Brandenburger Seen

Als Brautpaar mit dem Wassertaxi zur Hochzeitsinsel

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Katrin Starke
Seit 2015 kann auf der kleinen Insel inmitten des Untersees bei Kyritz geheiratet werden.

Seit 2015 kann auf der kleinen Insel inmitten des Untersees bei Kyritz geheiratet werden.

Foto: Katrin Starke

Die Hochzeitsinsel im brandenburgischen Untersee hat einen Durchmesser von rund 134 Metern und beliebt bei Paaren aus aller Welt.

Kyritz.  Bong, bong, bong. Laut schallt das Signal vom Kyritzer Ufer über den Untersee. Da muss jemand kräftig mit dem Klöppel gegen die am Fähranleger aufgehängte Bratpfanne geschlagen haben. Rosemarie Köckenberger wirft den gelben Gummimantel über, schmeißt den Motor der Wasser-Taxe an. Heute wird sie ihre Gäste persönlich mit der „Columbus“ auf die 134 Meter breite und 134 Meter lange Insel inmitten des Untersees übersetzen. Ein beliebter Ausflugsort. Seit 2015 kann dort auch geheiratet werden – ein Angebot, das sich sogar bis nach Australien herumgesprochen hat.

Eiland mit Gaststätte

Vor sechs Jahren übernahm Rosmarie Köckenberger mit ihrem Mann Sebastian die Gaststätte auf dem 1,3 Hektar großen Eiland, das nur per Fähre oder mittels Muskelkraft im Paddel- oder Ruderboot zu erreichen ist. 100 Meter sind es vom Westufer auf Kyritzer Territorium, 200 Meter vom Ostufer des Sees in Bantikow. Dass auf den Schildern an beiden Anlegern „Fähre zur Insl“ steht, ist kein Schreibfehler. „Ich heiße ja auch nicht Rosemarie, sondern Rosmarie ohne E“, sagt die Gastronomin. Und schickt mit einem breiten Grinsen gleich eine zweite Begründung hinterher, warum sie ihr kleines Paradies „Insl“ getauft hat: „Der Basti hat der Insl das E geklaut und mir daraus ein Herz geformt.“

Ausgebildete Erzieherin und Eventmangerin

Ihr Mann, gelernter Koch, sei „das stille, tiefe Wasser der Insl“ und verstecke sich meist in seiner Kombüse, sagt die resolute Wirtin. Sie dagegen sei „die Kapitänin der Insl“, steuere das Ruder der Hochzeiten. Was man ihr sofort abnimmt – nicht nur, weil Rosmarie Köckenberger es liebt, mit ihren Gästen „zu schnacken“. Die ausgebildete Erzieherin arbeitete in ihrer „Mudderstadt“ Berlin zehn Jahre lang als Eventmanagerin und „Kreativkonzeptionistin“, zog mit einem Foodtruck über Märkte.

Kochworkshops geplant

Mit der „Insl“ haben sich die Köckenbergers einen Traum erfüllt – obwohl der Job hart ist. „Bislang haben wir nur fünf Monate im Jahr geöffnet. Abzüglich der zwei Schließtage pro Woche müssen wir also in 100 Tagen das Geld fürs ganze Jahr verdienen“, rechnet die 38-Jährige vor. In diesem Jahr wollen sie und ihr Mann zum ersten Mal auch den Winter auf der Insel verbringen. „Wir planen Kochworkshops“, erzählt sie, „in Kooperation mit Hotels aus der Region“. Überhaupt setzt sie auf Zusammenarbeit mit regionalen Anbietern. In die Picknickkörbe, die Gäste für den „Brandenburger Inselgarten“ auf dem kleinen Eiland bestellen können, kommen Produkte aus der Region, das Fleisch für den „Brandenburger“ auf der Speisekarte kommt von heimischen Metzgern, Säfte liefert die Kyritzer Mosterei. Sich gegenseitig zu stärken, sei wichtig im ländlichen Raum, sagt die Gastronomin. Wobei ihr Ruf mittlerweile längst über die Prignitz hinausreicht.

