Gefahr für die Umwelt

Sulfat und Eisenschlamm bedrohen den Spreewald

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Jens Anker
Der Spreewald ist bedroht von Sulfat und Eisenschlamm

Der Spreewald ist bedroht von Sulfat und Eisenschlamm

Foto: dpa Picture-Alliance / Patrick Pleul / picture alliance / ZB

Der niedrige Pegelstand der Spree führt zu höherer Belastung des Flusswassers.

Potsdam.  Die anhaltende Dürre in der Region wird zunehmend eine Gefahr für die Umwelt in der Lausitz. Der niedrige Wasserstand der Spree führt zu einer höheren Sulfatbelastung. Sollte es nicht bald nachhaltig regnen, droht eine Verockerung des Spreewaldes – mit verheerenden Auswirkungen: Flora und Fauna in der Spree würden absterben, der Tourismus einbrechen. „Schon jetzt sind einige Zuflüsse der Spree kilometerlang tot“, sagt der Umweltexperte der grünen Landtagsfraktion, Benjamin Raschke. „Sollte der Ockerschlamm in den Spreewald fließen, wäre das eine Katastrophe.“

Die Sulfatbelastung ist eine Hinterlassenschaft des Bergbaus in der Lausitz. Um die Bergbaugruben trocken zu halten, wurde das Grundwasser abgesenkt. Nach der Schließung der Gruben stieg es wieder an und spülte die im Boden befindlichen Sulfate und Eisen in den Fluss. In der Talsperre Spremberg wird das Wasser so lange gehalten, bis die Chemikalien auf den Boden sinken, sodass das Flusswasser weniger belastet ist.

Problem der Belastung mit Sulfat ist lange bekannt

Doch wegen der Trockenheit sind die Talsperren fast leer. Jetzt droht das Gemisch aus Chemikalien in den Wasserkreislauf einzudringen. Die Gewässer im Spreewald drohen zu verschlammen und sauer zu werden. „Der Naturtourismus ist der wichtigste Wirtschaftsfaktor in der Lausitz“, sagt Raschke. Aber niemand würde mehr die Region besuchen, wenn sich die Spree vom Ockerschlamm trübe und braun färben und die Fische sterben würden. Hohe Mengen des Schwefelsalzes können auch Menschen schaden und zu Durchfall und Erbrechen führen, besonders betroffen sind Säuglinge und Kleinkinder. Neben Menschen leidet auch die Infrastruktur unter Sulfat, da es Stahl und Beton korrodieren lässt.

Für Umweltschützer und Tourismusfachleute ist das Problem lange bekannt. „Mit jedem Tagebau in der Lausitz wird das Problem schlimmer“, kritisiert Raschke – und wirft der Landesregierung Untätigkeit vor. „Die Landesregierung lässt seit Jahren eine handfeste und umfangreiche Strategie zur Lösung der Probleme vermissen“, sagt Raschke. „Erst vor wenigen Monaten wurde bekannt, dass die Landesregierung den Strategischen Gesamtplan gegen die Eisenocker- und Sulfatbelastung der Spree nicht mehr in dieser Wahlperiode vorlegen wird.“

Mittlerweile sind auch die Wasserreserven, die den Effekt abschwächen, nahezu aufgebraucht. Das Nachbarland Sachsen, das Wasser zum Ausgleich lieferte, leidet selber unter der Trockenheit, die Talsperren sind leer. Die Flutung der ehemaligen Bergbauseen wurde eingeschränkt, teilweise wird Wasser aus den Seen wieder zurück in die Spree gepumpt. „Im Grunde hilft nur beten, dass es bald ordentlich regnet“, sagt Umweltexperte Raschke. „Es zeigt sich, vorrangig auf die Verdünnung der belasteten Spree mit Frischwasser zu setzen, reicht in Zeiten von verstärkten Extremwettersituationen nicht mehr aus“, sagt Raschke.

Die Landesregierung lasse seit Jahren eine handfeste und umfangreiche Strategie zur Lösung der Probleme vermissen. „Erst vor wenigen Monaten wurde bekannt, dass die Landesregierung den Strategischen Gesamtplan gegen die Eisenocker- und Sulfatbelastung der Spree nicht mehr in dieser Wahlperiode vorlegen wird“, kritisiert Raschke.

Die Landesregierung weist die Kritik zurück. „Wir versuchen, die Spree überall durch Wasserzuflüsse zu stützen“, sagt der Abteilungsleiter Wasser im Umweltministerium, Kurt Augustin. Derzeit seien noch genügend Reserven vorhanden, um ein weiteres Absinken des Pegels zu verhindern. Danach bestehe noch die Möglichkeit, Wasser aus der Talsperre Spremberg abzulassen. „Daraus können wir noch 2,7 Millionen Kubikmeter Wasser ableiten“, sagt Augustin.

Bergbauunternehmen sollen zahlen

Eine Umweltgefährdung würde erst drohen, wenn der Wasserstand an der Talsperre unter 89,5 Meter sinkt. Dann würde eine Braunfärbung der Spree eintreten. Derzeit liege der Pegelstand noch bei 90,3 Metern. „Der Schlamm wird nicht in die Spree durchrauschen“, versichert Wasser-Experte Augustin.

Umweltschützer und die Betroffenen vor Ort drängen seit Langem darauf, das Tagebauunternehmen Leag an der Beseitigung des Problems zu beteiligen. So fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) seit Langem, die Verteuerung des Trinkwassers konsequent den Verursachern – also den Bergbauunternehmen – in Rechnung zu stellen. Doch es ist unklar, ob die Rückstellungen für die Renaturierung der ehemaligen Bergbauflächen, die der Leag-Vorgänger Vattenfall gebildet hatte, uneingeschränkt vorhanden sind.