Gartenschau

Von der Erzieherin zur Rosenkönigin

| Lesedauer: 6 Minuten
Katrin Starke
Auf der Landesgartenschau legt Rosenkönigin Tanja I. jeden Tag 15 Kilometer zu Fuß zurück.

Auf der Landesgartenschau legt Rosenkönigin Tanja I. jeden Tag 15 Kilometer zu Fuß zurück.

Foto: FOTO: Matthias Bruck

Tanja Lezin ist die einzige hauptamtliche Königin in Brandenburg. Für die Gartenschau wurde sie von ihrem Beruf freigestellt.

Wittstock.  Schnellen Schrittes durchmisst Tanja Lezin den Friedrich-Ebert-Park. Gerade hat sie an der Stadtmauer eine Reisegruppe aus Berlin begrüßt. In ein paar Minuten muss sie zum nächsten Termin an der Touristen-Information im Bahnhof. Doch natürlich schlägt sie einer älteren Dame die Bitte nicht ab, sie inmitten der blühenden Pracht am Wegesrand fotografieren zu dürfen. Rasch legt Tanja Lezin ihr Bolero-Jäckchen auf einer Parkbank ab, damit ihr Kleid mit den kurzen Puffärmeln aus dunkelgrüner Seide und die rote Schärpe mit dem Schriftzug „Landesgartenschau Wittstock (Dosse)“ auch richtig zur Geltung kommen. Wie viele Fotos in diesem Outfit von ihr mittlerweile existieren? Da kann die 26-Jährige nur schätzen. „Wahrscheinlich sind es mehr Bilder als die hier sprießenden Frühblüher“, sagt sie. Das will etwas heißen, denn allein 50.000 Tulpen- und Narzissenzwiebeln sind im vergangenen Jahr auf dem Gelände der Landesgartenschau in Wittstock in die Erde gebracht worden. Tanja Lezin ist das Maskottchen der Laga in der Dossestadt: Sie ist Rosenkönigin Tanja I. – und in dieser Funktion die einzige hauptamtliche Königin in Brandenburg.

Seit Eröffnung jeden Tag auf der Gartenschau anzutreffen

Ob Spargelkönigin in Beelitz oder Blütenkönigin in Werder – all die anderen märkischen Exzellenzen repräsentieren im Ehrenamt. So war es auch bei Tanja Lezin, als sie im Mai 2015 zunächst als Rosenprinzessin und dann im August 2016 als Rosenkönigin antrat. Und eigentlich wäre ihre Amtszeit auch längst zu Ende, wäre da nicht die erfolgreiche Bewerbung Wittstocks um die Landesgartenschau gewesen. „Tanja war ja inzwischen zu einer echten Marke geworden und deswegen haben wir sie gebeten, bis zum Ende der Laga Königin zu bleiben“, sagt Dieter Herm, seinerzeit noch Leiter der Wirtschaftsförderung bei der Stadt Wittstock und heute als Rentner Gästeführer auf der Gartenschau. „Klar war aber auch, dass sie das nicht mehr nebenbei würde stemmen können“, sagt der 68-Jährige.

Von ihrem Job als Erzieherin freigestellt

Repräsentierte sie vorher die Stadt „nur“ bei Empfängen, Festen oder Großveranstaltungen wie der „Grünen Woche“ in Berlin, ist sie seit Eröffnung der Gartenschau am 18. April jeden Tag auf dem 13 Hektar großen Gelände anzutreffen – als Mitarbeiterin der Stadt. Von ihrem Job als Erzieherin in der Kita „Kinderland“ in Wittstock ist sie bis zum Ende der Gartenschau freigestellt. „Was nur deswegen funktioniert hat, weil es auch eine städtische Kita ist“, erklärt die 26-Jährige, die seit ihrem achten Lebensjahr in Wittstock wohnt. „Hier kriegt mich auch keiner mehr weg“, sagt sie. In der 14.500-Einwohner-Stadt fühle sie sich rundum wohl. „Indem ich als Rosenkönigin für Wittstock werbe und möglichst viele Besucher anlocke, kann ich der Stadt etwas von dem zurückgeben, was sie mir gibt“, sagt die 26-Jährige.

Kleid von Berliner Schneiderin in doppelter Ausführung angefertigt

Um die 15 Kilometer lege sie täglich auf dem Laga-Gelände zwischen Glinze und Dosse zurück, das hat sie mit einem Schrittzähler ermittelt. Und zwar in einem Kleid in Form einer Rosenblüte mit weit ausgestelltem, geschwungenem Rock und grünem Oberteil sowie passender Rosenkrone. Mit der Berliner Theaterschneiderin Christina Weiß hat erstmals eine Profischneiderin das Outfit für die blaublütige Exzellenz genäht. In doppelter, identischer Ausfertigung.

Seit 2001 gibt es in Wittstock eine Rosenkönigin, Tanja I. ist die siebte Amtsinhaberin in der „Stadt der 1000 Rosen“. Die werden auf der Laga etwa ab Mitte Juni erblühen, erklärt Dieter Herm. Inklusive der eigens für die Gartenschau gezüchteten kirschroten „Wizoka“, deren Bezeichnung an den Namen der alten Bischofsstadt zu Zeiten der Slaven erinnert. Bei der Anlage der Rosenbeete im Park am Bleichwall, zu Füßen der ehemaligen Bischofsburg, habe es tatkräftige Unterstützung aus der Partnerstadt Uetersen in Schleswig-Holstein gegeben, die ganz offiziell den Beinamen Rosenstadt trägt.

Tanz-und Theatervorstellungen im Grünen

Zwar wird Tanja Lezin während der Rosenblüte verstärkt auf der Rosenanlage zu tun haben, aber nach wie vor wird sie regelmäßig auch in der Spielplatzlandschaft im Friedrich-Ebert-Park vorbeischauen. Weil sie da manchmal ein paar von „ihren“ Kindern antrifft, den Jungen und Mädchen aus der 21-köpfigen Hortgruppe der Kita Kinderland. „Die Kids fehlen mir“, gibt sie offen zu. Dennoch kann sie sich im Moment nur schwer vorstellen, wie ihr Alltag nach dem Ende der Gartenschau – also nach dem 6. Oktober – aussehen wird, wenn sie nach insgesamt viereinhalb Jahren als Hoheit abtritt. „Dann werde ich an den Wochenenden ja wieder privat etwas unternehmen müssen“, sagt sie und schmunzelt.

Bis dahin wird auf dem Laga-Gelände noch reichlich Trubel herrschen. Insgesamt gibt es rund 1.000 Veranstaltungen vor der historischen Kulisse der Stadtmauer, die „mit ihren mehr als 2,4 Kilometern Länge die Altstadt komplett umschließt und die einzige geschlossene Backsteinmauer in ganz Deutschland ist“, wie Dieter Herm erklärt.

Tanz- und Theateraufführungen im Grünen stehen auf dem Programm, Lesungen, Konzerte. Am 25. Mai beispielsweise wird Schlagerstar Michelle erwartet, am 20. Juli tritt Culcha Candela auf der Bühne im Amtshof auf. „Am 3. August laden wir zum ersten Wittstocker Taschenlampenkonzert mit Rumpelstil ein“, kündigt Veranstaltungsleiterin Josefin Rickert an, „und am 31. August spielt bei uns das Babelsberger Filmorchester gemeinsam mit der Band Keimzeit“.