Potsdam. Nur 90 Sekunden sollen sie lang sein, dafür aber überzeugen: Staatssekretär Thomas Kralinski (SPD) spricht von den Kurzvideos, mit denen sich Familien, die nicht in Brandenburg leben, um einen einmonatigen Aufenthalt in der Mark bewerben können. Prominente Brandenburger wie die Schauspieler Anja Kling und Steffen Schroeder sowie Boxstar Axel Schulz sitzen in der Jury.
Die Aktion „Elternzeit“ ist Teil der Marketingkampagne, mit der das Land unter dem Motto „Brandenburg. Es kann so einfach sein“ seit einem Jahr für sich wirbt. „Drei Gewinnerfamilien, egal ob alleinerziehende Eltern oder Großfamilien mit bis zu acht Personen, werden in unterschiedlichen Regionen Brandenburgs vom 15. Juni bis 15 Juli drei Unterkünfte kostenlos zur Verfügung gestellt“, erläutert Kralinski.
Die Zahl der Zuwanderer steigt
Es gehe ihm weniger um Touristen, vielmehr wolle er potenzielle Zuwanderer in die Mark locken. Die sollen ordentlich beeindruckt werden. Mit einem umgebauten Bahnhof in Börnicke bei Nauen, einem Schlossflügel in Lanke nahe Bernau und einer restaurierten Holländermühle in Groß Leine in der Spreewaldregion hofft Kralinski, die Familien zum Nachdenken übers Bleiben zu bewegen.
Immerhin: Die Zuwanderungszahlen würden die Attraktivität Brandenburgs bestätigen. Der Wanderungssaldo, also die Differenz aus Zu- und Fortzügen nach bzw. aus Brandenburg je 1000 Einwohner, steige seit Jahren stetig. In Brandenburg liege der Wert bei 15,2 – im deutschlandweiten Vergleich Platz vier. Berlins Wanderungssaldo liegt nur bei 11,8.
1000 Euro Taschengeld zum kostenlosen Aufenthalt
Die Elternzeitaktion lässt sich das Land Brandenburg einiges kosten: Pro Familie gibt es 1000 Euro Taschengeld. Mit Hilfe von Kooperationspartnern wie Tropical Islands, dem Baumwipfelpfad oder dem Barfußpfad sollen den Gästen Ausflüge ermöglicht werden, um das Land kennenzulernen. Pro Agro, der Verband zur Förderung des ländlichen Raumes, will den Gästen jede Woche eine Überraschungskiste mit Kulinarischem aus Brandenburg liefern.
Für Christian Kindt, Ortsvorsteher in Groß Leine, braucht es gar nicht so viel Überzeugungsarbeit. Kindt ist Rückkehrer, lebt seit einem Jahr wieder in seinem 180-Einwohner-Heimatdorf. Das tägliche berufsbedingte Pendeln nach Berlin nehme er gern in Kauf. Der Schwielochsee liege gleich um die Ecke, das Radwegenetz werde gerade ausgebaut, das Dorf habe noch eine Kneipe, die evangelische Kirche sei berühmt wegen ihres einst von Mönchen aus Doberlug-Kirchhain geretteten katholischen Altars, starke soziale Netzwerke hätten sich gebildet, regelmäßig würden gemeinsam Feste gefeiert.
Eine Million Euro pro Jahr fürs Landesmarketing
Thomas Kralinski hört die werbenden Worte gern. Zumal sie ihn nichts kosten. Denn gerade einmal eine Million Euro mache das jährliche Budget fürs Landesmarketing aus, klagt er. Im Vergleich: Sachsen kann mit acht Millionen pro Jahr agieren. Allein 70.000 Euro flössen in die Werbemaßnahmen fürs „Elternzeit“-Projekt. Das werde hauptsächlich von Radiopartner Teddy bekannt gemacht. Wegen der knappen Kasse setze man verstärkt auf Influencer in den sozialen Medien.