Ja-Wort in der Liebeslaube

Vornehmlich sind es Berliner, die sich auf der Insel trauen lassen. Aber auch Paare aus dem Ruhrgebiet oder aus Frankfurt am Main, aus der Schweiz, Dänemark, Schweden und sogar aus Down Under hätten sich in der Liebeslaube am Südufer schon das Ja-Wort gegeben. Sollte es doch mal regnen, stehe dafür die „Schifferstube“ im Ausflugslokal zur Verfügung. Bisher haben sich aber nur die Wirtsleute selbst in der Schlechtwetter-Location in dem roten Backsteinbau trauen lassen. „Wir haben im Winter geheiratet“, erklärt die 38-Jährige.

Auf Insel befand sich slawische Burg

Ihren Gästen erzählt sie gern die Geschichte der Insel, auf der sich einst eine slawische Burg befand. „Bei Ausgrabungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert hat man festgestellt, dass die Unterseeinsel ab dem neunten oder zehnten Jahrhundert vor unserer Zeit besiedelt war“, weiß die Wirtin. Da seien noch die umlaufenden Wallreste und im Boden Wallbefestigungen aus dicht nebeneinander liegenden Bäumen gefunden worden. „Im Innenraum der Insel hat man zudem zahlreiche Gefäßscherben, einen eisernen Sporn, Lanzenspitzen und Tierknochen geborgen.“

Im Oktober 1971 hätten Sporttaucher zudem auf der kürzesten Entfernung zum Kyritzer Ufer Pfahlreste einer alten Brücke entdeckt, die einst die Insel mit dem Festland verband. „Sie begann 15 Meter vor dem heutigen Inselufer – der Beweis, dass die Insel früher größer war.

1895 erstes Restaurant auf Insel

Im 13. bis 14. Jahrhundert muss die Brücke im gestiegenen Seewasser – hervorgerufen durch den Mühlenstau bei Wusterhausen – gesunken sein“, hat Rosmarie Köckenberger in Erfahrung gebracht. „Zu der Zeit bricht auch die slawische Besiedlung der Insel ab.“ Fortan habe sie wohl nur noch Anglern als Schiffereistützpunkt gedient. Für die habe der Fischer Mienack 1893 einen Selbstbedienungs-Bierausschank eingerichtet – der Beginn der Gastronomie auf der Insel. 1895 bis 1899 wurde das erste Restaurant erbaut, zunächst eine Art Laube, dann mehrmals erweitert. „Gebaut wurde immer in den Wintermonaten“, kennt sich Rosmarie Köckenberger in der Chronik aus, „weil die dann die Baumaterialien mit Lastern direkt übers Eis des zugefrorenen Untersees heranschaffen konnten“.

Motorisiertes Arbeitsboot

Rosmarie Köckenberger ist anfangs mit ihrem Mann oft zur Insel herübergerudert. Mittlerweile haben sie ein eigenes motorisiertes „Arbeitsboot“, um ihre Einkäufe aufs Eiland zu schaffen. Schließlich könne man dafür nicht jedes Mal Fährmann Volker Sitz bemühen, der seit mehr als einem Vierteljahrhundert auf dem Untersee umherschippert. Auf längere Sicht würden die Köckenbergers die „Columbus“ gern von dem alten Seebären übernehmen. Allein schon, weil dem nicht zuzumuten sei, Hochzeitsgäste nachts um vier Uhr aufs Festland zu bringen. Nur gut, dass Rosmarie Köckenberger den Fährschein hat. Denn natürlich gehört das Übersetzen zu dieser ungewöhnlichen Zeit zu ihrem „Rundum-sorglos-Paket“ für Hochzeitspaare.

Die „Insl“: Rosmarie Köckenberger, Seestraße 118, 16866 Kyritz, Tel. 033 971/32 44 71. Geöffnet: Mittwoch - Freitag 12 Uhr - 21Uhr, Samstag 12 Uhr - 17 Uhr, Sonntag 12 Uhr - 19 Uhr.