen auch in Steglitz und Kreuzberg ein
Später wurde bekannt, dass bereits Anfang November 2017 eine erste explosive Sendung des DHL-Erpressers im Postzentrum Frankfurt (Oder) eingegangen war. Diese geriet beim Öffnen jedoch in Brand, wodurch auch das Erpresserschreiben zerstört wurde. Weitere explosive Sendungen wurden im Januar 2018 an eine Bankfiliale nach Berlin-Steglitz und im April zur Berliner Handwerkskammer nach Kreuzberg Kreuzberg versandt. Danach herrschte Ruhe. Insofern hätten die Ermittlungen zumindest einen Erfolg bei der Gefahrenabwehr ergeben, sagte Polizeisprecher Herbst. „Wegen des hohen Fahndungsdrucks wurden keine weiteren gefährlichen Pakte, die Menschenleben gefährdet hätten, verschickt.“
Der Fall hatte die Ermittler vor mehrere Rätsel gestellt, dennoch herrschte lange Zeit breite Zuversicht. Experten gingen davon aus, dass der Täter schnell gefasst werden könne. Frank Roselieb, geschäftsführender Direktor des Instituts für Krisenforschung in Kiel, hatte damals gesagt, dass er keine ausgebufften Profis hinter der Tat vermute. Die würden einer Bombe kein Schreiben beilegen, das sich zurückverfolgen ließe.
Zunächst war auch Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) von einer schnellen Aufklärung ausgegangen. Das sehen die Ermittler inzwischen anders. „Erpressungslagen sind immer Langzeitlagen“, sagte ein Polizeisprecher. Das sei auch im Sinne der Täter, die immer einen Weg suchen würden, um nicht entdeckt zu werden. Zusätzlich erschwere es die Ermittlungen, wenn Informationen an die Öffentlichkeit gelängen. „Je mehr Infos herausgegeben werden, desto schwieriger wird es, den Täter zu finden.“
Das Polizeipräsidium in Potsdam bestätigte, dass die vor knapp zwei Jahren eingerichtete Sonderkommission (Soko) „Quer“ im August 2019 ihre Arbeit beendet hat. Die weiteren Ermittlungen werden seither durch Ermittler der Abteilung Organisierte Kriminalität am Landeskriminalamt Brandenburg geführt. Das sei auch aktuell so. Richtig sei aber auch, dass die Ermittler – wie seit Dezember 2017 bereits mehrfach geschehen – in Kürze einen Vorschlag einen Vorschlag zur Ausrichtung der weiteren Ermittlungsmaßnahmen an die Staatsanwaltschaft Potsdam übersenden wollen. Eine Einstellung des Verfahren sei von der Polizei „aktuell nicht vorgesehen“.
Zu Jahresbeginn keimte neue Hoffnung, den Erpressern auf die Spur zu kommen. Damals veröffentlichte die Polizei eine sogenannte MAC-Adresse (Media-Access-Control). Anbieter öffentlicher WLAN-Netze sollten prüfen, ob sich ein Endgerät mit dieser Adresse in ihre Router eingewählt hat. Die MAC-Angaben könnten zum Handy oder Laptop der mutmaßlichen Täter gehören, hieß es. Laut den Ermittlern hatten der oder die Täter über ein mobiles Endgerät der Marke Motorola vom 6. bis zum 14. April 2018 E-Mails verschickt und/oder empfangen. Dem Gerät gehört die betreffende MAC-Adresse. Seit Dezember laufen die Ermittlungen. Doch auch diese Ermittlungsansatz hat offenbar nicht zum Erfolg geführt.