Potsdam/Berlin. Im Streit über den schleppenden Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Berlin und Brandenburg hat die Deutsche Bahn den Ball zurück ins Feld der Politik gespielt. „Da sind wir ja einer Meinung: Wir müssen schneller werden! Bahn, Politik und Behörden“, antwortete der DB-Konzernbevollmächtigte für Berlin, Alexander Kaczmarek, auf die harsche Kritik von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) an dem bundeseigenen Unternehmen. Dieser hatte im Interview mit der Berliner Morgenpost der Bahn vorgeworfen, beim Ausbau von Schienenwegen in der Hauptstadtregion viel zu langsam und zu unflexibel zu sein. „Was die Pendlerströme betrifft, muss die Deutsche Bahn stärker nach vorn denken. Wir müssen Wege finden, wie sie flexibler und schneller wird. Da läuft vieles zu langsam.“
Als Beispiel hatte Woidke die Bahnstrecke in die Lausitz angeführt. „Es kann nicht über zehn Jahre dauern, ein zweites Gleis von Berlin nach Cottbus zu legen“, sagte er im Interview. Und weiter: „Wenn wir im 19. Jahrhundert in dieser Geschwindigkeit angefangen hätten, das deutsche Bahnnetz aufzubauen, hätten wir heute noch keins.“
„Quälende Endlosverfahren wie bei der Dresdner Bahn sollten nie wieder vorkommen. Insofern freue ich mich auf die Beschleunigungsideen aus Brandenburg“, so die Replik von Kaczmarek. Seit 1994 wird über eine Gleisstrecke von Südkreuz über Lichtenrade nach Blankenfelde-Mahlow (Teltow-Fläming) gestritten. Auch wegen unterschiedlicher Auffassungen zwischen dem Bund als Geldgeber und dem Berliner Senat hat sich das Planfeststellungsverfahren für den Wiederaufbau der nach dem Zweiten Weltkrieg demontierten Bahngleise über 18 Jahre hingezogen. Für die Bauabschnitte in Brandenburg liegt bis heute keine Genehmigung vor. Die Strecke, über die die Berliner Innenstadt schneller mit dem Flughafen BER verbunden werden soll, wird nun frühestens 2025 fertiggestellt.
Bei einer Diskussion mit dem Deutschen Bahnkunden-Verband in der Vorwoche hatte indes auch Bahnchef Richard Lutz eingeräumt, dass es oft zu wenig Weitsicht bei Bahnprojekten gibt. Bei den Entscheidungen des Bundes, der in aller Regel die neuen Anlagen finanziert, werde zu stark vom aktuellen Bedarf und nicht von den Wachstumschancen ausgegangen. „Dabei wird Infrastruktur nicht für die nächsten zehn, sondern für 70 Jahre und länger aufgebaut“, betonte Lutz. Er bezeichnete das im Vorjahr vereinbarte Programm „i2030“ als große Chance für die Region. Fachleute der Bahn sowie der Länder Berlin und Brandenburg untersuchen hier gemeinsam Infrastruktur-Projekte, mit denen das Bahnangebot vor allem für Pendler verbessert werden kann. Zur Debatte stehen etwa Verlängerungen der S-Bahn nach Falkensee oder Velten sowie der Wiederaufbau der Stammbahn von Berlin nach Potsdam. Entscheidungen werden aber nicht vor 2019 erwartet.
Dietmar Woidke attackiert die Deutsche Bahn
„Selbstverständlich sind das nicht alles Nazis“