Brandenburg

Justizminister Ludwig im NSU-Ausschuss vernommen

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Warten auf die Zeugen: Abgeordnete vor der Vernehmung des Justizministers Stefan Ludwig (Linke)

Warten auf die Zeugen: Abgeordnete vor der Vernehmung des Justizministers Stefan Ludwig (Linke)

Foto: Bernd Settnik / dpa

Im NSU-Untersuchungsausschuss sagte Brandenburgs Justizminister Stefan Ludwig (Linke) aus. Ein anderer blieb weg.

Potsdam.  Im Untersuchungsausschuss des Potsdamer Landtages zur Aufklärung des Behördenhandelns bei der Mordserie der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) wollten die Abgeordneten am Freitag prominente Zeugen vernehmen. Einer von ihnen erschien zu der Sitzung allerdings gar nicht erst: Der einstige Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) sagte seine Teilnahme aus gesundheitlichen Gründen ab. „Ein Attest liegt dem Ausschussbüro vor“, sagte der Vorsitzende des Gremiums Holger Rupprecht (SPD).

Umso mehr richtete sich das Interesse der Abgeordneten auf die Befragung des amtierenden Justizministers Stefan Ludwig (Linke). Die Parlamentarier wollten unter anderem dem Verdacht nachgehen, dass Ludwig in seiner Zeit als Landtagsabgeordneter einen Zuträger des Verfassungsschutzes enttarnt haben könnte. Es geht um den seinerzeit als V-Mann geführten einstigen Neonazi Carsten S., der unter dem Decknamen „Piatto“ geführt wurde.

S. war in Berlin aufgewachsen und nach dem Fall der Mauer nach Königs Wusterhausen gezogen. Dort schloss er sich bereits in seiner Jugend der Neonaziszene an. Nachdem er im Mai 1992 einen Nigerianer zusammengeschlagen und zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt worden war, warb der Verfassungsschutz ihn im Gefängnis als verdeckten Informanten an.

V-Mann mit besten Kontakten zum NSU

Im Jahr 1998 hatte „Piatto“ Kontakt zum Kern der Terrorzelle NSU. Über die Einbindung der Gruppe in die Neonaziszene und die Versuche des NSU an Waffen zu gelangen, berichtete S. auch dem Brandenburger Verfassungsschutz. Die Möglichkeit, das untergetauchte Trio aufzuspüren, wurde seitens der Sicherheitsbehörden jedoch nicht genutzt.

Der am Freitag als Zeuge gehörte Justizminister Ludwig gehörte in seiner Zeit als Mitglied des Landtages auch der G10-Kommission an. Das Gremium wird von den Nachrichtendiensten über Abhörmaßnahmen informiert, die Informationen unterliegen daher einer besonderen Geheimhaltungsstufe. Die CDU sah bereits nach einer vorangegangen Sitzung Hinweise darauf, dass Ludwig Erkenntnisse zu „Piatto“ dennoch dem „Spiegel“ zugespielt haben könnte. Bei der Ausschusssitzung dürfte es darum gehen, ob Ludwig in der G10-Kommission den Klarnamen von „Piatto“ erfuhr oder die Informationen auf andere Weise, etwa direkt aus der Innenverwaltung, erlangt haben könnte. Es steht die Frage im Raum, ob der Politiker Geheimnisverrat begangen haben könnte.

Der Untersuchungsausschuss soll der Frage nachgehen, ob Brandenburgs Behörden bei der Verfolgung von Rechtsextremisten und der Terrorgruppe NSU Fehler gemacht haben. Dieser Frage war bereits der Deutsche Bundestag nachgegangen. Die Volksvertreter hatten dabei herausgearbeitet, dass es etliche Chancen gegeben hätte, die untergetauchten Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe in Deutschland aufzuspüren. Die Ämter für Verfassungsschutz der verschiedenen Bundesländer, sowie die Polizeibehörden hatten allerdings ihre Informationen nur ungenügend miteinander ausgetauscht und aus Observationen und weiteren Erkenntnissen nicht die richtigen Schlüsse gezogen und ungenügende Maßnahmen ergriffen.

Dem NSU werden zehn Morde angelastet – neun aus rassistischen Motiven und einer an einer deutschen Polizistin. Sie wurden zwischen den Jahren 2000 und 2007 begangen. Die Sicherheitsbehörden vermuteten seinerzeit allerdings, dass die Täter Migranten seien. Den Bezug zu dem untergetauchten Trio entdeckten sie nach dem Auffliegen der Terrorgruppe.

( BM )