Bundesparteitag

Neuruppin will die NPD "zur Stadt hinausfegen"

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Gudrun Mallwitz

Foto: dpa / dpa/DPA

Im brandenburgischen Neuruppin wächst der Protest gegen die Entscheidung des Potsdamer Verwaltungsgerichts. Mit allen Mitteln soll der von der NPD angesetzte Bundesparteitag in der Stadt verhindert werden.

Die rechtsextreme NPD hat es quer durch Deutschland in zahlreichen Städten versucht – und eigenen Angaben zufolge bislang 84 Absagen kassiert. Jetzt wähnt sie sich am Ziel: Am Wochenende will sie ihren Bundesparteitag im brandenburgischen Neuruppin abhalten. Das Verwaltungsgericht Potsdam hatte am Mittwoch entschieden, dass die Stadt der rechtsextremen Partei das „Kulturhaus Stadtgarten“ neben dem Bahnhof zur Verfügung stellen muss. Die Neuruppiner, der Bürgermeister und die Landesregierung sind besorgt: Beim Aufmarsch von rund 250 Neonazis in Neuruppin kam es im September zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und friedlichen Gegen-Demonstranten. Dabei spielten sich dramatische Szenen ab. Die Polizei kesselte die Demonstranten stundenlang ein. Etwa 270 Teilnehmer rechnen nach einer Sitzblockade immer noch mit Ermittlungsverfahren.

Der Parteitag der NPD soll am Sonnabend mit einer ganztägigen Protestkundgebung begleitet werden. Die Veranstaltung, zu der rund 250 Delegierte der rechtsextremen Partei erwartet werden, sei „eine Schande für unsere Stadt und die ganze Region“, erklärte ein Sprecher des Aktionsbündnisses „Neuruppin bleibt bunt“ am Donnerstag. Als Gegenaktionen sind Lesungen und Diskussionen geplant. „Anschließend werden wir den braunen Dreck symbolisch zur Stadt hinausfegen“, so die Organisatoren. Deshalb sollten symbolisch Besen mitgebracht werden.

Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) sicherte zu: „Wir ziehen unsere Konsequenzen aus dem letzten Polizeieinsatz in Neuruppin.“ Falls der Parteitag nicht zu verhindern ist, wolle die Polizei alles für eine Deeskalation tun. Der zuständige Potsdamer Polizeipräsident Arne Feuring hatte nach dem damaligen missglückten Polizeieinsatz taktische Fehler und Kommunikationsprobleme eingeräumt.

NPD hatte Tagungsrecht erkämpft

Noch aber hoffen die Stadt Neuruppin und das Land Brandenburg, dass der Parteitag der NPD verhindert werden kann. Neuruppins Bürgermeister Jens-Peter Golde (Pro Ruppin) hat Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg eingelegt. Mit einem Urteil wird am heutigen Freitag gerechnet. Sollte das Gericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestätigen, bleibt den Behörden wohl nur noch ein Weg, den geplanten Parteitag zu verhindern: über die Auflagen für ein Sicherheitskonzept.

Die Richter entschieden zugunsten der NPD, da „grundsätzlich allen politischen Parteien ein Anspruch auf Nutzung des Kulturhauses zusteht“, sofern dieses nicht zu dem Zeitpunkt belegt ist. Allerdings forderte das Gericht aufgrund der zu erwartenden Gegenveranstaltung ein Sicherheitskonzept durch die Partei. Dieses müsse in Abstimmung mit den zuständigen Behörden vorgelegt werden. „Wir werden alles sehr genau prüfen“, kündigte Landrat Ralf Reinhardt (parteilos) an.

Ein NPD-Sprecher gab sich optimistisch. Die Partei gehe „zu 100 Prozent davon aus, am Wochenende in Neuruppin tagen zu können.“ Dabei verwies er auf frühere Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, mit denen die Nutzung von kommunalen Räumen in Berlin für Bundesparteitage durchgesetzt worden sei. Man habe eigene Ordner, die den Parteitag absichern würden. Sollte er stattfinden, wird eine Kampfabstimmung um den Bundesvorsitz erwartet.

Seit Monaten bemüht sich die Partei um einen Ort für ihren Bundesparteitag. In Offenbach setzte sich die Stadt mit ihrer ablehnenden Haltung hingegen in zweiter Instanz durch. Ende Oktober hatte sich die Partei bei Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) schriftlich über die schwierige Suche beschwert. Durch die Absagen werde das Parteiengesetz „ausgehebelt“, beklagte NPD-Chef Udo Voigt. Er sehe die Gleichbehandlung der Parteien durch kommunale Verwaltungsträger missachtet.

„Die NPD will niemand haben“, kommentiert Gordian Meyer-Plath, Referatsleiter beim Brandenburger Verfassungsschutz, die Suche der rechtsextremen Partei nach einem Tagungsort. „Vor allem nicht in Brandenburg.“ In der Zivilgesellschaft liege die Toleranzgrenze gegenüber Rechtsextremisten mittlerweile bei „null“.

370 Mitglieder in Brandenburg

Nirgendwo anders seien so viele Aktionsbündnisse entstanden wie in dem Land, in dem Übergriffe gegen Ausländer jahrelang die Schlagzeilen beherrschten.

Die NPD habe bundesweit um die 6500 Mitglieder. In Brandenburg zähle sie rund 370 Mitglieder, nicht mehr als vor einem Jahr. Meyer-Plath: „Ihr Ziel, ihre Stellung nach der Fusion mit der rechtsextremen DVU auszubauen, hat sie nicht erreicht.“

( mit dpa )